Laryngorhinootologie 2017; 96(02): 78-79
DOI: 10.1055/s-0043-101083
Referiert & Diskutiert
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Schwere Epistaxis stoppen: Klinischer Behandlungspfad zahlt sich aus

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Publication Date:
14 March 2017 (online)

Vosler PE et al. Successful Implementation of a Clinical Care Pathway for Management of Epistaxis at a Tertiary Care Center. Otolaryngology – Head and Neck Surgery 2016; 155: 879–885

Die meisten Fälle von Nasenbluten lassen sich leicht in den Griff bekommen – schwere Blutungen aus der Arteria sphenopalatina (SPA) oder unter Antikoagulation können aber eine Herausforderung darstellen. US-amerikanische HNO-Ärzte haben jetzt einen klinischen Behandlungspfad zum Management der schweren Epistaxis entwickelt, den sie in einem Tertiär-Krankenhaus evaluierten.

In den meisten Fällen lässt sich Nasenbluten durch einfache Maßnahmen wie lokaler Druck, topische Vasokonstriktoren oder eine vordere Tamponade problemlos stillen. Gelingt dies nicht, spricht man von einer schweren Epistaxis, die weitere Interventionen erfordert.

Für die frühzeitige SPA-Ligation (ESPAL für early SPA ligation) ist in diesen Fällen gezeigt worden, dass sich eine hohe Kontrollrate von 87–97% erzielen lässt. Dabei ist die Prozedur für die Patienten angenehmer als die Tamponade und hat ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als die Embolisation. Dies führt zu einem verkürzten Krankenhausaufenthalt und geringeren Kosten. Trotz der hohen Evidenz für die ESPAL ist das Vorgehen bei schwerer Epistaxis aber nicht standardisiert und wird von Einrichtung zu Einrichtung sehr unterschiedlich gehandhabt. Peter S. Vosler aus Pittsburgh, USA, und seine Kollegen habe daher einen multidisziplinären klinischen Behandlungspfad zum Management dieser Patienten in ihrer Region entwickelt. Schwere Epistaxis war dabei definiert als Nasenbluten, dass sich durch lokalen Druck, topische Vasokonstriktionen, einfache vordere Tamponade oder chemische Kauterisation nicht stillen lässt oder die Offenheit der Atemwege gefährdet.

Bei all diesen Fällen sollte umgehend ein HNO-Arzt hinzugezogen und die Patienten auf die Neurochirurgische Abteilung ihres Hospitals verlegt werden, da hier entsprechende OP-Räume und Möglichkeiten der interventionellen Radiologie zur Verfügung stehen. Nach dem Behandlungsalgorithmus erhalten alle Patienten topische Vasokonstriktoren und die Blutungsquelle wird nach Entfernung der Tamponade und fortgesetzter Blutung mittels nasaler Endoskopie im OP-Saal lokalisiert. Bei posteriorer Blutungsquelle wird eine SPA-Ligation durchgeführt, bei anderen Blutungsquellen eine Elektrokauterisation. Die Antikoagulation wird fortgeführt – es sei denn die Werte liegen im supratherapeutischen Bereich.

Ergebnisse: Nach Implementation dieses Behandlungspfades (Juni 2015–Februar 2015) konnte im Vergleich zu einem früheren Zeitraum (Oktober 2012–Dezember 2013) eine deutliche Verbesserung bei der Betreuung von Patienten mit schwerer Epistaxis beobachtet werden:

  • Verkürzung der Tage mit Tamponade (3,2 vs. 1,4 Tage)

  • Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes (5,2 vs. 2,1 Tage)

  • Höherer Anteil von SPA-Ligationen (54,5 vs. 31,0%)

  • mehr Überweisungen an entsprechend ausgestattete Krankenhäuser (83,3 vs. 41,7%)

  • Kostenersparnis von 66%

Fazit

Durch die Implementierung eines klinischen Behandlungspfades bei schwerer Epistaxis konnte die Länge der Tamponade und des Krankenhausaufenthaltes deutlich reduziert werden, was nicht nur die Patientensicherheit verbesserte, sondern auch zu einer erheblichen Kostenersparnis führte. Kernstück war dabei eine frühzeitige SPA-Ligatur bei posteriorer Blutung. Die Autoren empfehlen ihren Algorithmus als Model auch für andere Einrichtungen.

Maria Weiß, Berlin