Die Wirbelsäule 2017; 01(02): 81-82
DOI: 10.1055/s-0043-104736
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Michael Stoffel
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Publication Date:
03 May 2017 (online)

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Prof. Dr. Michael Stoffel

Liebe DWG-Mitglieder,

ich freue mich, für Sie als Schriftleiter Neurochirurgie die Entstehung von Heft 2 mit dem Leitthema Degenerative Olisthese begleiten zu dürfen.

Inzwischen stehen uns zu degenerativen LWS-Erkrankungen, wie der Spinalkanalstenose und der degenerativen Spondylolisthese, mit der SPORT-Studie, dem SLIP- und dem SSSS-Trial einige hochrangig publizierte prospektive, randomisierte Studien (RCTs) zur Verfügung (u. a. Birkmeyer, 2002, Ghogawala, 2016, Försth, 2016). Obwohl diese Level-I-Studien wichtige Erkenntnisse über die grundsätzliche Sinnhaftigkeit einzelner Therapien bringen können, bleibt aufgrund von artifiziellem Design, Behandlungs-Crossover und der fehlenden Möglichkeit sinnvoller Subgruppenanalysen (z. B. niedrige n-Zahl) stets viel Raum für die individuelle Interpretation der Studienergebnisse. Deswegen bleiben Erkenntnisse aus Studien niedrigerer Evidenzlevel und Expertenmeinungen in Verbindung mit der eigenen klinischen Erfahrung wichtige Säulen, auf denen die tägliche klinische Entscheidung der bestmöglichen Therapie für den individuellen Patienten ruht.

Um uns alle bei diesen täglichen Entscheidungen zu unterstützen, haben fünf erfahrene neurochirurgische Wirbelsäulenoperateure Unterthemen des Leitthemas aufbereitet:

F. Ringel und N. Keric fassen Timing, Techniken und Ergebnisse lumbaler Dekompressionen zusammen, betonen die Bedeutung eines neurologischen Defizits und der Beschwerdedauer (< 1 Jahr) vor der Operation und gehen auf die verschiedenen direkten und indirekten Dekompressionstechniken, deren Stärken und Schwächen sowie die klinischen Ergebnisse der jeweiligen Operationen ein.

YM. Ryang et al erhellen für uns das nach wie vor publikatorisch wenig greifbare Thema der degenerativen Instabilität durch Erläuterung des Pathomechanismus und Durchdeklinieren der einzelnen Arten von Instabilität einschließlich der sog. Mikroinstabilität. Klinische und radiologische Hinweise auf Instabilität werden präsentiert und die Bedeutung der sagittalen Balance bei der Planung operativer Eingriffe – auch für degenerative Erkrankungen der LWS – hervorgehoben. Das breite Spektrum der konservativen und operativen Behandlungsoptionen wird bewertet.

S.O. Eicker widmet sich den Fazettgelenkszysten. Nach dem Zusammenfassen von Epidemiologie, Pathogenese, Histopathologie und Beschwerdebild wird bei der Diagnostik das Erkennen einer möglichen Instabilität durch Funktionsaufnahmen betont. Operativ werden die minimal-invasiven Maßnahmen (Aspiration, Zystenruptur) erläutert und bewertet und anschließend die operativen Techniken incl. Komplikationen und klinischer Ergebnisse geschildert. Es werden die guten klinischen Ergebnisse der reinen Dekompression beim Fehlen von Instabilitätszeichen betont.

How I do it? – Ein wichtiges Publikations-Format für operative Fächer. A Tschugg et al stellen ihren Algorithmus beim Workup der degenerativen Olisthese und Stenose vor. Dabei wird jeweils die wissenschaftliche Evidenz erläutert und dann die eigene Vorgehensweise beschrieben. Auch hier wird wieder die Bedeutung klinischer und radiologischer Hinweise auf eine Instabilität betont und die sich daraus ableitende Indikation zur additiven Stabilisierung. Zusätzlich gehen Tschugg et al auf die spinale Navigation und minimal-invasive Techniken ein.

Das iatrogene Wirbelgleiten wird von G. Acker und P. Vajkoczy in die Klassifikation der Olisthesen eingeordnet. Ausführlich wird auf die Risikofaktoren zur Entstehung einer iatrogenen Olisthese vor und durch die Operation eingegangen und dann das Management beschrieben.

CME-Punkte können Sie zum Thema Dynamische lumbale Techniken: Erwartungen und Evidenz sammeln. Ein Übersichtsartikel fasst Prinzip, Historie, Indikation und klinische Ergebnisse der wesentlichen dynamischen Verfahren bei der operativen Behandlung von degenerativen Erkrankungen der Lendenwirbelsäule vom Nucleus-pulposus- bis zum Fazettengelenks-Ersatz zusammen.

Lesen Sie außerdem die kommentierte Zusammenfassung dreier internationaler Studien und die neuesten Mitteilungen der DWG.

Abschließend möchte ich Ihre Vorfreude auf Heft 3 wecken. Unter der Schriftleitung von Prof. C. Josten wird das Leitthema Kindliches Trauma im Fokus stehen. Fortbildungspunkte können Sie nach der Lektüre des CME-Artikels Neuromonitoring erhalten, in dem E. Shiban et al für Sie die wichtigsten Techniken des intraoperativen neurophysiologischen Monitorings zusammengestellt haben und auf dessen Einsatz bei den gängigsten Eingriffen an Wirbelsäule und Rückenmark eingehen werden.

Bis dahin verbleibe ich mit den besten Grüßen,

Ihr
Michael Stoffel

 
  • Literatur

  • 1 Birkmeyer J1 N, Weinstein JN, Tosteson AN. et al. Design of the Spine Patient outcomes Research Trial (SPORT). Spine (Phila Pa 1976). 2002; 27: 1361-1372
  • 2 Ghogawala Z, Dziura J, Butler WE. et al. Laminectomy plus Fusion versus Laminectomy Alone for Lumbar Spondylolisthesis. N Engl J Med 2016; 374: 1424-1434
  • 3 Försth P, Ólafsson G, Carlsson T. et al. A Randomized, Controlled Trial of Fusion Surgery for Lumbar Spinal Stenosis. N Engl J Med 2016; 374: 1413-1423