VPT Magazin 2022; 08(01): 10-11
DOI: 10.1055/s-0041-1742061
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FACHWISSEN TEILEN IN JOURNAL CLUBS: 5 FRAGEN AN STEFAN SCHÄDLER

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„Ich habe aus den Studien so viel gelernt, dass ich immer wieder Neues ausprobieren kann.“


Stefan Schädler ist Physiotherapeut mit eigener Praxis im Schloss Sumiswald in der Schweiz. Auf seiner Website bespricht er regelmäßig neue Studien: www.stefanschaedler.ch/journal-club/

Lebenslanges Lernen macht Spaß und ist auch absolut notwendig. Das gilt auch für Physiotherapeut*innen. Es passiert so viel in der Forschung und es gibt immer wieder neue Fragen und relevante Lösungen.

In einer Gruppe zu lernen, macht vielen Physiothera-peut*innen mehr Spaß als allein zuhause im stillen Kämmerlein. Journal Clubs sind eine gute Möglichkeit, fachlich auf dem Laufenden zu bleiben und Forschungsergebnisse mit Kolleg*innen zu diskutieren und einzuordnen. Hinzu kommt ein – nicht nur in Corona-Zeiten – praktischer Vorteil solcher Clubs: Sie können sich problemlos immer und überall online treffen.

Für euch haben wir mit Stefan Schädler, Physiotherapeut, Autor und Referent in der Schweiz, über Journal Clubs gesprochen.

Was ist ein Journal Club und was ist das Ziel eines Journal Clubs?

Als Journal Club wird im akademischen Bereich ein Treffen von Wissenschaftler*innen bezeichnet, bei dem aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen vorgestellt und kritisch diskutiert werden. Meist finden diese Diskussionen auf der Ebene von Arbeitsgruppen statt und setzen sich mit den Forschungsthemen auseinander, die für die jeweiligen Gruppen relevant sind. Aus meiner Sicht als Praktiker ist es vor allem wichtig, dass die Studien von praktischem Interesse sind. In einem Journal Club lernt ihr 1. Studien kritisch zu beleuchten, wie z.B.: Für welche Patientengruppe gelten die Studienresultate? Wo können methodologische Probleme in einer Studie auftreten? Wo lauern Fehlinterpretationen? Außerdem erfahrt ihr, wie sich 2. ein praktischer Nutzen aus der Studie ziehen lässt.

Braucht man eine qualifizierte Person in einem Journal Club?

Es ist natürlich toll, wenn eine wissenschaftlich ausgebildete Person mit dabei ist, aber dies ist nicht zwingend notwendig. Denn es gibt auch eine Art Notlösung: Man kann auf PEDro[*] nach Studien suchen. Dort werden Studien bewertet. Dies kann euch zunächst als Grobeinschätzung dienen.

Gibt es eine Mindestanzahl an Personen, die gut ist für einen Journal Club?

Es gibt keine festgelegte Mindestanzahl an Personen. Ihr könnt auch schon zu zweit einen Journal Club gründen.

Welche Studien eignen sich gut für einen Journal Club?

Wenn ihr das erste Mal mit Studien arbeitet, dann sucht euch natürlich keine allzu komplexe und schwierige Studie aus. Für den Anfang eignen sich Studien gut, mit denen ihr eine Fragestellung aus einem alltäglichen Patient*innen-Problem beantworten wollt, wie z.B. die Frage, ob sich ein Ausdauertraining bei einer bestimmten Patient*innengruppe positiv auf deren Grunderkrankung auswirkt. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es super ist, wenn man Studien aus verschiedenen Bereichen bearbeitet, wie z.B. Medizin, Muskuloskelettal, Geriatrie und Neurologie.

Was ist bei der Bearbeitung von Studien zu beachten?

Studienresultate kann man nicht einfach auf alle Patient*innen übertragen. Ihr müsst euch immer fragen: Für welche Patienten*tinnengruppe gelten diese Resultate? Wie kann ich die Studie auf meine Patient*innen oder eine ausgewählte Patient*innengruppe übertragen? Ebenso bringt ihr Studien am besten immer in einen Gesamtkontext. Wichtig ist auch, dass ihr beachtet, dass man nicht alle Studien einfach so miteinander vergleichen kann. Wenn man zu einem speziellen Thema eine gute Übersicht über die Evidenzlage bekommen will, empfiehlt es sich, nach einer Übersichtsarbeit zu suchen. So ein systematisches Review fasst aktuelle Forschungsergebnisse zusammen, basierend auf der Literatur. Jede Studie schließt ja mit einer Publikation ab. Silke Fuchs

ZUM WEITERLESEN

Artikel zum Thema Literaturrecherche und Datenbanken:

Bagusche S. Wissenschaftliches Schreiben. Teil 2: Literaturrecherche. physioscience 2017; 13: 179–185

Du Prel J. Röhrig B. Blettner M. Kritisches Lesen wissenschaftlicher Artikel. Teil 1 der Serie zur Bewertung wissenschaftlicher Publikationen. Dtsch Ärztebl 2009; 106: 100–105

Niedermair K. Recherchieren und Dokumentieren. Der richtige Umgang mit Literatur im Studium. Stuttgart: UTB; 2010

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Teilt uns gerne eure Erfahrungen aus Journal Clubs mit. Könnt ihr das theoretisch gesammelte Wissen gut in euren therapeutischen Alltag integrieren? Macht es euch Spaß, miteinander im Austausch zu stehen und euch gegenseitig zu unterstützen? Wir freuen uns, wenn ihr uns von euren Erfahrungen berichtet. Eine Auswahl eurer Statements veröffentlichen wir auf VPTnext, den jungen Seiten in eurem VPTMAGAZIN!

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Publication History

Article published online:
04 January 2022

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