Fortschr Neurol Psychiatr 2016; 84(10): 606
DOI: 10.1055/s-0042-117400
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Referat – Postmenopausale Hormonersatztherapie und Schlaganfallrisiko: Applikationsform und Begleitmedikation entscheiden

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Publication Date:
27 October 2016 (online)

Hintergrund Zur Besserung klimakterischer Beschwerden ist die postmenopausale Hormonersatztherapie weit verbreitet. Bisher ist ein Zusammenhang mit vaskulären Ereignissen nicht sicher etabliert. Die vorgestellte Studie untersucht die Bedeutung des Applikationsweges von Östrogen und der hormonellen Begleitmedikation auf die Wahrscheinlichkeit ischämischer Schlaganfälle.

Methode Aus dem französischen Krankenversicherungs-System wurden insgesamt 15 794 Frauen von 51 bis 62 Jahren identifiziert, die im Zeitraum von 2009–2011 einen Schlaganfall als stationäre Hauptdiagnose aufwiesen. Davon verblieben letztlich 3401 Patientinnen mit einem erstmaligen ischämischen Schlaganfall ohne bekannte Kontraindikationen für eine Hormontherapie. Als Kontrollen wurden aus über 5 Mio. Patientendaten Frauen ausgesucht, die im gleichen Zeitraum nicht stationär behandelt wurden, keine Kontraindikationen für eine Hormontherapie hatten und keine antithrombotische Therapie aufwiesen. Es erfolgte ein Matching von Kontrollen zu Fällen im Verhältnis 4 : 1. Der Status der Hormontherapie erfasste zunächst die Gabe eines Östrogens, wobei eine Dosis von < 1 mg / d oral und < 50 µg / d transdermal als niedrige Dosis galt, 1,5 mg / d oral und 50 µg / d transdermal als intermediär und > 2 mg / d oral und > 50 µg / d transdermal als hoch. Zusätzlich erfasst wurde die konkomitante hormonelle Begleitmedikation.

Ergebnisse Die Analyse umfasst 3144 Fälle mit ischämischem Schlaganfall und 12 128 Kontrollen. Die Schlaganfall-Gruppe wurde signifikant häufiger wegen kardiovaskulärer Begleiterkrankungen behandelt. Ansonsten waren beide Gruppen gleich alt (56,7 vs. 56,6 Jahre, p = 0,94) und die Hormontherapie-Rate gleich verteilt (6,2 vs. 6,8 %; p = 0,19). Die Wahrscheinlichkeit für einen ischämischen Schlaganfall war bei oraler Östrogeneinnahme signifikant erhöht (OR 1,58; 95 %-CI 1,01–2,49) nicht aber bei transdermaler Anwendung (Odds-Ratio (OR) 0,83; 95 %-Konfidenzintervall (CI) 0,56–1,24). Bei oralem Östrogen zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Kurve mit einer OR 1,39 (95 %-CI 1,00–1,99) für die niedrige Dosis, einer OR 1,84 (95 %-CI 1,02–3,30) für die intermediäre und einer OR 2,41 (95 %-CI 1,43–4,07) für die hohe. In Bezug auf eine Kombinationstherapie zeigte sich keine Assoziation zwischen Schlaganfall und hormoneller Co-Medikation. Nur für die Anwendung von Norpregnan-Derivaten ergab sich eine erhöhte Schlaganfall-Wahrscheinlichkeit (OR 2,25; 95 %-CI 1,05–4,81), wobei 85 % der Betroffenen ein Kombinationspräparat einnahmen.