Abb.: vinnstock/shutterstock.com
Wirft man einen Blick auf systematische Übersichtsarbeiten, fällt häufig auf, dass
die darin herangezogenen Studien unterschiedliche Endpunkte erfassen. Manche definieren
als Outcome Schmerz, andere zum Beispiel die Funktion des Gelenks. So lassen sich
die Ergebnisse später nicht miteinander vergleichen. Das wäre aber wichtig, um in
Reviews verlässliche Aussagen darüber machen zu können, wie wirksam einzelne Behandlungsansätze
sind. Würden alle Wissenschaftler bei einem bestimmten Thema dieselben für die Praxis
relevanten Endpunkte erfassen, wäre es möglich, diese Studien später miteinander zu
vergleichen. Eine Methode, die sich dies zum Ziel gesetzt hat, sind die sogenannten
Core Outcome Sets (COS) [1]. In einem COS ist definiert, was (Outcome) und wie (Messinstrument)
Forschende zu einem bestimmten Thema messen sollen [2].
Um aus Reviews Aussagen darüber zu treffen, wie wirksam ein Ansatz ist, müssen die
Studien vergleichbar sein.
COS in der Ergotherapie
Ein Beispiel aus der multimodalen Therapie von Klienten mit chronischen Schmerzen
zeigt, wie relevant dieses Thema auch für die Ergotherapie ist.
In einer Übersichtsarbeit von 2016 schlussfolgern die Forscher, dass die Endpunkte
in den Studien besonders heterogen sind, in denen die Wirksamkeit der multimodalen
Therapie von Klienten mit chronischen Schmerzen untersucht wird [3]. Insgesamt wurden
14 verschiedene Outcome-Domänen identifiziert: In 57 der 70 analysierten Studien war
Schmerzintensität und in 42 waren depressive Symptome ein Outcome. Damit ist die Schmerzintensität
zwar besonders häufig vertreten, jedoch nicht Teil aller Studien. Ein gemeinsamer
Nenner ist somit nicht möglich, und es wird verhindert, dass aus der Fülle einzelner
Studien zu demselben Thema ein Konsens entsteht.
Im Beispiel der multimodalen Therapie gibt ein kürzlich entwickeltes COS vor, dass
unter anderem immer die Endpunkte Schmerzintensität und körperliche Aktivität zu messen
sind [4]. Selbstverständlich können Wissenschaftler diese durch weitere Outcomes wie
Lebensqualität oder Fehltage am Arbeitsplatz ergänzen. Die durch COS definierten „Grund-Endpunkte“
sollten sie jedoch einhalten – unabhängig von der spezifischen Fragestellung.
COS definieren, was Forschende wie messen sollten
COS definieren, was Forschende wie messen sollten
Damit das funktioniert, haben sich Wissenschaftler und Kliniker zusammengeschlossen
und die Entwicklung von COS initiiert. Die OMERACT-Initiative (Outcome Measures in
Rheumatology) hat dabei die Entwicklung seit den 1990er Jahren geprägt. Sie arbeiten
nach wie vor maßgeblich an der Methodik von COS und entwickeln sie für verschiedene
Erkrankungen, zum Beispiel für Schulterschmerzen. Zudem haben sich zahlreiche weitere
Initiativen gegründet, die COS etwa für multimodale Therapien bei Klienten mit chronischen
Schmerzen entwickeln [4].
COS entstehen durch die Zusammenarbeit aller beteiligten Personengruppen in einem
Bereich wie Ärzte, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Wissenschaftler und unbedingt
auch Klienten. Üblicherweise werden vorerst alle Outcomes aufgelistet, die bereits
im Zusammenhang mit einem Thema auftauchen. Daraufhin werden alle Beteiligten gefragt,
ob sie weitere Endpunkte für wichtig erachten. Nach einer Diskussion stimmen die Teilnehmer
über die Relevanz der Outcomes ab. Diejenigen, die sie für wichtig erachten, bilden
das „Core Set of Domains” [4]. Hier sind die Outcome-Domänen definiert, etwa Schmerz,
soziale Teilhabe, Arbeitsfähigkeit oder gesundheitsbezogene Lebensqualität. Also relevante
Aspekte von Gesundheit, die mess- und spezifizierbar sind [5]. Sie definieren, was
in der Studie gemessen werden soll.
Aktuell gibt es 833 geplante, laufende oder abgeschlossene COS-Projekte in unterschiedlichen
Fachbereichen.
In einem oder in mehreren nächsten Schritten wird dann das „Core Set of Measurement
Instruments” erstellt. Hier tauchen diejenigen Messinstrumente auf, die Forscher nutzen
sollen, um die im COS definierten Outcomes zu messen. Sie definieren, wie gemessen
werden soll [1]. So erscheint es plausibel, dass sich die Ergebnisse durch die vielen
unterschiedlichen Erhebungsmethoden nur eingeschränkt vergleichen lassen.
COS im Internet kostenlos einsehbar
COS im Internet kostenlos einsehbar
Das Ziel von COS ist es, langfristig Outcomes und Messinstrumente zu einem bestimmten
Thema zu standardisieren. Einen Überblick über die aktuell 833 COS-Projekte, die bereits
bestehen oder derzeit entwickelt werden, bietet die Datenbank der COMET-Initiative
(Core Outcome Measures in Effectiveness Trials). Sie ist im Internet unter www.comet-initiative.org frei zugänglich.
Christian Kopkow und Philipp Eschenbeck