Selbstsicherheit – Viele Übungen, aber die Tiefe fehlt

Beim Untertitel des Buchs „Selbstvertrauen erlangen und selbstsicher handeln“ dachte ich mir: Genau das brauche ich für eine bevorstehende Moderation und Präsentationsprüfung – eine Art Schnell-Coaching für verunsichernde Situationen. Schnelle Hilfe fand ich aber nicht. Der Ratgeber enthält viele Reflexions- und Imaginationsübungen, in denen es darum geht, wie man sich selbst sieht, welche Körperhaltung man einnimmt und wie man Distanz zu einer Kritik findet. Wir Ergotherapeuten sind es aber gewohnt, uns zu reflektieren. Wir wissen um die Wirkung positiver und negativer Gedanken, wie man Hindernisse im Leben erkennt und aus dem Weg räumt, wie man mit Kritik umgeht. Die beiden Diplom-Psychologinnen streuen theoretisches Wissen ein, vertiefen es aber nicht. Themen wie Achtsamkeit, Kommunikation oder Körpersprache werden lediglich kurz angerissen und sind auch nicht neu für Ergotherapeuten. Das Buch ist durch die vielen oft 20-minütigen Übungen schlecht in einem „Rutsch“ zu lesen. Es eignet sich aber, um sich kapitelweise mit einzelnen Themen zu beschäftigen, zum Beispiel wo es im Leben hingehen soll und wie man sicher auftritt.

Ergotherapeuten, die mit unsicheren Klienten in Psychiatrie, Coaching oder Beratung arbeiten, finden hier viele Fallbeispiele und Übungen wie einen Selbstsicherheitstest, eine Zielerreichungsskala und ein Mutprotokoll. Sie lassen sich auch online downloaden und ausdrucken. Klienten hilft das Buch nur, wenn sie so stabil und reflektiert sind, dass die Reflexionsübungen keine belastenden Wunden aufreißen.

Simone Gritsch, Ergotherapeutin BcOT (NL), Redakteurin bei ergopraxis seit 2008 aus Stuttgart