Laryngorhinootologie 2017; 96(05): 314-315
DOI: 10.1055/s-0043-105794
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Seltene Differenzialdiagnose bei Tinnitus und Hörstörung

Rare Differential Diagnosis of Tinnitus and Hearing Impairment
Karolin Weigel
1   HNO, Universitätsklinikum der FSU Jena, Jena
,
Daniela Ivansic-Blau
2   Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Tinnitus-Zentrum, Jena
,
Katharina Kaiser
3   Neurologie, Universitätsklinikum Jena Neurologie, Jena
,
Orlando Guntinas-Lichius
4   HNO-Klinik, Universitätsklinikum, Jena
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

eingereicht 12 October 2016

akzeptiert 10 March 2017

Publication Date:
17 May 2017 (online)

Fallbeschreibung

Eine 71-jährige Patientin berichtete über ein Taubheitsgefühl im parieto-temporalen Kopfbereich links, Parästhesien in der linken Hand und einen neu aufgetretenen dekompensierten Tinnitus aurium links seit einem Rezidiv-Hörsturz links vor 3 Monaten. Bereits 3 Jahre zuvor hatte die Patientin laut eigenen Angaben einen Hörsturz links mit Restitutio ad integrum erlitten. Anamnestisch führte der Tinnitus zu Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen und Reduktion der Lebensqualität. Motorische Defizite wurden verneint. Als Vorerkrankungen wurden eine arterielle Hypertonie, Hashimoto-Thyreoiditis und rezidivierende depressive Episoden angegeben.

Die Patientin trug links ein Hinter-dem-Ohr-Hörgerät. In der Ohrmikroskopie zeigte sich ein unauffälliger Ohrbefund. Im parieto-temporalen Kopfbereich links fand sich ein ca. 5×5 cm großes, hypästhetisches Areal, das inspektorisch unauffällig imponierte. Der übrige HNO-Status war unauffällig.

Im Reintonaudiogramm fand sich eine Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits – rechts basocochleär mit Abfall der Hörkurve ab 2 kHz bis max. 85 dB bei 8kHz und links pantonal von 20 dB bei 0,25kHz bis max. 90 dB bei 8 kHz ([Abb. 1]). Im Freiburger Sprachaudiogramm ergab sich bei 65 dB ein Einsilberverständnis rechts von 85% und links von 50%. Der a1-Wert lag rechts bei 20 dB und links bei 30 dB. Die Tympanogramme waren beidseits gipfelbildend im Normdruckbereich. In der Tinnitusanalyse zeigte sich ein hochfrequentes Rauschen links>rechts. Die Lagerungsprüfung ergab einen fluktuierenden Nystagmus bei Kopfdrehung nach rechts und links nach schneller Kopfhängelage. In der thermischen Prüfung mit Wasser zeigte sich ein Heißverlust links bei regelrechter thermischer Erregbarkeit rechts. Die Seitendifferenz war mit 50% pathologisch.

Zoom Image
Abb. 1 Im Reintonaudiogramm zeigte sich initial eine hochtonbetonte nahezu symmetrische Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits, die sich im Verlauf nicht änderte.

Aufgrund der Sensibilitätsstörungen empfahlen wir zunächst eine neurologische Vorstellung mit Bildgebung.