Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50(2): 77
DOI: 10.1055/s-0041-100521
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wissenschaft, die Wissen schafft?

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Publication Date:
03 March 2015 (online)

Die Wissenschaft – das sind echte Fakten, Zahlen, sichere Werte. Man beginnt ein naturwissenschaftlich orientiertes Studium häufig mit dem festen Glauben, dass in den Parametern, hinter Namen wie Chi-Quadrat- oder t-Test, die Wahrheit leuchtet; endlich ein hieb- und stichfestes Abbild der Realität. Dann dringt einem nach und nach ins Bewusstsein, dass dies nicht unbedingt stimmt. Skandale um gefälschte oder ein wenig geschönte Studien kommen immer wieder ans Licht.

Vor kurzem ging der Fall der indischen Firma GVK Biosciences nicht nur durch die Fachpresse. Scheinbar führte sie Bioäquivalenzstudien nicht korrekt durch. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichte im Dezember 2014 eine Liste mit 80 Präparaten, bei denen wegen invalider Studiendaten ein Ruhen der Zulassung angeordnet wurde.

Auf der anderen Seite ist jedem von uns klar, dass wir qualitativ hochwertige Studien benötigen, um evidenzbasiert arbeiten zu können und den Patienten die bestmögliche Behandlung zu ermöglichen. Und wer begeistert sich nicht für spannende exotische Studienergebnisse, die etwas ganz Neues aufzeigen? Als Beispiel sei die Studie von Sorge et al. genannt (Nat Methods 2014; 11: 629–632), deren Fazit darauf hinweist, dass ein Cocktail von Chemosignalen aus Männerschweiß zu stressinduzierter Analgesie bei Nagetieren führt. Dieser „männliche Experimentator-Effekt“ könnte die Ergebnisse bisheriger Tierforschung infrage stellen – die Wissenschaft prüft sich im Idealfall selbst.

Ziel für uns muss sein, sowohl die eigenen als auch fremde Studiendesigns und -ergebnisse stets kritisch zu durchleuchten. Die AWMF hat darauf hingewiesen, dass nur noch ca. die Hälfte der angehenden Mediziner einen Doktortitel erwirbt; damit gehe der Medizin seit rund 10 Jahren der Forschungsnachwuchs kontinuierlich verloren. Sie empfiehlt, im Studium stärker wissenschaftliches Arbeiten in den Vordergrund zu stellen, z. B. mittels Methodenkursen zur Grundlagenforschung und zu klinischen Studien. Das wäre vielleicht ein Ansatz, der den Medizinern von morgen nicht nur das wissenschaftliche Arbeiten, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit den Ergebnissen anderer nahebringt.

Wir wünschen Ihnen bei der Lektüre dieser Ausgabe neue und spannende Erkenntnisse!

Mit herzlichen Grüßen

Ihre Herausgeber und Ihre Redaktion

Herausgeber

G. Geldner, Ludwigsburg

T. Hachenberg, Magdeburg

W. Koppert, Hannover

G. Marx, Aachen

N. Roewer, Würzburg

J. Scholz, Kiel

C. Spies, Berlin

H. Van Aken, Münster

H. Wulf, Marburg

K. Zacharowski, Frankfurt/Main

Experten-Panel

M. Adamzik, Bochum

B. Bein, Hamburg

E. Biermann, Nürnberg

J. Biscoping, Karlsruhe

B. Böttiger, Köln

M. Bucher, Halle

H. Bürkle, Freiburg

V. von Dossow, München

L. Eberhart, Marburg

U. Ebmeyer, Magdeburg

M. Fischer, Göppingen

J. Graf, Stuttgart

S. Grond, Detmold

U. Kaisers, Leipzig

C. Kill, Marburg

S. Kozek-Langenecker, Wien

P. Kranke, Würzburg

L. Lampl, Ulm

J. Martin, Ludwigsburg

A. Meißner, Soest

C. Nau, Lübeck

J. Pfefferkorn, Stuttgart

J. Roesner, Rostock

P. Rosenberger, Tübingen

M. Schäfer, Berlin

T. Schnider, St. Gallen

T. Schürholz, Aachen

U. Schwemmer, Neumarkt

T. Standl, Solingen

F. Stüber, Bern

R. Sümpelmann, Hannover

T. Volk, Homburg/Saar

A. Walther, Stuttgart

F. Wappler, Köln

E. Weis, Nürnberg

C. Wunder, Würzburg

Organschaften

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