Zusammenfassung
Genetische, endokrinologische, kulturelle und soziale Faktoren bewirken bei der Entstehung
und Ausprägung der Adipositas umfassende Geschlechterunterschiede. Diese lassen sich
sowohl in allgemeinen als auch essensspezifischen Verhaltensmerkmalen erkennen.
Das Geschlecht beeinflusst die globale und regionale Hirnstruktur bei normal- und
übergewichtigen Menschen. Adipositasbedingte Abweichungen betreffen vor allem das
Belohnungssystem (orbito- und präfrontaler Kortex, Corpus striatum). Funktionelle
Geschlechterunterschiede erfassen alle Regulationsebenen, auch die homöostatische.
Geschmacksund Geruchsreize werden bei Männern und Frauen regional und graduell unterschiedlich
verarbeitet. Hedonische Nahrungsreize sprechen besonders bei adipösen Frauen die Belohnungsareale
des Gehirns stärker an und können durch die Regionen der Verhaltenskontrolle (OFC,
PFC) weniger effizient abgeschwächt werden.
Dies gibt Anlass dazu, die Adipositas bei Männern und Frauen auf homöostatischer und
hedonischer Ebene differenziell zu betrachten und zu therapieren. Nicht ausreichend
berücksichtigte Geschlechterunterschiede bei Adipositas könnten die potenzielle Ursache
diskrepanter Forschungsergebnisse sein.
Summary
Genetic, endocrinological, cultural and social factors contribute to sex differences
in the pathogenesis and phenotype of obesity. Those differences exist in general as
well as in eating-related behavior.
Brain structure is globally and regionally affected by sex in normal- and obese subjects.
Obesity-related differences are regularly found within the reward system (orbitofrontal
and prefrontal cortex, corpus striatum). Functional sex differences can be detected
in all segments of eating behavior regulation, including the homeostatic level. In
men and women, gustatory and olfactory stimuli are processed in different intensity
and in incongruent regions. Hedonic food stimuli have the strongest effect on the
reward system in obese females. In this subgroup, the inhibitional capability of brain
regions related to behavioral control (OFC, PFC) seems to be impaired.
These results imply to treat obesity in men and women differentially, also with regard
to homeostatic and hedonic levels of control. Sex differences in obesity research
are more than a confounding side effect. They could possibly explain plenty of inconsistent
study results.
Schlüsselwörter
Adipositas - Geschlecht - Gehirn - Essverhalten
Keywords
obesity - gender - brain - eating behavior