Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 863-864
DOI: 10.1055/s-0042-1753991
Abstracts | DGSMP/DGMS
Workshop

Leibniz Living Lab – Gesundheitswerkstatt Osterholz – Ein Reallabor zum Wissenstransfer zwischen Wissenschaft, Praxis und Bevölkerung

T Brand
,
R Wiersing
,
H Zeeb
 
 

    Einleitung Die Relevanz einer frühen und systematischen Einbeziehung der Bevölkerung in Public Health Forschung findet zunehmend Anerkennung. Wissenstransfer lässt sich nicht mehr als einseitig als Vermittlung wissenschaftlicher Evidenz in die Praxis und Bevölkerung konzipieren, sondern muss als Dialog auf Augenhöhe verstanden werden. Das Leibniz Living Lab (LLL) ist ein Reallabor, welches den interaktiven Wissensaustausch zwischen Gesundheitsforschung, Gesundheitsförderungspraxis und Bevölkerung fördert. Die Ziele des LLL bestehen (1) im Aufbau langfristiger und vertrauensvoller Beziehungen zu diversen Bevölkerungsgruppen und Stakeholdern, (2) in der partizipativen Entwicklung und Umsetzung gesundheitsförderlicher Interventionen sowie (3) in der Erprobung innovativer Formate des Wissenstransfers.

    Methoden Das LLL wurde im Oktober 2021 in Bremen-Osterholz eröffnet. Dieser Stadtteil ist durch ein hohes Maß an Diversität und sozialer Benachteiligung gekennzeichnet. Die Arbeitsweise des Living Lab basiert auf den Ansätzen der partizipativen Aktionsforschung und des integrierten Wissenstransfers. Die Netzwerkarbeit im Stadtteil, die Umsetzung von Forschungsprojekten und die Erprobung von kreativen Transferformaten sind die drei Säulen der Arbeit im LLL.

    Ergebnisse Zur Bedarfsanalyse wurden so genannte Werkstattgespräche mit Akteuren im Stadtteil geführt, um Problemlagen und Potentiale für Gesundheitsförderung zu identifizieren. Zu den Problemlagen zählen beengte Wohnverhältnisse, Armut, Gewalt, mangelnde Unterstützung für Einelternfamilien, ungesunde Ernährungsgewohnheiten, körperliche Inaktivität und Übergewicht im Kindesalter, Alterskrankheiten, Umweltverschmutzung und kulturell begründete Abgrenzungen. Beispielhaft für die Umsetzung von Forschungsprojekten ist das COVID-TCM Projekt, in dem geschulte mehrsprachige Gesundheitsmediator:innen Corona-Aufklärung im Stadtteil betreiben. Die 8 Mediator:innen leben oder arbeiten im Stadtteil und fungieren als Brücke, um Personen mit geringen Deutschkenntnissen zu erreichen. Gemeinsam mit den Mediator:innen wurden Maßnahmen und Materialen zur Corona-Aufklärung und im Stadtteil entwickelt und verbreitet.

    Schlussfolgerung Erste Ergebnisse zeigen eine große Akzeptanz der Herangehensweise des LLL. Insbesondere der Mediator:innen-Ansatz hat sich als erfolgreiche Strategie erwiesen, um Kontakte zu diversen Bevölkerungsgruppen innerhalb des Stadtteils aufzubauen. Segregierung und Fragmentierung innerhalb des Stadtteils zwischen alteingesessener Bevölkerung und kürzlich Zugezogen müssen berücksichtigt werden, um auf den Stadtteil als Ganzes einzuwirken.


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    Publication History

    Article published online:
    22 August 2022

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