Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2012; 06(03): 168-172
DOI: 10.1055/s-0037-1618788
Übersichtsarbeit
Schattauer GmbH

Geschlechtsabhängige Einflüsse von Übergewicht auf Hirnfunktion und -struktur

Sex-related influences of obesity on brain function and structure
S. Kabisch
1   Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Abteilung Neurologie, Leipzig
2   Universitätsmedizin Leipzig, IFB Adipositas Erkrankungen
,
B. Pleger
2   Universitätsmedizin Leipzig, IFB Adipositas Erkrankungen
3   Universitätsklinikum Leipzig, Department für Innere Medizin, Klinik für Endokrinologie, Leipzig
4   Universitätsklinikum Leipzig, Tagesklinik für kognitive Neurologie, Leipzig
,
A. Villringer
2   Universitätsmedizin Leipzig, IFB Adipositas Erkrankungen
3   Universitätsklinikum Leipzig, Department für Innere Medizin, Klinik für Endokrinologie, Leipzig
4   Universitätsklinikum Leipzig, Tagesklinik für kognitive Neurologie, Leipzig
,
A. Horstmann
2   Universitätsmedizin Leipzig, IFB Adipositas Erkrankungen
3   Universitätsklinikum Leipzig, Department für Innere Medizin, Klinik für Endokrinologie, Leipzig
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
22. Dezember 2017 (online)

Zusammenfassung

Genetische, endokrinologische, kulturelle und soziale Faktoren bewirken bei der Entstehung und Ausprägung der Adipositas umfassende Geschlechterunterschiede. Diese lassen sich sowohl in allgemeinen als auch essensspezifischen Verhaltensmerkmalen erkennen.

Das Geschlecht beeinflusst die globale und regionale Hirnstruktur bei normal- und übergewichtigen Menschen. Adipositasbedingte Abweichungen betreffen vor allem das Belohnungssystem (orbito- und präfrontaler Kortex, Corpus striatum). Funktionelle Geschlechterunterschiede erfassen alle Regulationsebenen, auch die homöostatische. Geschmacksund Geruchsreize werden bei Männern und Frauen regional und graduell unterschiedlich verarbeitet. Hedonische Nahrungsreize sprechen besonders bei adipösen Frauen die Belohnungsareale des Gehirns stärker an und können durch die Regionen der Verhaltenskontrolle (OFC, PFC) weniger effizient abgeschwächt werden.

Dies gibt Anlass dazu, die Adipositas bei Männern und Frauen auf homöostatischer und hedonischer Ebene differenziell zu betrachten und zu therapieren. Nicht ausreichend berücksichtigte Geschlechterunterschiede bei Adipositas könnten die potenzielle Ursache diskrepanter Forschungsergebnisse sein.

Summary

Genetic, endocrinological, cultural and social factors contribute to sex differences in the pathogenesis and phenotype of obesity. Those differences exist in general as well as in eating-related behavior.

Brain structure is globally and regionally affected by sex in normal- and obese subjects. Obesity-related differences are regularly found within the reward system (orbitofrontal and prefrontal cortex, corpus striatum). Functional sex differences can be detected in all segments of eating behavior regulation, including the homeostatic level. In men and women, gustatory and olfactory stimuli are processed in different intensity and in incongruent regions. Hedonic food stimuli have the strongest effect on the reward system in obese females. In this subgroup, the inhibitional capability of brain regions related to behavioral control (OFC, PFC) seems to be impaired.

These results imply to treat obesity in men and women differentially, also with regard to homeostatic and hedonic levels of control. Sex differences in obesity research are more than a confounding side effect. They could possibly explain plenty of inconsistent study results.

 

    Die Literatur zu diesem Artikel finden Sie online unter www.adipositas-journal.de