Einleitung:
Ziel dieser Studie war die Abschätzung der klinischen Bedeutung von Insuffizienzfrakturen
des Os sacrum.
Methode:
Eine selektive Literaturrecherche wurde in PubMed und GoogleScholar zu bildgebender
Diagnostik, Beckenfraktur, sakrale Insuffizienzfraktur, Os sacrum, Osteosynthese,
Schmerztherapie, Sakroplastie und Zementaugmentation durchgeführt. Von 1986 Abstracts
wurden 215 relevante Artikel im Volltext ausgewertet, wobei Originalarbeiten, Übersichtsartikel
und Fallbeschreibungen inkludiert wurden.
Ergebnisse:
Als wichtigste Risikofaktoren für das Auftreten von Sakruminsuffizienzfrakturen gelten
das weibliche Geschlecht, das Alter > 70 Jahre und vorhandene Osteoporose. Bei Patienten
solcher Risikogruppen wird eine Inzidenz bis zu 5% vermutet, bei Patienten > 80 Jahren
noch deutlich höher. Starke, meist akut auftretende, immobilisierende Kreuz-, Gesäß-,
und Leistenschmerzen stehen klinisch im Vordergrund. Diese Frakturen sind auf konventionellen
Röntgenaufnahmen schwierig zu diagnostizieren, sie werden prospektiv bis zu 70% nicht
erkannt. Für die Frakturdetektion hat die MRT mit ca. 100% die höchste Sensitivität
und ist damit der CT überlegen. Nach Denis et al. werden eine transalare (Typ 1),
transforaminale (Typ 2) und zentrale (Typ3) Frakturverlaufszone unterschieden, zusätzliche
horizontale Frakturausläufer kommen vor. Bilaterale Frakturen sind hierbei häufiger
als unilaterale. Zunächst eingeleitete konservative Maßnahmen bedingen durch die Immobilisierung
weitere Komorbiditäten sowie eine Verschlechterung des muskuloskelettalen Systems
und bringen häufig erst langfristig eine klinische Besserung. Lediglich Patienten
mit geringen Ausgangsschmerzen lassen sich frühzeitig mobilisieren und profitieren
von diesen Maßnahmen. Bei nicht-dislozierten Typ IIa Frakturen nach der Fragility
Fractures of the Pelvis Klassifikation bietet sich die perkutane Zementeinbringung
als minimalinvasive effektive Schmerzbehandlung an. Hierbei kommen unterschiedliche
Verfahren zum Einsatz. Als Komplikation sind mögliche symptomatische Zementleckagen
zu bedenken. Bei Patienten mit instabilen Frakturen können perkutane Schrauben-, Platten-
oder spinopelvine Osteosynthesen in Erwägung gezogen werden.
Diskussion:
Die Inzidenz von Insuffizienzfrakturen des Os sacrum wird in Zukunft weiter steigen.
Zur Vermeidung einer konsekutiven Invalidisierung ist eine schnelle Diagnostik und
multimodale, interdisziplinäre Therapie notwendig. Patienten mit geringen Schmerzen
können konservativ behandelt werden. Patienten mit staken Schmerzen und nicht-dislozierten
Frakturen profitieren von einer Zementaugmentation effektiv und nachhaltig. Patienten
mit immobilisierenden Schmerzen und instabilen Frakturen sollten rechtzeitig osteosynthetisch
versorgt werden. Eine leitliniengerechte Osteoporosetherapie, möglichst osteoanabol,
ist in der Regel im weiteren Verlauf notwendig.