Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(06): 235
DOI: 10.1055/s-0042-121453
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Geburtshilfe
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Adipositas / Kinderwunsch – Gewichtsabnahme vor Fertilitätsbehandlung bei übergewichtigen Frauen mit PCOS?

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Publication Date:
21 December 2016 (online)

Hintergrund: Bei Frauen mit Polyzystischem-Ovar-Syndrom (PCOS) sind Fertilitätsstörungen keine Seltenheit. Dabei ist aber unklar, ob übergewichtige Patientinnen vor einer Fertilitätsbehandlung abnehmen sollten, um die Schwangerschaftsraten zu verbessern. Richard Legro und seine Mitarbeiter aus den USA haben die Ergebnisse von 2 randomisierten Studien mit ähnlichem Design indirekt verglichen.

Methoden: In beiden Studien waren Frauen zwischen dem 18. und 40. Lebensjahr mit unerfülltem Kinderwunsch bei PCOS nach den Rotterdam-Kriterien behandelt worden.

  • In der OWL-PCOS-Studie (Treatment of Hyperandrogenism Versus Insulin Resistance in Infertile Polycystic Ovary Syndrome; n = 182) waren Frauen mit erhöhtem Body-Mass-Index (27–40 kg / m2) nach dem Zufallsprinzip über 16 Wochen

    • einer medikamentös unterstützten Gewichtsabnahme mit Kalorienrestriktion, vermehrter körperlicher Aktivität und Kurzzeit-Verhaltenstherapie,

    • der Gabe von oralen Antikonzeptiva oder

    • einer Kombination der beiden Verfahren

zugewiesen worden, erst danach erfolgte die Behandlung mit Clomifen für maximal 4 Zyklen.

  • In PPCOS II (Pregnancy in Polycystic Ovary Syndrome, n = 187) erfolgte dagegen die sofortige Stimulation mit Clomifen (Patientinnen aus dem Letrozol-Vergleichsarm und Frauen mit Normalgewicht wurden in die jetzige Post-hoc-Auswertung nicht einbezogen).

Die Wissenschaftler verglichen als primären Endpunkt die Rate der Lebendgeburten, sekundäre Endpunkte umfassten u. a. die Rate von Ovulationen und von Fehlgeburten.

Ergebnisse: Die Auswertung ergab eine Lebendgeburtenrate

  • von 25,0 bzw. 25,5 % nach Gewichtsabnahme ohne bzw. mit zusätzlicher Gabe von Antikonzeptiva in der OWL-PCOS-Gruppe mit verzögerter Stimulation im Vergleich zu

  • 10,2 % in der PPCOS-II-Gruppe mit sofortiger Stimulation

entsprechend einer 2,5-mal so hohen Wahrscheinlichkeit für die Geburt eines lebenden Kindes nach Gewichtsreduktion vor der ovariellen Stimulation. Die alleinige Gabe von Antikonzeptiva dagegen hatte keinen Effekt im Vergleich zur sofortigen Stimulation.

Auch die Ovulationsrate war in der PWL-PCOS-Gruppe nach Gewichtsabnahme erhöht, wenngleich nicht so deutlich (kumulativ 62 bzw. 64,3 % vs. 45 %). Die Häufigkeit von Fehlgeburten war zwischen den Gruppen vergleichbar.

Fazit

Das Verschieben der Stimulationsbehandlung und der vorgeschaltete Versuch einer Gewichtsabnahme kann bei übergewichtigen Frauen mit PCOS und unerfülltem Kinderwunsch die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft deutlich erhöhen, so die Autoren. Dagegen scheint die vorherige Suppressionsbehandlung mit Antikonzeptiva nicht zum Ergebnis beizutragen. Direkte Vergleichsstudien müssen diese Daten bestätigen; es scheint aber gerechtfertigt, so Legro et al. weiter, Patientinnen vor der eigentlichen ovariellen Stimulation zu einer Gewichtsabnahme zu raten und sie dabei adäquat zu unterstützen.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim