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DOI: 10.1055/s-0042-116173
Praktische Schwierigkeiten bei der Begutachtung der neuen Berufskrankheit Nr. 5103
Pratical Considerations Regarding the Occupational Skin Disease BK 5103Authors
Am 1. 1. 2015 wurde durch die Novellierung der Berufskrankheitenverordnung (BKV) die neue Berufskrankheit (BK) Nr. 5103 durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in die Berufskrankheitenliste aufgenommen. Durch natürliche UV-Strahlung verursachte Plattenepithelkarzinome und/oder multiple aktinische Keratosen können nun als BK-Nr. 5103 anerkannt werden, wenn sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen als auch die klinischen Kriterien erfüllt sind. Als multiple aktinische Keratosen sind definiert: das Auftreten von mehr als 5 aktinischen Keratosen pro Jahr oder eine Feldkanzerisierung, konfluierend auf einer Fläche > 4 cm2 [1]. Für die Anerkennung anderer nichtmelanozytärer Hauttumore, wie z. B. des Basalzellkarzinoms, als BK-Nr. 5103 sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich der Verursachung durch die natürliche UV-Exposition derzeit nicht ausreichend beweiskräftig [2].
Nachdem nunmehr die ersten Fälle unter der neuen Rechtslage zur (Nach-) Begutachtung vorliegen, ergeben sich Probleme für den Gutachter auch dadurch, dass diese Regelungen etwas restriktiver sind als in der vorhergehenden Phase der „Als-ob-BK“ nach § 9 Abs. 2 SGB VII [3]. Zum einen wurde das Basalzellkarzinom als Gegenstand der BK 5103 ausgeschlossen, das oft noch zumindest mitgemeldet und teilweise mitbegutachtet wurde, zum anderen durch die Erforderlichkeit von mehr als 5 neu entstandenen aktinischen Keratosen pro Jahr bzw. einer Feldkanzerisierung konfluierend auf einer Fläche von > 4 cm2 . Leider ist die Dokumentation zu den aktinischen Keratosen in den von den Berufsgenossenschaften dem Gutachter übersandten Unterlagen der behandelnden und häufig auch erstmeldenden Hautärzte oft unvollständig. Häufig werden nur die histologischen Befunde übermittelt. Angaben über evtl. daneben bestehende weitere, nicht biopsierte oder operativ behandelte aktinische Keratosen fehlen, ebenso wie genaue Angaben über deren genauen Entstehungszeitraum und die maximale Fläche von Feldkanzerisierung(en).
So hatte eine Dermatologin bei einem Patienten mit eindeutig beruflich bedingter, deutlich (d. h. um über zusätzlich 40 %) erhöhter UV-Belastung, über einen Zeitraum von knapp 18 Jahren insgesamt 16 aktinische Keratosen behandelt, jedoch nie dokumentiert, ob daneben weitere bestanden, und ob mehr als 5 in einem Jahr neu aufgetreten waren. Maximal wurden binnen zwölf Monaten genau 5 behandelt. Auch das flächenmäßige Ausmaß der aktinischen Keratosen bzw. von Feldkanzerisierung(en) wurde nicht genau dokumentiert. Im gleichen Zeitraum wurden bei dem Versicherten auch 7 invasive Plattenepithelkarzinome operiert, die als BK-Folge anzuerkennen waren und darüber hinaus 25 Basalzellkarzinome bzw. deren Rezidive, die, wie die aktinischen Keratosen unbeachtlich bleiben mussten.
Dies liegt natürlich zum Teil daran, dass vor dem breiteren Bekanntwerden der Anerkennungskriterien der neuen BK 5103 im Jahr 2015 solche genauen detaillierten Befunddokumentationen häufig, insbesondere außerhalb des GOÄ-Bereichs, ohne praktischen Nutzen und Konsequenzen waren, und dass niemand deren Bedeutung für eine künftige BK antizipieren konnte. Retrospektiv lassen sich diese Befunde oft nur schwer oder gar nicht rekonstruieren. Auch lässt sich ohne entsprechende genaue Vorbefunde bei der Begutachtung nur schwer feststellen, in welchem Zeitraum die vorhandenen aktinischen Keratosen entstanden sind, was nicht nur für die Feststellung der BK, sondern auch für die Einschätzung der MdE von Belang sein kann.
In jedem Falle sollte, analog dem Hautarztverfahren bei der BK 5101, im Rahmen des neuen Vordrucks „Hautkrebsbericht“ Zahl und Fläche sowie der Zeitraum des Neuauftretens von aktinischen Keratosen bzw. Feldkanzerisierung(en) auf jährlicher Basis künftig genau dokumentiert werden und dieser obligat eingeführt werden [3]. Darüber hinaus bleiben die Berufsgenossenschaften aufgefordert, nicht nur histologische Befunde, sondern darüber hinaus auch klinische Angaben zum Zeitraum des Entstehens, der Zahl und der Fläche von aktinischen Keratosen bzw. Feldkanzerisierung(en) bei den behandelnden und meldenden Dermatologen zu erfragen, und dem Gutachter zur Verfügung zu stellen. Einige Berufsgenossenschaften, wie die Bau-BG München, versenden hierzu sehr gute Fragebögen, die allerdings aus den genannten Gründen – wie auch im oben geschilderten Fall – retrospektiv nur bedingt vollständig aussagekräftig ausgefüllt werden können.
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Literatur
- 1 Strom K, Schönfeld M, Nagy P et al. Neue Berufskrankheit Nr. 5103: Darstellung anhand einer Kasuistik. Trauma Berufskrankh 2015; 17: 207-210
- 2 Diepgen TL, Bauer A, Bernhard-Klimt C et al. Minderung der Erwerbsfähigkeit bei BK 5103 „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“. Dermatol Beruf Umwelt 2015; 63: 3-7
- 3 Elsner P, Blome O, Diepgen TL. UV-bedingter beruflicher Hautkrebs: Möglichkeiten der sekundären Individualprävention im Hautarztverfahren. J Deutsch Dermatol Ges 2013; 11: 625-630
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Strom K, Schönfeld M, Nagy P et al. Neue Berufskrankheit Nr. 5103: Darstellung anhand einer Kasuistik. Trauma Berufskrankh 2015; 17: 207-210
- 2 Diepgen TL, Bauer A, Bernhard-Klimt C et al. Minderung der Erwerbsfähigkeit bei BK 5103 „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“. Dermatol Beruf Umwelt 2015; 63: 3-7
- 3 Elsner P, Blome O, Diepgen TL. UV-bedingter beruflicher Hautkrebs: Möglichkeiten der sekundären Individualprävention im Hautarztverfahren. J Deutsch Dermatol Ges 2013; 11: 625-630


