Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 2007; 35(06): 421-429
DOI: 10.1055/s-0038-1622648
Hund/Katze
Schattauer GmbH

Epidemiologische Situation der kaninen Leptospirose in Norddeutschland in den Jahren 2003–2006

Eine retrospektive StudieEpidemiologic situation of canine leptospirosis in the Northern states of Germany in the years 2003–2006A retrospective study
T. Gerlach
1   Aus der Klinik für Kleintiere (Direktor: Prof. Dr. I. Nolte) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
,
I. Stephan
1   Aus der Klinik für Kleintiere (Direktor: Prof. Dr. I. Nolte) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
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Publication History

Eingegangen: 15 May 2007

akzeptiert: 18 July 2007

Publication Date:
04 January 2018 (online)

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Zusammenfassung:

Gegenstand und Ziel: Der auch in Deutschland nachvollziehbare epidemiologische Wandel der kaninen Leptospirose ist beunruhigend, da als Immunprophylaxe weiterhin nur der Anfang der siebziger Jahre in Europa eingeführte bivalente Impfstoff gegen L. icterohaemorrhagiae und canicola zur Verfügung steht. Ziel dieser Veröffentlichung ist, die Serovarverteilung von Leptospira interrogans mithilfe des serologischen Antikörpernachweises (Mikroagglutinationstest, MAT) und dem Erregernachweis (Polymerasekettenreaktion, PCR) festzustellen und das klinische Erscheinungsbild sowie das jahreszeitliche Vorkommen von Krankheitsfällen zu analysieren. Durch diese Arbeit sollen die Tierärzte für die geänderte epidemiologische Situation der Leptospiren in Deutschland sensibilisiert werden. Ferner soll eine kritische Betrachtung der aktuell geführten Impfdiskussion im Hinblick auf die Leptospirose erfolgen. Material und Methoden: In dieser Studie wurden 442 untersuchte Serum- und Urinproben von Hunden mit erhöhten Nierenund/oder Leberenzymwerten aus dem Zeitraum 2003–2006 retrospektiv ausgewertet. Ergebnisse: Im genannten Zeitraum wurden in Norddeutschland beim Hund am häufigsten die Serovare Bratislava, Copenhageni, Grippotyphosa, Pomona, Saxkoebing und Sejroe nachgewiesen. Schlussfolgerung und klinische Relevanz: Da der Mensch grundsätzlich für alle diese Serovare ebenfalls empfänglich ist, entsteht besonders für bestimmte Berufsgruppen, die einen engen Kontakt mit diesen infizierten Tieren bzw. ihren Ausscheidungen haben (z. B. Tierärzte, Tierarzthelfer und Tierpfleger) eine zunehmende Gefährdung. Bei Hunden mit schweren unspezifischen Krankheitssymptomen und erhöhten Nieren- bzw. Leberenzymwerten sollte auch bei gültigem Impfnachweis eine Leptospirosediagnostik zu den Routineuntersuchungen gehören und strenge prophylaktische Hygienemaßnahmen beim Umgang mit dem Patienten und den Proben (Urin, Serum) getroffen werden. Der Serovarwechsel macht eine zeitnahe Erweiterung der Impfstoffe um die aktuell prävalenten Serovare erforderlich.

Summary:

Objective: The epidemiologic change in canine leptospirosis also observed in Germany is very disquieting since the only immunoprophylaxis available is the bivalent vaccine against L. icterohaemorrhagiae and canicola which was introduced in Europe in the 1970s.The purpose of this publication is to sensitize practicing veterinarians to the altered epidemiologic situation of leptospires in Germany and to consider the present discussion about vaccination with regard to leptospirosis critically. Material and methods: In this study a total of 442 serum and urine samples of dogs with increased urea and creatinine and/or increased hepatic enzyme activity from 2003 to 2006 were examined and evaluated retrospectively. Results: At present the L. interrogans serovars Grippotyphosa, Bratislava, Copenhageni, Pomona, Saxkoebing and Sejroe represent the most common infecting serovars for dogs in the Northern states of Germany. Conclusions and clinical relevance: Because humans are susceptible for each of these serovars especially specific occupational groups with a lot of contact to infected animals and their excretions such as veterinarians, their assistants and animal attendants are exposed to increasing danger. This change of serovar necessitates a timely expansion of the vaccines to include the currently prevalent serovars.