Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(03): 133-134
DOI: 10.1055/s-0042-107540
Perinatalmedizin in Bildern
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Angeborene Gerinnungsstörungen – Unterarmgangrän bei „normaler“ Gerinnung

M. E.G. Blohm
1   Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin,
,
K. Lehmberg
2   Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie,
,
J. Schrum
2   Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie,
,
K. Helmke
3   Abteilung Kinderradiologie,
,
I. Ridderbusch
4   Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg
,
R. Schneppenheim
2   Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie,
,
D. Singer
3   Abteilung Kinderradiologie,
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Juni 2016 (online)

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Fallpräsentation

Reifes, eutrophes männliches Neugeborenes, Z. n. Spontanpartus mit Armvorfall, Na-pH 7,38, APGAR 10/10 (5‘/10‘). Unmittelbar postnatal ausgedehnte livide Verfärbung des rechten Unterarmes mit zunächst scheinbarer Rückbildungstendenz, am Folgetag jedoch zunehmender gangränöser Demarkation ( [Abb. 1]). Außerdem schädelsonographisch und magnetresonanztomographisch nachzuweisender großer rechtshemisphärischer Hirninfarkt im Stromgebiet der A. cerebri media und anterior ( [Abb. 2]).

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Abb. 1 Gangränöse Demarkation des rechten Unterarmes bei einem Neugeborenen.
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Abb. 2 Magnetresonanztomographische Darstellung eines ausgedehnten Hirninfarktes im Stromgebiet der A. cerebri media und anterior bei demselben Neugeborenen wie in Abb.1.

Gerinnungslabor mit altersentsprechenden Werten für Thrombozyten (160 000/µl), Quick (60,5 %), Thrombinzeit (21,4 sec), partieller Thromboplastinzeit (33,4 sec), Fibrinogen (1,55 g / l), Protein C (39,8 %) und Protein S (68,4 %). Antithrombin (AT) III mit 20 % etwas erniedrigt, D-Dimere stark erhöht (> 35,3 mg / l). Ausschluss einer bakteriellen Infektion. Echokardiographisch keine intrakardialen Thromben.

Wegen des frischen Hirninfarktes Kontraindikation zur systemischen oder lokalen Lyse, daher Applikation von niedermolekularem Heparin s. c. mit zusätzlicher Substitution von Frischplasma und ATIII i. v. Dennoch musste der rechte Arm am 11. Lebenstag in Höhe des Ellenbogengelenkes amputiert werden. Im Amputat histologisch multiple arterielle Thromben mit konsekutiver Gangrän. Die ausführliche Diagnostik ergab einen AT-Mangel Typ IIb (Budapest) mit homozygoter Mutation im ATIII Gen beim Kind; beide Eltern sind heterozygot. Unter Dauertherapie mit Warfarin (INR 2–3) traten keine weiteren thrombotischen bzw. thromboembolischen Ereignisse auf. Aufgrund des Hirninfarktes entwickelte sich jedoch eine linksbetonte spastische Cerebralparese mit therapieresistentem Anfallsleiden und globaler Entwicklungsretardierung.

Ein weiteres Kind der Familie wurde 14 Monate später ebenfalls mit homozygotem ATIII-Defekt geboren, ist (nach vierwöchiger postnataler prophylaktischer ATIII-Substitution) jedoch bislang asymptomatisch geblieben.