Neonatologie Scan 2015; 04(04): 317-334
DOI: 10.1055/s-0041-106788
Fortbildung
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Klinische, mikrobiologische und laborchemische Diagnostik bakterieller Infektionen bei Früh- und Reifgeborenen

Standardvorgehen und Perspektiven
Michael Zemlin
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Publication Date:
04 December 2015 (online)

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Einleitung

Klinische Infektzeichen entstehen aus dem Zusammenspiel des Infektionserregers mit dem Wirt. Dabei kommt der Immunreaktion des Wirtes eine wichtige Rolle zu. Grundproblem der Infektionsdiagnostik ist, dass in aller Regel nicht der Erreger selbst, sondern die (Immun-)Antwort des erkrankten Organismus zu Symptomen führt. Bei Neugeborenen und bei Patienten mit Immundefekten kann es zu einer verzögerten oder geschwächten Abwehrreaktion kommen, sodass klinische Symptome und laborchemische Veränderungen erst sichtbar werden, wenn die Infektion bereits bedrohlich fortgeschritten ist. Darüber hinaus sind die Symptome einer systemischen Infektion (Sepsis) häufig unspezifischer als bei einer lokal begrenzten Infektion.

Da sich das Immunsystem pausenlos mit der Normalflora und (potenziell) pathogenen Erregern auseinandersetzt, ist nicht jede Erhöhung der sog. Infektparameter mit einer lebensbedrohlichen Infektion verbunden, und es muss im Einzelfall eine Risikoabwägung zwischen antimikrobieller Therapie und Abwarten getroffen werden. Vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, dass Leitlinien für die Infektionsdiagnostik beim Neugeborenen in vielen Punkten einen geringen Evidenzgrad reflektieren, sich untereinander widersprechen können und einem raschen Wandel unterliegen.