Schlüsselwörter
Typ-2-Diabetes - Betazellverlust - frühes Insulin - Insulin-unabhängige Behandlungsansätze
Keywords
diabetes type 2 - beta cell loss - early insulin - nion-insulin treatment options
Betazell-Verlust – eine veraltete These | Eine HOMA-β-Analyse der UK Prospective Diabetes Study (UKPDS) zeigte mit der Dauer
des Typ-2 Diabetes einen zunehmenden Betazell-Verlust [1]. Aus dieser Beobachtung wurde fast ein Dogma, das sich über viele Jahre gehalten
hat:
-
Je länger der Diabetes besteht, umso eher komme es zum Betazell-Versagen.
-
Daher solle / müsse sinnvollerweise eine Insulin-Substitution erfolgen.
Auch wurde angenommen, dass sich eine frühe Insulin-Therapie günstig auf die (Rest-)
Betazell-Funktion und die Stoffwechselkontrolle auswirkt.
Reversible Betazell-Dysfunktion | In den letzten Jahren haben sich die Erkenntnisse der Forschung tiefgreifend gewandelt.
Die Verfügbarkeit neuer Therapieansätze verändert möglicherweise auch den bisher als
„natürlich“ angesehenen Krankheitsverlauf. Neuere Endpunkt-Studien [2] haben zudem weitere Fragen und Zweifel am Vorteil einer frühen Insulintherapie aufgeworfen.
Immer mehr Studien stellen das alte Weltbild des (permanenten) Verlustes der Insulinsekretion
in Frage und diskutieren eher eine Betazell-Dysfunktion als einen Betazell-Verlust.
So hat eine Änderung der Mahlzeitenfolge (z. B. großes vs. kleines Abendessen) u.
a. die Insulin-Sekretion bei Menschen mit langjährigem Typ-2-Diabetes verbessert:
Es kam zur „Restauration“ der Betazell-Funktion [3]. Eine weitere Beobachtung betraf die Insulinsekretion nach bariatrischer Chirurgie:
Sie verbesserte sich drastisch [4], [5].
Neue Antidiabetika statt Insulin | Einige Studien haben gezeigt, dass die Gabe von GLP1-Rezeptor-Agonisten anstelle
von Basal-Insulin oder sogar auch Mahlzeiten-Insulin
-
eine äquipotente Einstellung des Glukosestoffwechsels mit weniger Hypoglykämien erlaubt
und
-
zudem auch noch das Körpergewicht und den Blutdruck positiv verändert [6], [7], [8], [9], [10], [11], [12].
Es wird daher mit Recht gefragt, ob Insulin wirklich die effektivste Injektionstherapie
bei Diabetes mellitus Typ 2 ist [13]. In dem ADA / EASD-Positionspapier werden z. B. die GLP1-Agonisten als Alternative
zur Insulintherapie genannt [11].
Kombinationstherapie | Durch die Kombination von langwirksamem Basal-Insulin und GLP1-Rezeptor-Agonisten
kommt es zu eindrucksvollen Verbesserungen des Stoffwechsels, aber auch anderer Faktoren
des Metabolischen Syndroms – ein weiterer Hinweis dafür, daß die Gabe von Mahlzeiteninsulin
nicht unbedingt immer nötig ist. Die Kombination neuerer oraler Ansätze kann den Insulin-Bedarf
verschieben: So verbessert eine Dreifach-Kombination oraler Antidiabetika, z. B.
Verschiedene Insulinformen | Es muss auch die Frage beantwortet werden, was mit Insulintherapie genau gemeint
ist und wie die Datenlage aussieht, z. B. bei folgenden Varianten:
-
Basal-Insulin: Die orale Therapie muss weitergeführt werden, ein einfacher Einstieg
ist möglich, die Prognose verbessert sich jedoch nicht.
-
Supplementäre Insulintherapie: Die Gabe von kurzwirksamem Insulin soll postprandiale
Spitzen therapieren.
-
Basal-Bolus-Therapie (langwirksames Basal- und kurzwirksames Mahlzeiten-Insulin):
Die orale Therapie kann (teilweise) weitergeführt werden oder wird komplett abgesetzt.
Bis heute fehlen saubere randomisierte kontrollierte Studien, die die Überlegenheit
einer der Insulin-Varianten gegenüber der konvenitonellen Therapie zeigen.
Mehr Daten! | Die derzeitige Datenlage für die (frühe) Insulintherapie ist dünn. Sinnvollerweise
sollte diese am besten gleich gegen die neuen Nicht-Insulin-Therapeutika getestet
werden. Denn diese haben wenigstens über einen Zeitraum von 3–4 Jahren gezeigt, dass
sie im Vergleich zum Insulin bei gleichwertiger Glukosesenkung
mit sich bringen. Dies ist aus der Sicht des modernen kardio-metabolischen Risikomanagements
bei Typ-2-Diabetes vorteilhaft. Außerdem gibt es für „die Neuen“ auch Daten zur kardiovaskulären
Sicherheit (EXAMINE, SAVOR, TECOS, ELIXA [15], [16], [17], [18] und sogar Überlegenheit [19], [20]. Leider ist die Bedeutung dieser neuen Erkenntnisse (noch) nicht überall erkannt,
so dass diese Optionen noch nicht routinemäßig in die Therapieentscheidung einbezogen
werden.