Zusammenfassung
Ziel: Ziel ist eine umfassende Analyse des Verlaufs der psychosomatischen Rehabilitation
– vom Zugang bis zu den objektivierbaren Reha-Ergebnissen. Verglichen werden 3 Gruppen:
deutsche und türkische Staatsangehörige sowie Versicherte mit anderer bzw. unbekannter
Staatsangehörigkeit.
Methodik: Datengrundlage bilden rentenversicherungsweite und aktuelle Routinedaten zur psychosomatischen
Rehabilitation der Rentenversicherung aus der Reha-Statistik-Datenbasis (RSD), die
das Zeitfenster 2007 – 2014 abbilden. Eingeschlossen wurden 128 165 Pflichtversicherte,
die im Jahr 2012 eine psychosomatische Rehabilitation in Anspruch genommen haben.
Ergebnisse: Von den psychosomatischen Rehabilitanden in 2012 hatten 5,8 % eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Die türkischen Staatsangehörigen bilden mit 2 % die größte Gruppe. Die restlichen
Rehabilitanden haben eine andere bzw. unbekannte Staatsangehörigkeit oder sind staatenlos.
Die häufigsten Diagnosen waren für alle Gruppen affektive Störungen und neurotische,
Belastungs- und somatoforme Störungen. Zwischen den betrachteten Gruppen zeigen sich
Unterschiede in der Soziodemografie und der Erwerbssituation im Vorfeld der Rehabilitation:
Rehabilitanden mit ausländischer Staatsangehörigkeit und darunter insbesondere diejenigen
mit türkischer Nationalität sind im Schnitt jünger, häufiger verheiratet und haben
eine schlechtere schulische und berufliche Ausbildung als deutsche Versicherte. Entsprechend
üben sie häufiger niedrig qualifizierte Tätigkeiten aus mit einem niedrigeren Entgelt.
Die gesundheitliche Ausgangsbelastung, hier abgebildet durch Arbeitsunfähigkeitszeiten,
ist ebenfalls schlechter als bei Rehabilitanden mit deutscher Staatsangehörigkeit.
Im Unterschied zu anderen Reha-Indikationen zeigt sich keine Benachteiligung von türkischen
Versicherten im Zugang zur psychosomatischen Rehabilitation. Die altersstandardisierten
Inanspruchnahmeraten der türkischen Versicherten, insbesondere der Frauen, liegen
im Gegenteil deutlich über denjenigen deutscher Versicherter. Die Inanspruchnahme
der therapeutischen Angebote, Schulungen und Interventionen während der psychosomatischen
Rehabilitation war in allen drei Gruppen vergleichbar. Hinsichtlich der Reha-Ergebnisse,
Wiedereingliederung ins Berufsleben bzw. Zugang in eine Erwerbsminderungsrente, zeigen
sich schlechtere Erfolge für türkische Rehabilitanden. Als Einflussfaktoren auf die
Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit (Return to Work, RTW) aller Rehabilitanden
wurden insbesondere die Beschäftigungsdauer in den 12 Monaten vor Reha-Beginn, die
ärztlich festgestellte Leistungsfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, das
Alter sowie das sozialversicherungspflichtige Entgelt im Jahr vor Reha-Beginn ermittelt.
Ein eigenständiger Einfluss der türkischen Staatsbürgerschaft bleibt auch noch nach
Einschluss dieser Faktoren bestehen.
Schlussfolgerung: Die türkischen Rehabilitanden stellen auch in dieser Untersuchung eine besondere
Personengruppe dar. Dies betrifft insbesondere türkische Frauen. Ihre Ausgangsbedingungen
sind schlechter, der Zugang in die psychosomatische Rehabilitation höher, die Reha-Ergebnisse
noch deutlich schlechter als die ihrer männlichen Landsleute. Diese Ergebnisse können
zwar zu einem großen Teil auf die schlechteren gesundheitlichen und erwerbsbezogenen
Ausgangsbedingungen zurückgeführt werden, die Staatsbürgerschaft bleibt aber dennoch
ein signifikanter Einflussfaktor.
Abstract
Aim: This study aims to comprehensively analyse the course of psychosomatic rehabilitation
– from access to quantifiable rehabilitation outcomes. A comparison is made between
3 groups of patients: German citizens, patients of Turkish nationality or patients
of foreign or unknown nationality.
Methods: The data set used comprises routine data of the German Pension Insurance regarding
psychosomatic rehabilitation from the so called Reha-Statistik-Database (RSD, database
for rehabilitation statistics) over a period from 2007 to 2014. We included 128,165
compulsorily insured persons who underwent psychosomatic rehabilitation in 2012.
Results: Among the patients in psychosomatic rehabilitation in 2012 5.8 % were of foreign
nationality. Turkish patients were with 2.0 % the largest group, patients with another
or unknown nationality or stateless patients constitute the additional group. The
most common diagnoses for all groups were affective disorders and neurotic, somatoform
and stress disorders. Differences between the groups can be demonstrated with regard
to sociodemographics and employment status prior to rehabilitation: Patients of foreign
nationality, and here especially Turkish patients, are on average younger, more often
married and have less advanced vocational training than German patients. Accordingly,
they work more often in less qualified jobs with lower wages. The health status prior
rehabilitation, measured as days of sick leave, is also worse compared to German patients.
In contrast to other indications there is no disadvantage regarding access to psychosomatic
rehabilitation. On the contrary: the age-standardised uptake ratios of Turkish patients,
especially of women, are markedly higher than in Germans. Treatment during psychosomatic
rehabilitation is more or less identical. With regards to outcome of rehabilitation,
reintegration into working life or transition into disability pension Turkish patients
are less successful. As important influential variables for return to work (RTW) the
following factors were identified: Employment duration in the last 12 months before
the start of rehabilitation, the medically tested ability to work for the last employment,
age and wage in the last year before the start of rehabilitation. Even after the inclusion
of these variables in the logistic regression model, a direct influence of the Turkish
citizenship has remained.
Conclusion: In this study Turkish patients are a special group. This is especially true for Turkish
women. They start from a lower baseline in comparison with their male compatriots,
they have higher access to psychosomatic rehabilitation and the results of rehabilitation
are less favourable. These findings may be attributable to the markedly worse health
and employment status of the female Turkish patient group. Nevertheless, nationality
itself remains to be a significant influencing factor.
Schlüsselwörter
psychosomatische Rehabilitation - Migrationshintergrund/Nationalität - Inanspruchnahme
- Reha-Erfolg - Routinedaten
Keywords
psychosomatic rehabilitation - migration background/nationality - utilisation of rehabilitation
- success of rehabilitation - routine data