ergopraxis 2016; 9(06): 12-13
DOI: 10.1055/s-0042-106908
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Powerfrau mit Sinn für Entspannung – Florence Kranz

Nora Sieweke

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Publication Date:
03 June 2016 (online)

 

Die Anforderungen im Job steigen. Und damit auch die Wichtigkeit betrieblicher Gesundheitsförderung. Florence Kranz erforschte, welche Maßnahmen die psychische Gesundheit positiv beeinflussen und welche wissenschaftlichen Belege es dafür gibt.


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Abb.: C. Kranz

Die Masterarbeit

Hohes Stresserleben im Beruf und ein wachsender Anteil an psychisch bedingten Fehlzeiten und vorzeitigen Berentungen zeigen: Dringend erforderlich sind Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung, die die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer schützen, fördern und stärken. Internationale Quellen bezeichnen dieses Arbeitsfeld als Workplace Mental Health Promotion (WMHP).

Florence Kranz ging in ihrer Masterarbeit der Frage nach, inwieweit sich die Wirkung von Maßnahmen der WMHP wissenschaftlich belegen lässt. Dabei untersuchte sie Effekte auf psychische Outcome-Parameter wie Stress und auf psychosoziale Outcome-Parameter wie Arbeitszufriedenheit und -motivation.

Betriebliche Gesundheitsförderung sollte Person und Organisation eines Unternehmens berücksichtigen.

Zuerst recherchierte sie systematisch nach relevanten Reviews und bewertete deren methodische Qualität anhand des AMSTAR. Aus insgesamt 10.584 Suchergebnissen entsprachen zehn Artikel ihren Einschlusskriterien und gelangten in die Auswertung. Um die Ergebnisse systematisch aufbereiten zu können, kategorisierte sie die evaluierten I nterventionen und unterschied jeweils, ob es sich um individuumsbezogene, organisationsbezogene oder Multikomponenten-Programme handelte. Anschließend half ihr das GRADE-System dabei, die Evidenzqualität der erzielten Effekte einzuschätzen.


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Ergebnisse

Florence Kranz fand Wirksamkeitsnachweise mit moderater bis sehr geringer Evidenzqualität, um Effekte der WMHP auf die psychische Gesundheit zu belegen. Demnach lässt sich bei individuumsbezogenen Interventionen mit moderater Evidenzqualität nachweisen, dass kognitiv-verhaltensbezogene Maßnahmen und Entspannungstraining Stress signifikant und stark reduzieren. Gleichzeitig erzielt das Entspannungstraining mittelstarke Effekte auf die allgemeine psychische Gesundheit und schwache Effekte auf Angst – ebenfalls mit moderater Evidenzqualität. Allerdings fehlen wissenschaftliche Belege dafür, dass individu-umsbezogene Interventionen auch psychosoziale Outcome-Parameter wie die Arbeitszufriedenheitvorteilhaft beeinflussen.

Anders sieht es bei organisationsbezogenen Interventionen aus wie die Schulung professioneller Kompetenzen, das trainierte Restruktu-rieren von Arbeitsinhalten, das Flexibilisieren von Arbeitszeiten oder partizipative Interventionen. Diese besitzen nachweislich das Potenzial, sich positiv auf psychische UND psychosoziale Outcome-Parameter auszuwirken. Die Nachweise hierfür besitzen allerdings überwiegend eine geringe bis sehr geringe Evidenzqualität.

Multikomponenten- Programme kombinieren individuums- und/oder organisationsbezogene Interventionen miteinander. Dabei lässt sich mit moderater Evidenzqualität belegen, dass sie mittelstarke Effekte auf Stress und leichte Effekte auf Angst erzielen. Außerdem geben die ausgewerteten Daten erste Hinweise darauf, dass sie die Arbeitszufriedenheit und -situation der Mitarbeiter verbessern können.


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Fazit

Möchten Arbeitgeber die Zufriedenheit und das psychische Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz steigern, sollten sie nicht nur auf Stressmanagement-Seminare oder Entspannungstrainings setzen. Stattdessen empfiehlt es sich, individuumsbezogene Interventionen mit organisationsbezogenen Maßnahmen zu kombinieren. So lassen sich neben psychischen auch arbeitsbezogene psychosoziale Outcome-Parameter positiv beeinflussen. Weitere Forschungen sollten solche kombinierten Maßnahmen systematisch untersuchen, längerfristige Effekte evaluieren und vermehrt Assessments mit salutogene-tischem Blickwinkel einsetzen.


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Fragen an Florence Kranz

Was gefällt dir besonders an der Ergotherapie, und was stört dich?
Ich finde den ergotherapeutischen Rundumblick spannend, der viele Spielräume zur kreativen Lösungsfindung bietet. Dabei schätze ich es, dass Ergotherapeuten neben eigenen Theorien und Ansätzen auch Bezugswissenschaften einbeziehen. Für den Beruf selbst wünsche ich mir zum Beispiel angemessenere gesundheitspolitische Rahmenbedingungen und im Zuge der Akademisie-rung ein besseres Image und interessante berufliche Perspektiven.

Wohin würdest du reisen, wenn du spontan eine Woche freibekämst?
Dann würde ich gerne ein paar Tage am Stück wandern, zum Beispiel durch Irland.

Welches Buch liest du momentan?
Keines. Wenn ich lese, dann überwiegend Fachliteratur. In meiner Freizeit versuche ich, den Kopf frei zu kriegen.

Und wie bekommst du in stressigen Arbeitsphasen den Kopf wieder frei?
Meine Familie und ich lieben die Natur, wir gehen gerne wandern oder besuchen Ausstellungen. Zeit mit meiner Tochter zu verbringen, genieße ich besonders. Beim Spielen mit ihr bin ich ganz im Moment.

Was ist dein Wunsch für die Zukunft?
Dass ich immer wieder interessante Projekte finde, an denen ich mitarbeiten kann, und dass ich gemeinsam mit Kollegen für die Ergotherapie etwas voranbringen kann.

Masterarbeit

Kranz F. Workplace Mental Health Promotion – Inspiration und Evidenz in der internationalen Literatur. Eine systematische Übersichtsarbeit. Masterarbeit an der Universität Koblenz-Landau; 2014


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Abb.: C. Kranz