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DOI: 10.1055/s-0042-1753712
Erwerbsbiografien, subjektive Gesundheit und Rentenentscheidungen – eine Längsschnittanalyse von älteren Erwerbstätigen
Einleitung Mit dem Wandel in den letzten Jahren auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben flexible und atypische Beschäftigungsverhältnisse die bisher dominierenden stabilen und sicheren Vollzeitbeschäftigungen abgelöst. Ungünstige Erwerbsverläufe haben einerseits einen Einfluss auf die subjektive Gesundheit von Männern und Frauen. Andererseits kann eine schlechte Gesundheit den Wunsch, den Arbeitsmarkt zu verlassen und vorzeitig in Rente zu gehen verstärken. Ein Lebenslaufansatz wird eingesetzt, um den Einfluss von Gesundheit auf die Rentenentscheidung in Abhängigkeit von Erwerbsbiografien zu untersuchen.
Methoden In diesem Beitrag wurden 3338 Männer und Frauen der Babyboomer Generation aus der Kohortenstudie „lidA – leben in der Arbeit“ untersucht. Die Befragungsdaten der ersten zwei lidA-Wellen wurden mit Sekundärdaten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf individueller Basis verknüpft. Über den Zeitraum von 1993 bis 2011, wurden mithilfe der Sequenzanalyse distinkte Erwerbsbiografien identifiziert. Dabei wurden Informationen der Registerdaten des IABs über Vollzeit-, Teilzeitbeschäftigung, geringfügige Beschäftigung, Mehrfachbeschäftigung und Arbeitslosigkeitsphasen in die Analyse einbezogen. Des Weiteren wurde der Einfluss subjektiver Gesundheit auf einen vorzeitigen Berentungswunsch in Abhängigkeit der generierten Erwerbsbiografien untersucht.
Ergebnisse Die Ergebnisse der Sequenzanalyse identifizierte fünf distinkte Cluster, die durch unterschiedliche Beschäftigungsarten im Zeitverlauf, geprägt wurden. Ungünstige Erwerbsbiografien wurden durch diskontinuierliche und finanziell benachteiligte Arbeitsverhältnisse definiert. Darunter wurde Teilzeit-, Mehrfachbeschäftigung und Arbeitslosigkeitsphasen gefasst. Günstige Erwerbsbiografien zeichneten sich durch vermehrte Vollzeitbeschäftigung und geringe Arbeitslosigkeitsphasen oder Teilzeitbeschäftigung aus. Die subjektive Gesundheit hatte signifikante Effekte auf den Wunsch, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Insbesondere bei Personen mit häufigen Teilzeit-, Mehrfachbeschäftigung sowie Arbeitslosigkeitsphasen führte eine schlechte subjektive Gesundheit zu einem vorzeitigen Berentungswunsch, dies wurde jedoch auch bei Personen mit überwiegenden Vollzeitbeschäftigungen festgestellt.
Schlussfolgerung Die Arbeitssoziologie sollte ganze Erwerbsbiografien, die durch ungünstige oder günstige Arbeitsbedingungen gekennzeichnet werden können, in die weitere Forschung zu Ruhestandsentscheidungen einbeziehen. Die Ergebnisse des Beitrags zeigen außerdem, dass die subjektive Gesundheit eine entscheidende Rolle bei dem Wunsch vorzeitig in Rente zu gehen spielt – sowohl bei ungünstigen als auch für günstigen Erwerbsbiografien. Daher sollten gesundheitsförderliche Arbeitsmarktinterventionen bei der Zielgruppe der Personen in atypischer, ungünstiger Beschäftigung einerseits und der Personen in Vollzeitbeschäftigung andererseits einen wesentlichen Stellenwert einnehmen.
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
22. August 2022
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