Zusammenfassung
Hintergrund: Empirische Untersuchungen zu stigmatisierenden Einstellungen gegenüber Krebspatienten liegen für den deutschen Sprachraum nicht vor. Die vorliegende Studie untersucht die Zustimmung zu stigmatisierenden Aussagen in der deutschen allgemeinen Bevölkerung und prüft den Zusammenhang mit soziodemografischen Merkmalen sowie den wahrgenommenen Ursachen von Krebs.
Methoden: Eine repräsentative Stichprobe aus der deutschen Allgemeinbevölkerung wird analysiert (n=2 420, Durchschnittsalter: 52 Jahre, 54% Frauen). Zustimmungen zu stigmatisierenden Aussagen werden mit einer 9-Item-Skala erfasst.
Ergebnisse: Zwischen 3,6% (Item: mit Krebspatienten beruflich zusammenarbeiten) und 18,9% (Item: dasselbe Geschirr wie Krebspatient benutzen) stimmen stigmatisierenden Aussagen zu. Die wahrgenommenen Ursachen von Krebskrankheiten, die mit einem potenziell hohen Maß an Eigenverantwortung einhergehen, zeigen nur schwache Korrelationen mit der Zustimmung zu stigmatisierenden Aussagen (alle r<0,31). Die stärksten Prädiktoren (alle p<0,01) für eine stigmatisierende Einstellung sind keine persönlichen Kontakte zu Krebskranken (Beta=-0,26), Alter >60 Jahre (Beta=0,1) und die Annahme, sich gut gegen Krebs schützen zu können (Beta=0,11). Weitere Einflussgrößen für die Zustimmung zu stigmatisierenden Aussagen sind männliches Geschlecht und Wohnen in ländlichen Gebieten.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen insgesamt nur geringe Zustimmung zu stigmatisierenden Aussagen. Weitere Studien sollten auf der Grundlage spezifischer methodischer Instrumente stigmatisierende Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber Krebspatienten erfassen.
Abstract
Objective: To investigate stigmatizing attitudes towards cancer patients in the general population and to examine their association with socio-structural characteristics and perceived causes of disease.
Methods: We recruited a representative sample from the German general population (n=2420; mean age: 52 years; 54% women). Stigmatizing attitudes were assessed with a 9-item scale. Predictors of stigmatizing attitudes were identified using a regression analysis.
Results: Agreement with stigmatization items ranged from 3.6% (item: work together with a cancer patient) to 18.9% (item: use the same dishes as a cancer patient). Perceived causes of disease with a high levels of personal responsibility showed only weak correlations with stigmatizing attitudes (all r<0.31) and were partially statistical significant (e. g. food intake) or not significant (e. g. alcohol). The strongest predictors of stigmatizing attitudes were lack of cancer-related experiences (Beta=-0,26), age <60 years (Beta=0,1) and the assumption that one cannot protect oneself from cancer (Beta=0,11) (all p<0.001). Further predictors were male gender and living in rural area (p<0.01).
Conclusion: The results demonstrate a need for further research and the development of valid methodological instruments to assess stigmatization towards cancer patients.
Schlüsselwörter
soziale Distanz - Krebs - Stigma - Stigmatisierung - Psychoonkologie
Keywords
social distance - cancer - stigma - stigmatization - psycho-oncology