Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(03): 92
DOI: 10.1055/s-0042-108518
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Geburtshilfe
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Präpartale Lungenreife – Betamethason bei Müttern mit Risiko einer „späten Frühgeburt“

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Publication Date:
21 June 2016 (online)

Hintergrund: Bei drohender Frühgeburt vor der 34. Schwangerschaftswoche erhalten betroffene Mütter prophylaktisch ein hochpotentes Glukokortikoid, um das Risiko respiratorischer Komplikationen bei den Kindern zu vermindern. Eine Studie aus den USA hat nun untersucht, ob auch „späte Frühchen“, also Kinder, die zwischen der 34. und 36. Woche zur Welt kommen, von der pränatalen Gabe eines Glukokortikoids profitieren.

Methoden: An 17 US-amerikanischen Zentren wurden fast 3000 Frauen in die prospektive, randomisierte Studie aufgenommen. Einschlusskriterien umfassten eine Einlingsschwangerschaft zwischen Schwangerschaftswoche (SSW) 34 + 0 und 36 + 5 mit hohem Risiko für eine Frühgeburt bis SSW 36 + 6, definiert als vorzeitige Wehen bei intakter Fruchtblase und Zervixdilatation von mindesten 3 cm, vorzeitiger Blasensprung oder medizinische Indikation zur vorzeitigen Einleitung der Geburt (vaginal oder per Sectio). Die Frauen wurden einer von zwei Gruppen zugewiesen:

  • Gabe von Betamethason 2 × 12 mg im Abstand von 24 Stunden (n = 1427) oder

  • Gabe von Plazebo (n = 1400)

Als primären Endpunkt bestimmten die Wissenschaftler Totgeburt oder Tod innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt oder die Notwendigkeit einer Atemunterstützung bei den Neugeborenen innerhalb der ersten 72 Lebensstunden. Darunter fielen CPAP-Atmung, Gabe von Sauerstoff über Nasensonde mit einem Flow von mehr als 1 l / min über mindestens 2 Stunden, Gabe von Sauerstoff mit einer inspiratorischen Konzentration von mindestens 30 % über mindestens 4 Stunden, extrakorporale Membranoxygenierung und / oder maschinelle Beatmung.

Ergebnisse: Ein Ereignis des primären Endpunkts trat bei 11,6 % der Neugeborenen in der Betamethason-Gruppe und bei 14,4 % der Neugeborenen in der Kontrollgruppe auf (relatives Risiko 0,80 unter Betamethason; p = 0,02). Auch einzelne respiratorische Komplikationen, wie transiente Tachypnoe des Neugeborenen und bronchopulmonale Dysplasien traten bei den Kindern der mit Betamethason behandelten Mütter signifikant seltener auf, ebenso mussten die Kinder nach der Geburt seltener reanimiert werden, und sie benötigten seltener Surfactant.

Allerdings waren Hypoglykämien (Blutglucosekonzentration < 40 mg / dl) bei den Kindern der Interventionsgruppe signifikant häufiger (24 vs. 15 %), die aber meist selbstlimitierend verliefen und nicht zu einer verlängerten Klinikbehandlungsdauer führten. Infektionen der Mütter oder Kinder traten nach Betamethason nicht gehäuft auf.

Fazit

Auch bei Kindern, die als „späte Frühgeburten“ auf die Welt kommen, kann die pränatale Verabreichung von Betamethason an die Mutter das Risiko respiratorischer Probleme signifikant verringern, fassen die Autoren zusammen. Die dabei häufiger nachweisbaren Hypoglykämien führten nicht zu weitergehenden Komplikationen, aber eine entsprechende Überwachung der Neugeborenen ist trotzdem zu empfehlen. Die Kinder dieser Kohorte müssen nun langfristig nachbeobachtet werden, um zu klären, ob sich diese unmittelbar postnatal nachzuweisenden Vorteile auch ins spätere Leben übertragen.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim