Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2017; 24(01): 29-37
DOI: 10.1055/s-0043-101610
Tropenmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Pellagra gestern und heute – Auf den Spuren eines Jahrhunderträtsels

Pellagra then and now – Following the Trace of a Centuries-Riddle
Andreas Montag
1   Praxis für Dermatologie und Venerologie, Hamburg
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Publication Date:
15 February 2017 (online)

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Das Pellagra ist eine vorzugsweise tropenmedizinische Erkrankung, die durch die Entdeckung des Niacins zwar ihren großen Schrecken verloren hat, aber dennoch weiterhin im Blick behalten werden muss. Von herausgehobener Bedeutung ist sie noch heute in Elendsvierteln und Flüchtlingslagern weltweit, aber auch anderen provisorischen Massenunterkünften mit einseitiger oder mangelhafter Ernährung. Pellagra ist eng verbunden mit der europäischen Kulturgeschichte des Mais und dessen weltweiter, bis heute anhaltender Ausbreitung, die ihren Anfang während der Zeit der Kolonialstaaten nahm. Die Zahl der Flüchtlinge weltweit hat mit aktuell über 50 Mio. einen neuen Rekord erreicht. Das Pellagra ist auch in dieser neuen Dimension menschlichen Elends eine aktuelle Bedrohung, ebenso wie andere Erkrankungen durch Mangel- und Fehlernährung. Im Rahmen medikamentöser Nebenwirkungen, Alkoholismus und konsumierender Grunderkrankungen stellt das Pellagra in den Industrieländern nach wie vor eine unterschätzte Gefahr dar. Die folgende Übersicht soll dazu beitragen, sich des Pellagra auch in unseren Tagen stets differenzialdiagnostisch bewusst zu sein.

After the discovery of niacin, pellagra has lost its threatening consequences, but still needs to be considered in slum areas, refugee camps and temporary mass accommodations worldwide. Pellagra is closely related to the cultural history of maize and its worldwide, still ongoing spreading, starting at the age of colonialismn. The serious challenge of 50 million refugees is a new dimension of human distress and of particular significance for pellagra as well as other diseases caused by hunger and malnutrition. Adverse drug reactions, alcoholism and consuming underlying diseases are often underestimated reasons for pellagra in industrialized countries. The following review aims to facilitate constant awareness of pellagra as a differential diagnostic option.