Neuroradiologie Scan 2017; 07(03): 203-227
DOI: 10.1055/s-0043-109979
CME-Fortbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls gemäß der neuen Richtlinie

Implementation of the German Guidelines to Diagnose the Irreversible Cessation of the Total Function of the Brain – Brain Death
Stephan A. Brandt
,
Uwe Walter
,
Stephan J. Schreiber

Verantwortlicher Herausgeber dieser Rubrik: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Stephan A. Brandt, Berlin.
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. August 2017 (online)

Preview

Die Veröffentlichung der 4. Richtlinienfortschreibung zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls hat sowohl in den Fachgesellschaften als auch in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit erfahren. Ziel dieses Beitrags ist es, die aktuelle Richtlinie anschaulich zusammenzufassen und anhand ausgewählter und häufiger Fragen die Anwendung konstruktiv und praxisnah zu begleiten.

Abstract

The state of final, irreversible cessation of the total function of the cerebrum, the brain stem, and the cerebellum (brain death) can only be diagnosed according to strict guidelines. In June 2015, the German Medical Association (Bundesärztekammer – BÄK) updated its guideline for the preconditions and procedures to diagnose brain death according to the transplantation law (§ 16 Abs. 1). This was the 4th update since 1982, aiming at a further standardization of a highly structured and precise diagnostic process. This stepwise process is similar in most countries and consists of 1. the determination of required preconditions, 2. determination of clinical symptoms, i. e. deep coma, absence of brainstem reflexes and apnea and 3. proof of irreversibility of brain function cessation. The present contribution aims to summarize the novel issues of the guideline such as the required qualification of the two independent examiners, the implementation of standard operating procedures, the detailed documentation standards, the age and etiology dependent diagnostic algorithms as well as the validity of new ancillary tests for the proof of irreversibility (e. g. CT-angiography). This article draws particular attention to frequently asked questions that might occur in the practical implementation of the guideline.

Kernaussagen
  • Die aktuelle Fortschreibung der Richtlinie zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls zeigt, wie wichtig präzise und sachliche Formulierungen und wie notwendig klare Anweisungen sind.

  • In der ärztlichen Praxis ist der induktive Aspekt einer Diagnostik die gelebte Herausforderung. In jedem Einzelfall muss es möglich sein, von klinischen und ggf. apparativen Befunden kategorisch auf ein zugrunde liegendes Ganzes zu schließen, in diesem Fall den eingetretenen irreversiblen Hirnfunktionsausfall. Dies ist nur dann möglich, wenn alle Fehlerquellen ausgeschlossen werden, die in den Untersuchungsabläufen zu falsch-positiven Befunden führen könnten (Verfahrensebene). Darüber hinaus müssen alle potenziell reversiblen Ursachen dieses Funktionsausfalls eliminiert sein (Kriterienebene).

  • Die 4. Fortschreibung der Richtlinie der Bundesärztekammer bietet dazu eine sehr detaillierte Verfahrensanweisung. Ihre Einhaltung gibt nach Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats „dem Arzt die Sicherheit, den Hirntod festzustellen und zu dokumentieren“ [1].

  • Die Hirntoddiagnostik in Deutschland wird von dem Anspruch getragen, dass bei Einhalten der Richtlinie eine Fehldiagnose nicht vorkommen kann. Dieser in der Medizin doch recht ungewöhnlich absolute Anspruch ist empirisch belegt. Seitdem die Vorgaben der Bundesärztekammer bestehen, ist kein Fall bekannt geworden, der unter Einhaltung der Bestimmungen die Definition des Hirntods infrage gestellt hätte.