Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(03): 91
DOI: 10.1055/s-0042-108014
Journal Club
Geburtshilfe
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Habituelle Aborte – Erhöht vaginales Progesteron die Lebendgeburtenrate ?

Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Juni 2016 (online)

Preview

Hintergrund: Bei vielen Frauen mit habitueller Abortneigung kann keine Ursache für die wiederholten Fehlgeburten gefunden werden. Coomarasamy und Kollegen haben nun im Rahmen einer Multicenter-Studie untersucht, ob diese Patientinnen hinsichtlich der Lebendgeburtenrate und des neonatalen Überlebens von einer Progesteronsubstitution im ersten Trimenon profitieren.

Methoden: In die randomisierte, Plazebo-kontrollierte PROMISE-Studie (Progesterone in Recurrent Miscarriages) an 45 Zentren in Großbritannien und den Niederlanden wurden zwischen 2010 und 2013 1568 Frauen, die 3 oder mehr Frühaborte unklarer Genese erlitten hatten, eingeschlossen. 836 Probandinnen, die innerhalb eines Jahres spontan konzipierten, erhielten ab dem Vorliegen eines positiven Schwangerschaftstests bis zum Ende des ersten Trimenons entweder Vaginalsuppositorien mit mikronisiertem Progesteron (2-mal täglich je 400 mg; n = 404) oder ein Plazebo (n = 432). Der primäre Studienendpunkt war die Lebendgeburtenrate nach 24 abgeschlossenen SSW. Weitere Outcomeparameter umfassten die Rate klinischer bzw. nach dem ersten Trimenon andauernder Schwangerschaften, die Abortrate, das Gestationsalter bei der Geburt, das neonatale Überleben nach 28 Tagen sowie die Inzidenz kongenitaler Anomalien.

Ergebnisse: Von 98,8 % der Frauen konnten Daten zum primären Outcome ausgewertet werden. Die Lebendgeburtenrate in der Progesteron- und der Plazebogruppe betrug 65,8 % bzw. 63,3 % (relative rate 1,04; 95 %-CI 0,94–1,15). Hinsichtlich der Rate klinischer (6–8 SSW) bzw. nach dem ersten Trimenon andauernder Schwangerschaften, der Inzidenz ektoper Graviditäten, der Fehl- und Totgeburtenrate sowie der Frühgeburtenrate (≤ 34 SSW) ließen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen nachweisen. Auch das neonatale Outcome, das mediane Gestationsalter zum Zeitpunkt des Aborts bzw. der Geburt, die Inzidenz unerwünschter Nebenwirkungen sowie die Rate angeborener Fehlbildungen waren in beiden Gruppen ähnlich.

Fazit

Eine Progesteronsubstitution im ersten Trimenon bei Frauen mit habituellen Aborten unklarer Genese, so das Fazit der Autoren, führt – im Gegensatz zu den Ergebnissen früherer, qualitativ minderwertiger Untersuchungen – nicht zu einer signifikanten Steigerung der Lebendgeburtenrate. Inwiefern durch einen früheren Beginn der Progesterongabe, z. B. während der Lutealphase, eine effektivere Verringerung der Abortrate erzielt werden könne, sei jedoch unklar.

Dr. Judith Lorenz, Künzell