Einleitung Zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie war eine Risikobewertung der
postpartalen vertikalen Transmission infizierter Mütter bei Bonding und
Stillen nicht möglich. Die resultierende Unsicherheit mit initialen
Maßnahmen des Stillverzichts und der Trennung infizierter Mütter von
ihren Kindern wich mit wachsender Datenlage: Rooming-In und Stillen unter
Hygienemaßnahmen erhöhen die Infektionsrate der Säuglinge
nicht [Ronchi et al. JAMA Pediatr 2020]. Internationale Berichte zu
frühzeitigen Entlassungen und reduzierter Stillunterstützung in der
Folge pandemiebedingter Anpassungen des Kliniksmanagements [Perrine et al. MMWR
2020] werfen die Frage des Stillmanagements und Stillverhaltens bei
SARS-CoV-2-Infektion oder COVID-19-Erkrankung in Deutschland auf.
Untersucht wird das Stillverhalten im Kollektiv des nationalen CRONOS-Registers unter
Berücksichtigung der Charakteristika sowie des Outcomes von Mutter und Kind.
Ergänzend wird das innerklinische Still- und Pandemiemanagement an den am
CRONOS-Register teilnehmende Kliniken erhoben.
Material/Methode Bis zum 20.05.2021 wurden 2201 Schwangere aus 109
Zentren mit gesicherter, intragravide diagnostizierter SARS-CoV-2-Infektion in
CRONOS registriert. Es werden die Daten aller registrierten Fälle unter
Ausschluss von maternalen (n=2) und fetalen (n=39)
Todesfällen ausgewertet. Neben der Deskription des Stillverhaltens innerhalb
der Kohorte (n=2160), wird diese in Abhängigkeit von Charakteristika
der Schwangerschaft, der SARS-CoV-2-Infektion bzw. COVID-19-Erkrankung sowie des
Geburtsoutcomes berichtet. Sekundär werden in CRONOS registrierte Frauen mit
einer positiven SARS-CoV-2-PCR binnen 14 Tagen präpartal gesondert nach
selbigen Gesichtspunkten analysiert.
Ergebnisse Von 2160 Frauen wurden für 1604 (74,3%) Angaben zur
Ernährung mit Muttermilch gemacht: 93,1% (1494/1604) der
Kinder wurden mit Muttermilch ernährt, 6,9% (110/1604)
nicht. Unter den mit Muttermilch ernährten Kindern wurden 54,4%
(813/1494) voll und 16,7% (249/1494) teilweise gestillt, in
2,7% (41/1494) wurde abgepumpte Milch gefüttert; für
391 Fälle (26,1%) wurden keine Angaben gemacht. Im Falle verneinter
Muttermilchgabe wurde in 21,8% (24/110) COVID-19 als Hauptgrund
für, in 66,4% (73/110) war COVID-19 nicht als Ursache des
Stillverzichts angegeben; für 11,8% (13/110) lag keine
Angabe vor.
Diskussion Mit 93,1% ist die Stillrate im CRONOS-Kollektiv hoch. Zudem
wurde bei Nicht-Stillenden in weniger als 22% die SARS-CoV-2-Infektion als
Hauptgrund genannt. Mögliche Einflüsse auf das Stillverhalten werden
in weiteren Analysen in Abhängigkeit des jeweiligen lokalen Stillmanagements
Berücksichtigung finden. Eine standardisierte Online-Umfrage unter den
geburtshilflichen und neonatologischen Verantwortungsträger ist zum jetzigen
Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.