Schlüsselwörter Akademische Plastische Chirurgie - Forschungsförderung - DFG, BMBF, EU - Peer Review - Forschungsförderungsbericht
Key words Academic Plastic Surgery - Research funding - DFG, BMBF, EU - Peer Review - Research Funding Report
Einleitung
Neben der klinischen Bedeutung werden medizinische Fachgebiete an Universitäten sowohl im inneruniversitären als auch im externen ranking durch Land und Universität grundsätzlich am „akademischen Ergebnis“ gemessen. Die leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM) hat das Ziel hier Qualität in der ganzen Medizin zu befördern und besonders erfolgreiche Forschung unabhängig vom Fachgebiet zu unterstützen. Großen Fachgebieten steht dabei meist eine seit Jahrzehnten etablierte Infrastruktur in Form von Laborflächen, wissenschaftlichem Personal und anderem zur Verfügung, wodurch Forschung durch diese längst vorliegenden Organisationsstrukturen vereinfacht und deutlicher effektiver wird. Kleinere und spezialisierte Fachgebiete werden dagegen durch die im Vergleich zu allgemeineren und mitgliederstärkeren Spezialitäten zwangsläufig niedrigeren Impactfaktoren der Fachzeitschriften, fehlende oder ungenügende Infra- und Organisationsstruktur in Ihrer Relevanz für den Patienten und die Medizin oft unterbewertet und schaffen dadurch oft schwerer den Einstieg in etablierte, effektive und nachhaltige Forschungsstrukturen. Trotz verschiedener Anstrengungen [1 ]
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[3 ] bleibt das „akademische Ergebnis“ des Fachgebiets Plastische Chirurgie gerade für große Förderinstitutionen oft wenig transparent und wird daher von diesen im Vergleich zu den großen etablierten Fachgebieten weniger wahrgenommen [4 ].
Für die Einstufung der akademischen Qualität eines Forschers oder einer akademischen Institution werden vor allem Impactfaktor und Fördermittel herangezogen. Auch in der Bewertung ganzer Fachgebiete spielen diese beiden Bewertungskriterien daher eine zunehmende Rolle.
Ein Bewertungsmaßstab ergibt sich aus dem Impactfaktor [4 ]
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[7 ], der wegen verschiedener Variablen durchaus als ein in der Wissenschaft zunehmend umstrittenes Maß für die Qualität einer Publikation gesehen wird, anhand dessen aber auch von Förderinstituten wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft Wissenschaftler und letztlich Fachgebiete auf der Grundlage ihrer Forschungsleistung bewertet werden. Die Summe der eingeworbenen Forschungsförderung ist ein ebenfalls wichtiges Kriterium. Dem einzelnen Wissenschaftler ist dabei die eigene Forschungsförderung durchaus bewusst, dem Kollektiv eines Fachgebiets meist nur wenig. Gleichzeitig ist es daher aber auch für die Gemeinschaft eines Fachgebiets wichtig, die gemeinsame Leistung sichtbar zu machen und damit auch den Förderinstitutionen eine Übersicht über die gesamte Leistung eines Fachgebiets zu ermöglichen.
Ziel des vorliegenden Beitrags des Konvents der leitenden universitär tätigen Plastischen Chirurgen der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) ist es daher, eine Übersicht in Form eines Registers zu erheben und zu etablieren, um damit die gemeinschaftliche akademische Leistung künftig sichtbar zu machen.
Methoden
An den 35 Universitätsklinika in Deutschland existierten im Jahr 2015 12 eigenständige Kliniken und 8 untergeordnete Organisationsstrukturen. An 15 Universitätsklinika gab es keine plastisch chirurgischen Organisationsstrukturen [8 ]. Auf dieser Grundlage wurde in der öffentlichen Datenbank der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) dem Geförderte Projekte Informationssystem (GEPRIS) [8 ] nach geförderten Projekten der Universitätsklinika in den Jahren 2015 und 2016 gesucht. Im Anschluss wurden die jeweiligen Leiter der Einrichtungen angeschrieben und um Mitteilung der beantragten, in Begutachtung befindlichen, abgelehnten und geförderten Projekten von DFG, BMBF und EU abgefragt. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich bewusst auf diese öffentlichen Förderinstitutionen, da diese leichter verfolgbar sind und einen Vergleich mit anderen Fachgebieten ermöglichen.
Ergebnisse
An 12 der 35 Standorte wurden demnach in 2015 und 2016 Fördermittel dieser Institutionen beantragt. Davon sind 10 (83%) in Form von eigenständigen Kliniken oder Abteilungen organisiert. Zwischen 1 und 7 Förderanträge sind dabei von einer Institution angegeben worden.
Insgesamt wurden 33 Förderanträge gefunden bzw. angegeben. Davon befanden sich 6 in Begutachtung (18,2%), 3 waren abgelehnt worden (9,1%) und 23 waren bewilligt (69,7%, [Tab. 1 ]). Außer 2 Anträgen bei der EU (6,2%) und 2 beim BMBF (6,2%) waren 28 bei der DFG eingereicht (84,8%).
Tab. 1 Übersicht über die bewilligte Forschungsförderung öffentlicher Fördereinrichtungen (DFG und BMBF) nach Standorten.
Uniklinik
Art der Förderung
Projekttitel
Zurordnung
Zeitraum
Aachen
DFG Sachbeihilfe
Evaluierung eines neuen Ansatzes für die Weichteilgeweberekonstruktion mittels externer Gewebeexpansion
Allgemein- u. Viszeralchirurgie
seit 2013
Aachen
DFG Reisestipendium
Die Charakterisierung von MIF und MIF-2 und ihrer Rezeptoren in Fibrozyten inm Rahmen der Wundheilung
2015
Bochum
DFG Schwerpunktprogramme
Diagnose von Brandwunden mit mikrowellenbasierter Nahfeldbildgebung
Diagnose von Brandwunden mit mikrowellenbasierter Nahfeldbildgebung
seit 2015
Bochum
DFG Sachbeihilfe
Untersuchungen zur Optimierung der Frakturheilung bei Typ 2 diabetogener Stoffwechsellage mittels Wachstumsfaktoren und Stammzellen aus Fettgewebe
2012–2016
Bochum
DFG Sachbeihilfe
Mesenschymale Stammzellen und Wnt-Proteine in der Therapie der posttraumatischen Osteomyelitis
2016–2018
Erlangen
DFG Sachbeihilfe
Tissue Engineering von axial vaskularisiertem Skelettmuskelgewebe auf funktionellen Nanofaser-Scaffolds im Tiermodell der Ratte
Unfallchirurgie und Orthopädie
seit 2013
Freiburg
DFG Heisenberg-Professuren
Die Rolle der angeborenen Immunantwort in Entzündungsreaktionen und entzündlichen Erkrankungen: Erforschung und Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze
Allgemein- und Viszeralchirurgie
2015–2016
Freiburg
DFG Sachbeihilfe
Untersuchung der Interaktion von C-reaktivem Protein (CRP) mit Zellmembranen bei der Entstehung der Entzündungsreaktion im Ischämie/Reperfusionsschaden
Allgemein- und Viszeralchirurgie
seit 2012
Freiburg
DFG Sachbeihilfe
Präklinische in vitro Validierung und in vivo Evaluation eines neuartigen Biohybrid-Gradienten-Schichtsystem-Vlieses als Trägermatrix für eine vaskulogene Komponente zur Versorgung epithelialer Weichgewebsdefekte
Zahnheilkunde; Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
seit 2014
Freiburg
DFG Sachbeihilfe
C-reaktives Protein (CRP) als pathogenetischer Faktor bei Entzündung und Ischämie/Reperfusion: Therapeutische Implikationen
seit 2010
Freiburg
DFG Sachbeihilfe
Bioprinting von vaskularisiertem Knochenersatzgewebe
seit 2015
Hannover
DFG Schwerpunktprogramme
In-Situ-Konjugation von Nanopartikeln beim Ultrakurzpuls-Laserstrahlabtragen in Monomerlösungen für das Elektrospinnen auf Brandwunden
Füge-, Montage- und Trenntechnik
2009–2015
Hannover
DFG Forschergruppen
Zelltransplantation und intrazerebrale Substanzapplikation bei traumatischen Rückenmarkserkrankungen und Epilepsien
Grundlagen von Pathogenese, Diagnostik, Therapie und Klinische Tiermedizin
seit 2009
Hannover
DFG Forschergruppen
Zytokompatibilitäts- und Bioaktivitätsprüfung in vitro
Biomaterialien
seit 2015
Hamburg-Eppendorf
DFG Sachbeihilfe
Einfluss des Zellerkennungsmoleküls L1 auf Tumorprogression und maligne Entartung bei Neurofibromatose Typ1 assoziierten Tumoren
2012–2015
Lübeck
BMBF
Smart Scar Care
Verbundprojekt mit Teilvorhaben der Plastischen Chirurgie
2016–2019
Oldenburg
DFG Heisenberg-Professuren
Heisenberg-Professur für Molekulare Onkologie und Wundheilung
Allgemein- und Viszeralchirurgie Unfallchirurgie und Orthopädie
seit 2009
Oldenburg
DFG Sachbeihilfe
Wirkungsweise synthetisch hergestellter Host Defense Peptide auf Weichgewebssarkome
Allgemein- und Viszeralchirurgie
2012–2016
Regensburg
DFG Sachbeihilfe
Entwicklung eines multizellulären in vitro Modells zur Erforschung protektiver und regenerativer Therapiestrategien der chronischen kutanen Wunde
Allgemein- und Viszeralchirurgie
2013–2015
Regensburg
DFG Sachbeihilfe
Molekulargenetische, histologische, immunhistochemische und funktionelle Charakterisierung von Fettgewebe bei Patienten mit Multipler Symmetrischer Lipomatose
Humangenetik Dermatologie
seit 2015
TU München
DFG Sachbeihilfe
Untersuchungen zur Funktion des Zelladhasionsmoleküls CEACAM1 für die durch Inflammation vermittelte Gefäßzellaktivierung während des Kollateralwachstums
Kardiologie, Angiologie
2007–2015
TU München
DFG Sachbeihilfe
Knorpel angrenzender subchondraler Knochen (KASK) während des Alterns und der Krankheit als diagnostisches und therapeutisches Ziel
seit 2016
TU München
BMBF
Lymphknotenregeneration- Entwicklung von Bioartifiziellen Lymphknoten zur Therapie des chronischen Lymphödems
Plastische Chirurgie
2016–2018
Die DFG Anträge wurden in 18 Fällen als Sachbeihilfe eingestuft (64,2%). Weitere jeweils 2 Projekte (7,1%) waren Schwerpunktprogrammen, Forschergruppen bzw. Heisenberg-Professuren zugeordnet. Bei den übrigen konnte keine Zuordnung getroffen werden ([Tab. 1 ]).
2 bewilligte Anträge beim BMBF wurden der Plastischen Chirurgie zugeordnet. Alle anderen wurden anderen Fachgebieten zugeordnet. Mit 6 dieser Anträge wurden die meisten Förderanträge bei der DFG dem Fachgebiet Allgemein- und Viszeralchirurgie (21,4%) zugeordnet, 4 der Orthopädie und Unfallchirurgie (14,3%). Die übrigen Anträge waren anderen Themenbereichen zugeordnet.
Diskussion
Wie oben ausgeführt, werden aufgrund der historischen Entwicklungen mit neuen von ehemals größeren Fachgebieten losgelösten Spezialfächern gerade bei der Begutachtung der Förderanträge aus der Plastischen Chirurgie diese oft von Gutachtern anderer Fachgebiete bewertet. Es ist dabei auch klar, dass die inhaltliche Fachkompetenz nicht immer in dem erforderlichen Umfang vorhanden sein kann und dadurch ein Bias entstehen kann. Das kann zu ungewollt stärker ablehnenden Beurteilungen führen als dies durch einen eigentlichen Vertreter des Fachgebiets gegeben wäre. Das Prinzip des Peer-Reviews wird dadurch aufgeweicht, dass mit „Peer“ (engl. für Fachkollege) nicht mehr ein Vertreter des gleichen Fachgebiets, sondern ein Vertreter einer übergeordneten Fachgruppe, in diesem Fall der Fachgruppe der Chirurgen, die Begutachtung übernimmt. Dieser ist aber als Fachgebietsvertreter im eigentlichen Wortsinne fachfremd und mit den Inhalten unseres Fachgebiets häufig nicht ausreichend vertraut, so wie ein Plastischer Chirurg wahrscheinlich auch nicht hinreichend mit den notwendigen aktuellen Kenntnissen der spezifisch allgemein- oder viszeral-chirurgischen Forschung und deren besonderen Entwicklungen vertraut sein dürfte. Als Vertreter eines anderen chirurgischen Fachgebietes ist er damit streng genommen kein „Peer“ im eigentlichen Sinne.
Ein Dilemma ist es deshalb, dass es gleichzeitig den großen Förderinstitutionen oft gar nicht bekannt ist, welche Anträge sie selbst aus dem Fachgebiet der Plastischen Chirurgie begutachten oder fördern, da die Kategorie „Plastische Chirurgie“ hier nicht existiert. Anträge werden in diesem Fall daher mangels einer für kleinere oder jüngere Fächer fehlenden eigenen Fachgruppe anderen chirurgischen Fachgebieten wie etwa der Allgemein- und Viszeralchirurgie oder der Unfallchirurgie und Orthopädie zugeordnet. Naturgemäß könnte dadurch vermutet werden, dass in der Plastischen Chirurgie eigentlich keine relevante sichtbare Forschung betrieben wird und dadurch auch keine Notwendigkeit besteht, die aktuelle Begutachtungs- und Förderpraktiken den Weiterentwicklungen in der Medizin anzupassen. Somit schließt sich in dem Fall ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. Wünschenswert wäre es daher für die etwas kleineren Fachgebiete, dass – auch wenn seitens der Förderinstitutionen eine filigranere Organisationsstruktur mangels Ressourcen und Personal als zu aufwendig gesehen wird – etwa durch eine Erweiterung der im Vorfeld beteiligten Gutachter besser auf die Notwendigkeiten der aktuellen Entwicklung und Spezialisierung in der Medizin reagiert werden sollte. Dadurch wäre eine dynamischere Weiterentwicklung der Förderkultur zu erwarten, die nicht an traditionellen oder nicht immer zeitgemäßen Strukturen festhalten muss. Auch auch aktuelle Entwicklungen und die sich daraus ergebenden Erkenntnisse zur Entwicklung der Forschungslandschaft wären so besser abbildbar.
Im Fachgebiet der Plastischen Chirurgie besteht mit über 30 Forschungsförderungsanträgen insgesamt und 22 geförderten Anträgen durch DFG und BMBF eine hohe Aktivität eines Fachgebiets mit vergleichsweise geringen Ressourcen durch Unterrepräsentation von eigenständigen Klinken. Zum Vergleich: Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) verweist auf ihrer Webseite [9 ] auf 48 Forschungsförderungen (Stand Ende Oktober 2016), wovon 7 als DFG gefördert und weitere 2 als BMBF gefördert angegeben werden.
Künftig sollen Förderanträge aus der Plastischen Chirurgie bei der DGPRÄC dokumentiert und veröffentlicht werden, um so auch für die großen Förderinstitutionen das akademische Engagement des Fachgebiets transparenter zu gestalten. Hierfür wurde eine Internetplattform neu eingerichtet, die es erlaubt jeden Antrag bereits bei Antragstellung zu dokumentieren. Derzeit ist dies unter https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSd1
hse3So_xZ0PXhSgC3aO1HuzCXw-wIYE0RZvDVlw-ZbVU0w/ angesiedelt ([Abb. 1 ]). Dabei sollen auch nicht-öffentliche Fördermittel-Institutionen mit einbezogen werden. Mittelfristig ist die Integration des Registers in die Webseite der DGPRÄC vorgesehen. Dort sollen künftig die einzelnen geförderten Projekte mit einer einheitlichen Maske sichtbar gemacht werden. Gleichzeitig soll in regelmäßigen Abständen ein Bericht zur Forschungsförderung in der Plastischen Chirurgie publiziert werden. Durch diese Initiative kann eine differenziertere Beurteilung der tatsächlichen Leistungsentwicklung in der Forschung sowohl im Fachgebiet als auch nach außen hin erwartet werden.
Abb. 1 Website der DGPRÄC zur Dokumentation der Forschungsförderung im Register unter https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSd1hse3So_
xZ0PXhSgC3aO1HuzCXw-wIYE0RZvDVlw-ZbVU0w/viewform. .
Ausblick
Im Sommer 2016 haben Bund und Ländern mit der Exzellenzstrategie [10 ], dem Programm zur Förderung der Innovativen Hochschule [11 ]
[12 ] sowie einem Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses [13 ] 3 milliardenschwere Pakte zur Förderung von Wissenschaft und Forschung in Deutschland beschlossen.
Die universitär tätigen Plastischen Chirurgen der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) beabsichtigen zu prüfen, inwieweit die Möglichkeit besteht, aus diesen Programmen Mittel zur Förderung von Forschungsvorhaben auch der Plastischen Chirurgie einzuwerben. Damit könnte sich weitere Chancen ergeben, die Forschungsleistung in der Plastischen Chirurgie künftig stärker sichtbar zu machen.