Kinder- und Jugendmedizin 2016; 16(05): 373-378
DOI: 10.1055/s-0037-1616335
Nephrologie
Schattauer GmbH

Update: Akutes Nierenversagen im Kindesalter

Acute kidney injury in childhood — an update
M. Kreuzer
1   Medizinische Hochschule Hannover, Klinik f. Pädiatrische Nieren-, Leber- & Stoffwechselerkrankungen
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Publication History

Eingereicht am: 19 May 2016

angenommen am 24 May 2016

Publication Date:
11 January 2018 (online)

Zusammenfassung

Das akute Nierenversagen (AKI) ist eine plötzlich einsetzende, potenziell reversible Schädigung der Nierenfunktion, die mit einem Abfall der glomerulären Filtrationsrate und Anstieg der Retentionsparameter einhergeht. Dabei können auch weitere Funktionen der Nieren betroffen sein (Säure-Base-Regulation, Elektrolyt-Haushalt, Flüssigkeits-Homöostase). In den letzten 10 Jahren wurde der Begriff „Nierenversagen“ durch „Nierenschädigung“ (acute kidney injury, AKI) abgelöst, um dem besseren Verständnis der Pathophysiologie gerecht zu werden. Die Inzidenz in der Kindheit liegt vermutlich höher, als bisher geschätzt. Ursachen sind multifaktoriell und oft nicht primär renal bedingt. Die pathophysiologische Einteilung unterscheidet klassischerweise nach prärenalen, renalen und postrenalen Ursachen. Vermutlich änderte sich die Ätiologie an großen Zentren in den letzten Dekaden, da immer mehr Kinder mit komplexen und schweren Erkrankungen und Fehlbildungen überleben. Nichtsteroidale Antiphlogistika und Dehydratation scheinen beim AKI in der Kindheit eine bedeutende Rolle zu spielen. Ein AKI kann zunächst asymptomatisch verlaufen und Symptome sind, abgesehen von Oligo- oder Anurie und Überwässerung, unspezifisch. Die Diagnose erfolgt über einen Anstieg der Retentionsparameter, wobei das Serum-Kreatinin bei Kindern immer noch am geeignetsten scheint. Die therapeutischen Möglichkeiten sind aufgrund der Komplexität der Erkrankung ursachenorientiert und unterschiedlich erfolgreich. Die Indikation zur Dialyse wird durch Laborparameter (und Klinik) bestimmt. Die Prognose des AKI hängt sehr von der zugrunde liegenden Ätiologie ab. Kinder, die ein AKI überleben, haben ein relevantes Risiko für renale Spätschäden und vermutlich auch eine erhöhte Spätmortalität im Vergleich zur Normalbevölkerung. Durch die physiologische Unreife der Nieren ist das akute Nierenversagen bei Neonaten und im ersten Lebensjahr eine besondere Herausforderung in Diagnose und Therapie.

Summary

Acute kidney injury (AKI) is defined as rapid decline of renal function, which is potentially reversible, presenting with decline of glomerular filtration rate und elevated retention parameters. Other functions of the kidneys can also be affected, e. g. acid-base regulation, electrolyte balance and water homeostasis. In the past decade the term “kidney failure” was replaced by “kindey injury” to cope with the better understanding of its pathophysiology. The incidence of AKI is presumably higher than estimated. Underlying causes are multifactorial. Pathophysiological classifications distinguish between prerenal, renal and post-renal causes. Etiology of AKI may have shifted at primary care centers within the past decades because an increasing number of children with complex or severe diseases survive. Nonsteroidal anti-inflammatory drugs are an important cause of acute kidney injury in children. AKI often presents clinically without or unspecific symptoms. Diagnosis is based on elevation of serum creatinine. Therapeutic strategies and prognosis depend on the underlying disease; dialysis is indicated based on clinical and laboratory results. AKI appears to be associated with a high risk towards long-term renal outcomes in children.