Aktuelle Neurologie 2016; 43(02): 101
DOI: 10.1055/s-0041-111810
Buchbesprechung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chirurgie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien

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Publication Date:
15 March 2016 (online)

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Als Assistent und später Oberarzt an der Neurologischen Universitätsklinik Mainz habe ich persönlich relativ viele Patienten für 2 randomisierte zerebrovaskuläre Therapiestudien (Chirurgie vs. alleinige medikamentöse Behandlung) rekrutiert. Dies waren die internationale Extrakranielle-Intrakranielle (EC-IC) Bypass-Studie bei ACI-Verschlüssen mit bekannterweise negativem Ergebnis und die European Carotid Surgery Trial (ECST) bei symptomatischen Karotisstenosen mit differenzierten und durch eine nordamerikanische Studie ergänzten Ergebnissen hinsichtlich der Operationsempfehlung symptomatischer Stenosen. Eines der Bonmots des inzwischen über 90-jährigen Henry J. M. Barnett (https://en.wikipedia.org/wiki/Henry_J._M._Barnett), dem neurologischen Initiator der EC-IC-Bypass-Studie aus London, Ontario, Kanada, lautete: „Surgeons always talk about how they operate, never why“. Dieser Satz gilt praktisch uneingeschränkt auch für das vorliegende Buch.

Obwohl ein Neurologe (A. Kauert) Koautor ist, wird die für unsere Fachdisziplin nicht unwesentliche Frage der Indikationsstellung von gefäßchirurgischen Eingriffen in wenigen Zeilen wenig differenziert abgehandelt(S. 15): „Grundsätzlich gibt es 2 Indikationen für die Rekonstruktion stenosierter extrakranieller hirnversorgender Arterien: Ischämie mit neurologischen Ausfällen (und) prophylaktische Behebung eines Befundes, der bei Progredienz oder unter ungünstigen Umständen (Hypotonie, flottierender Thrombus) zur Perfusionsminderung mit zentralen Funktionsausfällen führen kann“. Den für Neurologen ebenfalls nicht ganz unerheblichen Aspekt der Komplikationsrate gefäßchirurgischer Eingriffe sucht man vergeblich.

Fazit: Dies ist kein Buch für Neurologen, sondern für Gefäßchirurgen! Von den Autoren wird aber auch nichts anderes behauptet, sondern sie machen schon im Vorwort deutlich, dass sie sich aus kontrovers diskutierten Diskussionen wie methodischen Aspekten (z. B. offene vs. endovaskuläre Verfahren) oder der Indikationsstellung bei asymptomatischen Patienten bewusst heraushalten. Umso wichtiger erscheint die Forderung, dass alle Patienten vor einem operativen Eingriff an den hinzuführenden Arterien von einem Neurologen gesehen und beraten werden sollten.

Die Ausstattung mit fast 600, teilweise farbigen Abbildungen ist gewohnter Thieme-Standard, der Preis angemessen.

Günter Krämer, Zürich