Pneumologie 2017; 71(09): 587-589
DOI: 10.1055/s-0043-108865
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Endobronchiale Metastasierung eines malignen Melanoms ohne ersichtlichen Primärtumor

Endobronchial Dissemination of Metastatic Melanoma without Apparent Primary Tumor
F. C. Ringshausen
1   Klinik für Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover
2   Biomedical Research in Endstage and Obstructive Lung Disease Hannover (BREATH), Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), Hannover
,
S. Nothdorft
3   Klinik für Immunologie und Rheumatologie, Medizinische Hochschule Hannover
,
F. Länger
2   Biomedical Research in Endstage and Obstructive Lung Disease Hannover (BREATH), Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), Hannover
4   Institut für Pathologie, Medizinische Hochschule Hannover
,
M. Stoll
3   Klinik für Immunologie und Rheumatologie, Medizinische Hochschule Hannover
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Felix C. Ringshausen
Klinik für Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

Publication History

eingereicht 06 April 2017

akzeptiert 10 April 2017

Publication Date:
30 May 2017 (online)

 

Ein 49-jähriger Patient mit langjährig bekannter HIV-Infektion im Stadium AIDS (CDC Stadium C3 bei Erstdiagnose im Jahr 2007) und Polytoxikomanie stellte sich aufgrund einer progredienten Verschlechterung des Allgemeinzustands mit Gewichtsverlust von 20 kg innerhalb der letzten drei Monate vor. Der letzte Helferzellstatus betrug 376 (26 %), der aktuelle 138 (24 %) CD4 + -T-Lymphozyten pro μl Blut. Die Einleitung einer kombinierten antiretroviralen Therapie (cART) hatte der Patient bislang abgelehnt.

Klinisch imponierten neben einer ausgeprägten Kachexie derbe, indolente und nicht-verschiebliche Lymphknotenpakete bis zu ca. 4 × 6 cm, v. a. axillär und subklavikulär. Am gesamten Integument, vor allem an Rumpf und Kopf, waren teils kutan, teils subkutan gelegene bräunlich-bläulich pigmentierte Knötchen mit miliarem Verteilungsmuster vor dem Hintergrund einer generalisierten lividen Verfärbung auffällig.

Bei einer deutlich erhöhten LDH von maximal 927 U/l und projektionsradiografisch sowie CT-grafisch bilateralen, teils flauen, teils rundherdartig imponierenden pulmonalen Verdichtungsarealen mit mediastinaler und hilärer Lymphadenopathie bis maximal 2 cm wurde unter dem initialen Verdacht auf das Vorliegen einer Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie eine hochdosierte parenterale Cotrimoxazol-Therapie eingeleitet.

In der flexiblen Bronchoskopie stellten sich neben einer deutlichen Schleimhautatrophie makroskopisch multiple bräunlich-bläuliche, teils erhabene, teils submukös gelegene Tumoren dar ([Abb. 1]). In der BAL-Mikrobiologie und -Zytologie ergaben sich keine Hinweise auf opportunistische Erreger. Der histologische und immunhistochemische Befund aus Schleimhautbiopsien bestätigte die endobronchiale Metastasierung eines malignen Melanoms (MM) ([Abb. 2]), während an mehreren Lokalisationen entnommene Hautbiopsien eine disseminierte kutane und subkutane Metastasierung mit diffuser Melanosis cutis sichern konnten. Bemerkenswerterweise konnte kein Primärtumor gefunden werden.

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Abb. 1 Endoskopischer Befund. In der Trachea und im gesamten Bronchialsystem kommen multiple bräunlich-bläuliche, teils erhabene, teils submukös gelegene Tumoren zur Darstellung, z. B. subglottisch (a), proximale Trachea (b), mittlere Trachea (c), linker Hauptbronchus (d), rechter Hauptbronchus (e), rechter Oberlappen (f).
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Abb. 2 Histologischer und immunhistochemischer Befund. Die niedrige Vergrößerung zeigt erhaltenes respiratorisches Epithel über einem zelldichten Infiltrat der Schleimhaut, das ursächlich für die veränderte Schleimhautarchitektur ist. In hoher Vergrößerung sind diskohäsiv gelagerte histiozytoide Zellfiguren mit aufgelockertem Chromatin zu erkennen. Das Zytoplasma ist hier ohne Pigmentierung, jedoch mit feiner Vakuolisierung darzustellen (a, Hämatoxylin-Eosin-Färbung). Immunhistochemisch zeigen die Tumorzellen eine durchgehende und lebhafte nukleäre und zytoplasmatische Expression von S-100. (b, S-100). Der Nachweis einer Koexpression für das melanozytäre Antigen HMB45 belegt die histogenetische Einordnung als Metastase eines malignen Melanoms (c, HMB45). Das Ausmaß der Proliferationsaktivität kann über die Expression des Markers Ki67 dokumentiert werden, diese liegt hier zwischen 5 und 10 % (d, Proliferationsmarker Ki67).

In Anbetracht des stark reduzierten Allgemeinzustands des Patienten und der infausten Prognose wurde dem Wunsch des Patienten entsprechend sowohl auf eine Tumortherapie als auch auf eine cART verzichtet. Im Weiteren wurde die Therapie als eine rein symptomorientierte palliative Therapie fortgeführt und der Patient in ein heimatnahes Hospiz verlegt, wo er wenige Wochen später verstarb.

Während Lungenmetastasen bei ca. zwei Drittel aller Patienten mit metastasiertem MM vorliegen, sind endobronchiale Metastasen selten [1]. Diese können als große, singulär-verlegende Tumoren, die den Einsatz interventionell-bronchologischer Methoden erforderlich machen, oder – wie in unserem Fall – als multiple endoluminal-erhabene oder flach-submuköse Tumoren in Erscheinung treten [2] [3]. Eine besondere Assoziation zur HIV-Infektion liegt nicht vor, obwohl dieser Umstand eine aggressive Therapie des metastasierten MM in Abhängigkeit vom Immunstatus regelhaft erschwert. Die Prognose sowohl einer diffusen Melanosis cutis, endobronchialer Melanommetastasen als auch des metastasierten MM bei chronischer HIV-Infektion ist häufig schlecht [4] [5]. Der Einsatz moderner Immun-Checkpoint-Inhibitoren wie Ipilimumab, Nivolumab und Pembrolizumab oder deren Kombinationen sowie der zielgerichtete Einsatz selektiver BRAF-Onkogen-Inhibitoren wie Vemurafenib könnten zukünftig auch bei HIV-Patienten mit metastasiertem MM eine Therapieoption darstellen [6] [7].


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Packham S, Jaiswal P, Kuo K. et al. Black bronchoscopy. Respiration 2003; 70: 206
  • 2 Heyman BM, Chung MM, Lark AL. et al. Endobronchial metastasis from primary anorectal melanoma. Am J Case Rep 2013; 14: 253-257
  • 3 Tunsupon P, Panchabhai TS, Khemasuwan D. et al. Black bronchoscopy. Chest 2013; 144: 1696-1706
  • 4 Sebaratnam DF, Venugopal SS, Frew JW. et al. Diffuse melanosis cutis: a systematic review of the literature. J Am Acad Dermatol 2013; 68: 482-488
  • 5 Chaussende A, Hermant C, Tazi-Mezalek R. et al. Endobronchial Metastases from Melanoma: A Survival Analysis. Clin Respir J 2016; DOI: 10.1111/crj.12456.
  • 6 Burke MM, Kluger HM, Golden M. et al. Case Report: response to ipilimumab in a patient with HIV with metastatic melanoma. J Clin Oncol 2011; 29: e792-e794
  • 7 Zimmer L, Apuri S, Eroglu Z. et al. Ipilimumab alone or in combination with nivolumab after progression on anti-PD-1 therapy in advanced melanoma. Eur J Cancer 2017; 75: 47-55

Korrespondenzadresse

Dr. med. Felix C. Ringshausen
Klinik für Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

  • Literatur

  • 1 Packham S, Jaiswal P, Kuo K. et al. Black bronchoscopy. Respiration 2003; 70: 206
  • 2 Heyman BM, Chung MM, Lark AL. et al. Endobronchial metastasis from primary anorectal melanoma. Am J Case Rep 2013; 14: 253-257
  • 3 Tunsupon P, Panchabhai TS, Khemasuwan D. et al. Black bronchoscopy. Chest 2013; 144: 1696-1706
  • 4 Sebaratnam DF, Venugopal SS, Frew JW. et al. Diffuse melanosis cutis: a systematic review of the literature. J Am Acad Dermatol 2013; 68: 482-488
  • 5 Chaussende A, Hermant C, Tazi-Mezalek R. et al. Endobronchial Metastases from Melanoma: A Survival Analysis. Clin Respir J 2016; DOI: 10.1111/crj.12456.
  • 6 Burke MM, Kluger HM, Golden M. et al. Case Report: response to ipilimumab in a patient with HIV with metastatic melanoma. J Clin Oncol 2011; 29: e792-e794
  • 7 Zimmer L, Apuri S, Eroglu Z. et al. Ipilimumab alone or in combination with nivolumab after progression on anti-PD-1 therapy in advanced melanoma. Eur J Cancer 2017; 75: 47-55

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Abb. 1 Endoskopischer Befund. In der Trachea und im gesamten Bronchialsystem kommen multiple bräunlich-bläuliche, teils erhabene, teils submukös gelegene Tumoren zur Darstellung, z. B. subglottisch (a), proximale Trachea (b), mittlere Trachea (c), linker Hauptbronchus (d), rechter Hauptbronchus (e), rechter Oberlappen (f).
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Abb. 2 Histologischer und immunhistochemischer Befund. Die niedrige Vergrößerung zeigt erhaltenes respiratorisches Epithel über einem zelldichten Infiltrat der Schleimhaut, das ursächlich für die veränderte Schleimhautarchitektur ist. In hoher Vergrößerung sind diskohäsiv gelagerte histiozytoide Zellfiguren mit aufgelockertem Chromatin zu erkennen. Das Zytoplasma ist hier ohne Pigmentierung, jedoch mit feiner Vakuolisierung darzustellen (a, Hämatoxylin-Eosin-Färbung). Immunhistochemisch zeigen die Tumorzellen eine durchgehende und lebhafte nukleäre und zytoplasmatische Expression von S-100. (b, S-100). Der Nachweis einer Koexpression für das melanozytäre Antigen HMB45 belegt die histogenetische Einordnung als Metastase eines malignen Melanoms (c, HMB45). Das Ausmaß der Proliferationsaktivität kann über die Expression des Markers Ki67 dokumentiert werden, diese liegt hier zwischen 5 und 10 % (d, Proliferationsmarker Ki67).