Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50(3): 166-173
DOI: 10.1055/s-0040-100306
Fachwissen
Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neue kurzwirksame Lokalanästhetika in der Spinalanästhesie – Altbewährte Substanzen für ambulante Eingriffe

New short-acting local anaesthetics for spinal anaesthesia – Well-tried substances for ambulatory surgery
Marc D Schmittner
,
Volker Gebhardt
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Publication Date:
07 April 2015 (online)

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Zusammenfassung

Operative Eingriffe werden zunehmend im ambulanten Sektor durchgeführt. Vielen Patienten wird eine Spinalanästhesie vorenthalten, obwohl sie eine Reihe von Vorteilen bietet. Durch innovative Formulierungen altbekannter Lokalanästhetika entstehen „neue“ Substanzen, die sich durch eine schnelle Anschlagszeit, eine kurze Wirkdauer, weniger Nebenwirkungen sowie eine geringe Inzidenz transienter neurologischer Symptome (TNS) ideal für ambulante Eingriffe eignen. Seit Kurzem sind die beiden Lokalanästhetika Prilocain 2% hyperbar und Chloroprocain 1% ohne Konservierungsmittel in Deutschland für die Spinalanästhesie zugelassen. Zusätzliche perioperative Maßnahmen, wie der Einsatz atraumatischer, dünner Spinalkanülen (z. B. 25G oder 27G), ein restriktives Flüssigkeitsregime und eine frühe Patientenmobilisierung, führen zu einer weiteren Reduktion von Nebenwirkungen. Die neue S1-Leitlinie der DGAI zur Durchführung der Spinalanästhesie bei ambulanten Patienten ermutigt uns Anästhesisten, dieses Verfahren zunehmend im ambulanten Bereich einzusetzen.

Abstract

More and more operative procedures are performed in an ambulatory setting. Many patients are denied spinal anaesthesia, although it provides several advantages. Innovative pharmaceutical formulations of well-tried local anaesthetics have created “new“ substances that are ideal for ambulatory surgery due to their fast onset, short duration of action, and very low incidence of complications such as transient neurological symptoms (TNS). Both hyperbaric prilocaine 2% and preservative-free chloroprocaine 1% were recently approved for spinal application in Germany. Additional perioperative measures, such as the use of atraumatic, thin spinal needles (25 or 27G), restrictive volume management, and early patient mobilisation, lead to a further reduction of complications. The new S1 guideline of the German Society of Anaesthesiology and Intensive Care Medicine encourages us anaesthetists to use spinal anaesthesia more frequently in an ambulatory setting.

Kernaussagen

  • Die Spinalanästhesie ist ein geeignetes Anästhesieverfahren für ambulante Eingriffe.

  • Eine Reihe von Argumenten gegen den Einsatz der Spinalanästhesie bei ambulanten Operationen lässt sich bei näherer Betrachtung entkräften.

  • Die aktuelle S1-Leitlinie der DGAI „Rückenmarksnahe Regionalanästhesien und Thromboembolieprophylaxe / antithrombotische Medikation“ muss im Zusammenhang mit schwerwiegenden neurologischen Komplikationen beachtet werden.

  • Lidocain und Mepivacain sollten aufgrund des häufigen Auftretens von TNS nicht mehr intrathekal appliziert werden.

  • Dünne, atraumatische Punktionskanülen (z. B. 25 G oder 27 G) senken das Risiko für postspinalen Kopfschmerz.

  • Kurzwirksame Lokalanästhetika, ein restriktives Volumenmanagement sowie eine frühe Patientenmobilisierung mindern das Risiko eines Harnverhalts.

  • Jeder Patient sollte ein multimodales Schmerzkonzept erhalten.

  • Eine Spinalanästhesie unterhalb des Segments T5 verringert das Risiko einer therapierelevanten Hypotonie und Bradykardie.

  • Durch innovative Formulierungen altbekannter Substanzen wie Articain, Prilocain und Chloroprocain entstehen „neue“ Lokalanästhetika, die sich durch eine schnelle Anschlagszeit, eine kurze Wirkdauer sowie eine geringe TNS-Inzidenz ideal für ambulante Eingriffe eignen.

Ergänzendes Material