Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2015; 9(08): 56-60
DOI: 10.1055/s-0035-1570477
Praxis
Fasziendistorsionmodell
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Finden, korrigieren, verlassen

Patrick Pfeifer

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Publication Date:
07 January 2016 (online)

 

Summary

Mit dem Fasziendistorsionsmodell (FDM) entwickelte der Osteopath Stephen Typaldos ein äußerst einfaches und effektives Diagnose- und Therapiesystem. Dabei werden 6 Distorsionen nach typischen Gesten der Schmerzbeschreibung unterschieden. Am Beispiel der Epicondylitis zeigt sich erfolgreiche FDM-Therapie auf Basis von Gestik, Provokation, Palpation und einfacher manueller Techniken.


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Foto: © Fotolia / Michael Schütze

Mit der Geste zur Diagnose: Zielgenaue FASZIENTHERAPIE am Beispiel der Epicondylitis

Patrick Pfeifer

ALS VERGLEICHSWEISE junge Disziplin geht das Fasziendistorsionsmodell (FDM) auf die 15-jährige Entwicklungsarbeit des nordamerikanischen Osteopathen und Notfallmediziners Stephen Typaldos D.O. (1957–2006) zurück. Ihm war die Faszie ebenso geläufig wie viele der Techniken aus Osteopathie, Rolfing oder BGM (Bindegewebsmassage), die heute im FDM zur Anwendung kommen. Neu aber war für ihn die klare Entschlüsselung vielfältiger Symptome auf Ebene faszialer Störungen (Distorsionen), die ihm mithilfe der Gesten der Patienten gelang.

Fasziale Beweglichkeit durch Auflösung von Distorsionen

Diagnosen wie Frozen Shoulder, Patellaspitzensyndrom, Fersensporn, Restless Legs, aufsteigender Spannungskopfschmerz, Schwindel, Z. n. Supinationstrauma, Rückenbeschwerden, Epicondylitis lateralis humeri etc. sind durch FDM direkt und unmittelbar manuell behandelbar, da Stephen Typaldos das Verständnis für die zugrundeliegenden Störungen, oder wie er sie nennt: „Distorsionen”, im Bindegewebe herstellte.

Durch die Auflösung solcher Distorsionen integrieren sich die faszialen Strukturen wieder ins fasziale Netzwerk. Die Trophik und Innervation befreit und normalisiert sich im selben Moment. Oftmals gehen hiermit bereits aus der BGM bekannte, reflektorische Wirkungen auf Gefäße und Organe einher. Sind erst die Schlüsselstellen erkannt und behandelt, wird der Körper in seiner neuen Freiheit deutlich größere Kompensationsmöglichkeiten zurückgewinnen. Dann können die physiologischen Regulationsprozesse Regie übernehmen und ihn in seiner neu gewonnenen Balance stabilisieren.


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Sechs Distorsionen, sechs Gesten

Stephen Typaldos beschrieb insgesamt 6 Distorsionen im parietalen System (Stützund Bewegungssystem aus Knochen, Muskeln, Gelenken, Sehnen und Bändern) und deren erfolgreiche Behandlung. Jede einzelne dieser Distorsionen wird von Patienten mit einer spezifischen und universell gültigen Gestik angezeigt, die von Typaldos decodiert wurde. Der damit vertraute Therapeut kann sich somit mithilfe von einfachen Provokationstests vom Patienten beschreiben und zeigen lassen, wo genau und wie seine Beschwerden auftreten, und erhält hierdurch valide Hinweise auf die zugrundeliegende Distorsion. Als Basis der FDM-Diagnostik dient somit die Gestik nach Provokation sowie ergänzend der Palpationsbefund.

Ähnlich einfach gestaltet sich die Behandlung. Sie besteht im Wesentlichen darin, die richtigen Strukturen mit den Fingern zu drücken, auszustreichen und zu manipulieren. So werden bereits in nur einer Therapiesitzung große Fortschritte erzielt. Der Leitspruch des Gründers der Osteopathie, Andrew Taylor Still, ist somit auch für das FDM anwendbar: „Find it, fix it, leave it alone.”

KURZ GEFASST
  1. Mit dem Fasziendistorsionsmodell (FDM) entwickelte der Osteopath Stephen Typaldos ein äußerst einfaches und effektives Diagnose-und Therapiesystem.

  2. Dabei werden 6 Distorsionen nach typischen Gesten der Schmerzbeschreibung unterschieden.

  3. Am Beispiel der Epicondylitis zeigt sich erfolgreiche FDM-Therapie auf Basis von Gestik, Provokation, Palpation und einfacher manueller Techniken.

Modell „verknöpftes Hemd”

Manchmal wählt man beim Zuknöpfen von Hemd oder Bluse ein falsches Knopfloch. Wenn man diese Fehlspannung und das damit einhergehende Störgefühl mit einer faszialen Distorsion vergleicht, so entspricht das Resultat einer erfolgreichen Behandlung nach dem FDM dem wieder richtig geknöpften Hemd.

Der Patient zeigt die Probleme, die unmittelbar behandelt werden können. Anschließend erhält der Körper die erforderliche Zeit, um die neu gewonnene Freiheit zu integrieren. Hierfür bedarf es eines Bewegungsauftrags, sodass die Strukturen wieder lernen, ihre Funktion zu erfüllen. Heutzutage müsste man dem zitierten Leitsatz Andrew Taylor Stills also noch „Use it” – frei übersetzt: „Beweg dich” – hinzufügen.

Stephen Typaldos war ein Pionier, der hartnäckig an seine Entdeckungen glaubte. Sein Fasziendistorsionsmodell reifte zu einem schlüssigen Gesamtkonzept. Bisheute ist dem nicht viel hinzuzufügen, da es weitgehend für alle parietalen Symptome und Befunde im Sinne einer Funktionsstörung eine Antwort aufzeigt.

In gewissem Maße auszunehmen sind Läsionen im Sinne einer Zerstörung von Geweben. Diese können dennoch von einer Behandlung profitieren.


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Befundung: fragen, testen, spüren

Eine Anamnese mit anschließenden Bewegungstests und Palpation steht bei der Befundung im Vordergrund. In der Anamnese wird der Patient aufgefordert, ausführlich die momentanen Schmerzen zu beschreiben (wie fühlt sich der Schmerz an, wie stark ist er ausgeprägt, wann trat er erstmals auf etc.). Zusätzlich wird er nach Begleiterscheinungen und möglichen Auslösern der Schmerzen bzw. Dysfunktionen gefragt, v. a. Traumata wie Frakturen, Verrenkungen, Verstauchungen oder Operationen. Ziel der Anamnese ist es, eine Hypothese zur Begründung der derzeitigen Beschwerden in Bezug zum biomechanischen Modell nach Luigi Stecco aufzustellen.

Auf dieser Hypothese aufbauend, werden anschließend 2–3 der von Dysfunktionen betroffenen Körpersegmente ausgewählt und diese auf Bewegungseinschränkungen hin getestet (Abb. 2). Es werden je nach Segment entsprechend klassische Bewegungstests eingesetzt, z. B. Rumpfflexion und -extension, Knie zur Brust, tiefe Hocke etc. Die Beweglichkeit auf allen 3 Ebenen sowie die Kraft in den einzelnen Segmenten werden damit überprüft.

Im Anschluss an die Bewegungstests erfolgt die Palpation, um die fasziale Gleitfähigkeit der CC und CF im ausgewählten Segment zu beurteilen. Palpiert man veränderte CC bzw. CF, fühlt es sich an, als würde man über kleine Reiskörner streichen. Das Gewebe ist an diesen Stellen weniger gut verschiebbar, das Gleiten zwischen den Gewebsschichten ist also vermindert.


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Beispiel Tennisellenbogen: Epicondylitis lateralis humeri

Die Diagnose Epicondylitis lateralis humeri bezeichnet eine stark schmerzhafte, v. a. durch Beanspruchung der Dorsalextension der Hand (Rückhand beim Tennis) provozierbare Insertionstendopathie (Schmerzzustand am Übergang von Sehne zum Knochen) der Handextensoren am lateralen Epicondylus. Meist sind Erwachsene zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr betroffen. Dieser sog. Tennisellenbogen macht bei Tennisspielern 50 % der Ellenbogenprobleme aus, in der Normalbevölkerung etwa 10%.

Der einzige Muskel, der tatsächlich direkt am Epicondylus lateralis inseriert, ist der M. extensor carpi radialis brevis, dessen Faszie in Kontinuität zur Faszie des M. triceps brachii steht. Bei guter Kraft kann der M. triceps brachii die Armfaszie in ausreichendem Maße spannen und den M. extensor carpi radialis brevis entlasten. Belastungen der Handextensoren können somit in der Kontinuität der Armfaszie aufgefangen werden. Ist diese jedoch gestört, kann sich durch Überlastung das typische Beschwerdebild entwickeln.

Die gebräuchlichen Untersuchungen zur Diagnose der Epicondylitis lateralis sind oft ungenau, die Therapieansätze zudem wenig effektiv. Die Vorteile der FDM zeigen sich in einem Vergleich mit den üblichen schulmedizinischen Verfahren.


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Schulmedizin: Physiotherapie, OP, Antiphlogistika

Die allgemeine Lehrmeinung geht davon aus, dass die Epicondylitis lateralis einen Zustand von Mikroläsionen bis hin zu Sehnenrupturen beschreibt, die durch Trauma oder Überbelastung entstehen (im Sinne einer Repetitive Strain Injury – RSI) und einen entzündlichen Prozess induzieren. Behandelt wird mit Antiphlogistika sowie Physiotherapie. Bei Therapieresistenz wird u. a. eine operative Therapie vorgeschlagen. Dabei handelt es sich um eine teilweise Durchtrennung der Sehnenansätze an der betroffenen Epikondyle (Discisions-Tenotomie nach Hohmann) sowie evtl. zusätzlich eine Durchtrennung des radialen Nervengeflechts, das direkt dem Epicondylus radialis aufliegt. Hierzu wird die Knochenfläche verödet (Verfahren nach Wilhelm). Nach meiner klinischen Erfahrung lässt sich das Prozedere jedoch in den meisten Fällen mit den Möglichkeiten des FDM verkürzen und vereinfachen.

INFORMATION

Klinik der Epicondylitis lateralis

Die Epicondylitis lateralis zeigt sich insbesondere durch Schmerzen des lateralen Ellenbogens bei Belastung des Unterarms und Druckdolenz auf dem Epicondylus lateralis humeri. Diese Leitsymptome sind provozierbar (jeweils mit oder ohne Widerstand) durch:

  • Pro- oder Supination (Ein- oder Auswärtsdrehen) oder Streckung des Unterarms

  • Extension oder Flexion (Streckung oder Beugung) des Handgelenks

  • Streckung des Mittelfingers gegen einen Widerstand


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Differenzierung nach Gestik

In der Praxis zeigt der Patient nach erfolgreicher Provokation (Klinik s. Kasten) mit einem Finger auf die Schmerzlokalisation, typischerweise auf einen Punkt in der Nähe des Ellenbogengelenks, meist im Bereich der Handextensoren und des Radiusköpfchens (also nicht zwingend am lateralen Epicondylus). Gelegentlich wird der Schmerz entlang einer Linie als brennend, ziehend oder ausstrahlend beschrieben. Diese kann von den Handextensoren des Unterarms zum dorsalen Mittel- oder Ringfinger ziehen, gelegentlich auch vom lateralen Oberarm ausgehend. Diese Gestik wird im FDM als Hinweis auf die Störung einer faszialen Struktur interpretiert:

  1. Zeigt der Patient auf einen knöchernen Punkt in der Nähe des Gelenks (s. Abb. 1), lässt sich eine Störung von Muskelsehne, Kapsel oder Ligament in ihrem Übergang zu einem Knochen vermuten. Da es sich um eine gewebliche Kontinuität kollagener Fasern handelt, die sich im Übergangsbereich in den Knochen kalzifizieren, nannte Stephen Typaldos diese Form eines Sporns „Continuum Distorsion” (CD). Diese entsteht typischerweise durch Trauma oder Überlastung und kann gelegentlich auch unbehandelt von alleine verschwinden.

  2. Beim Zeigen einer Linie entlang der Handextensoren (s. Abb. 2) geht das FDM von einer Aufspaltung oder Verdrehung in der Faszie aus, einem sog. Triggerband, das ebenfalls durch Trauma oder Überlastung ausgelöst werden kann. Ein Sporn wie die Continuum Distorsion kann aber ebenso die Faszie aufspalten: Da sich durch ein Triggerband die Faszie verkürzt, kann sich daraus eine Continuum Distorsion entwickeln.

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Abb. 1 + 2 Gestische Hinweise auf fasziale Störungen bei Epicondylitis. © Patrick Pfeifer

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1. Continuum Distorsion: Zugang zum Knochen suchen

Weist die beschriebene Schmerzlokalisation auf eine Continuum Distorsion hin, wird über eine Tastuntersuchung der knöcherne Sporn (selten auch als knöcherne Einziehung möglich) am gezeigten Punkt aufgesucht. Gelegentlich liegt dieser tatsächlich am lateralen Epicondylus, in der Mehrzahl der Fälle jedoch im Bereich des Radiusköpfchens. Handelt es sich um einen Sporn im Sinne einer Continuum Distorsion, so ist dieser zwingend druckdolent.

Nun wird über weitere Palpation und Mithilfe des Patienten der auf Druck schmerzhafteste Winkel des Daumens auf dem Sporn aufgesucht und sodann starker Druck ausgeübt. Je nach Weichteilbeteiligung geschieht dies mit zunächst abwartendem Druck, bis die Weichteile den Zugang zum Knochen zulassen. In dem Fall muss auf knöchernem Niveau nachjustiert werden (s. Abb. 3).

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Abb. 3 Behandlung einer Continuum Distorsion. © Patrick Pfeifer

Innerhalb von wenigen Sekunden (max. 20 sec) sollte die Schmerzhaftigkeit nachlassen. Andernfalls muss die Einstellung des Daumens in Richtung größerer Schmerzintensität korrigiert werden. Der Druck wird beendet, wenn sich ein schmelzender Eindruck des Gewebes unter dem Daumen einstellt oder der Schmerz seine Intensität nicht mehr verändert.

Nicht selten zeigen sich weitere Continuum Distorsionen, die ebenfalls therapiert werden sollten. Falls die Zeit nicht ausreicht, kann auch zunächst ein evtl. vorhandenes Triggerband behandelt werden. Mit ein wenig Glück lösen sich die weiteren Distorsionen in der Zeit nach der Behandlung von allein, sofern der Körper wieder seine Selbstregulation übernehmen kann.


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2. Triggerband: Starker Druck entlang des Schmerzverlaufs

Zum Auffinden des Triggerbands wird über Provokation (Anspannung in Dorsalund Palmarflexion) und Palpation der Schmerzverlauf entlang des dorsalen Unterarms identifiziert (s. Abb. 4). Entlang dieses Verlaufs wird mit großem Druck des Daumens die Aufspaltung in der Faszie verschlossen bzw. die Verdrehung glattgezogen.

Nach Anwendung dieser beiden Techniken ist das Gewebe an der behandelten Stelle wieder in der Lage, myofasziale Zugkräfte störungsfrei und kontinuierlich entlang von „Kraftlinien” weiterzuleiten.

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Abb. 4 Palpation des Schmerzverlaufs zum Auffinden des Triggerbandes. © Patrick Pfeifer

Merke: Eine weitere Schonung des Armes ist nach der Behandlung der Continuum Distorsion nicht erforderlich, wenn die volle Funktion wiederhergestellt ist. Diese muss unbedingt in Form regelmäßiger Bewegung abgerufen werden. Lediglich eine erneute Überlastung gilt es zu vermeiden.

Weiterführend kann eine Muskelkräftigung des M. triceps brachii angeleitet werden, um die Kraftweiterleitung in die fasziale Kontinuität zu unterstützen. Gelegentlich werden außerdem Fehlstellungen im Handgelenk, im Radius oder in der Membrana interossea, meist traumatischen Ursprungs, zu behandeln sein. Dies gelingt i. d. R. ebenfalls in kürzester Zeit, da sich die erforderlichen Manipulationen an einfachen Gesichtspunkten orientieren. Auch weiter proximal liegende Strukturen können an der Pathogenese beteiligt sein.

Neben den beiden oben angeführten typischen Distorsionen der Epicondylitis lateralis humeri konnte Typaldos 4 weitere Formen anhand der Gestik identifizieren. Diese werden zum Teil durch Anamnese und Beschwerdebild, teilweise auch durch gezielte palpatorische Untersuchungen und Tests (Provokationen) verifiziert.

Continuum Distorsion und Triggerband müssen immer in der gleichen Therapieeinheit behandelt werden, da Letzteres die Faszienspannung erhöht und somit eine erneute Bildung von Continuum Distorsionen verursachen kann.


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3. Hernierte Triggerpunkte (HTP): Durchtritt des Bindegewebes

Bei den Hernierten Triggerpunkten (HTPs) handelt es sich um gut tastbare, gelartige „Murmeln” aus Bindegewebe, welches durch hohen Druckaufbau (z. B. chronischer Husten, Lasten heben etc.) durch oberflächlicher liegende Gewebsschichten hindurchgedrückt wird und dort dann festklemmt. Die typische Gestik hierfür ist das Drücken mehrerer Finger ins Gewebe (s. Abb. 5). Behandelt wird ein HTP, indem dieses Gewebe kräftig zurückgedrückt wird.

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Abb. 5 Hinweis auf Hernierte Triggerpunkte. © Patrick Pfeifer

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4. Faltdistorsion (FD): Trauma der Gelenkkapsel

Als Faltdistorsion bezeichnet man eine gestörte Organisation der Gelenkkapsel infolge eines direkten Traumas. Dieses besitzt entweder eine Traktions- oder eine Kompressionskomponente, welche diagnostisch entsprechend auf Kompression oder Traktion Schmerzen verursacht. Obwohl die Gelenkkapsel betroffen ist, wird der Schmerz innen im Gelenk wahrgenommen und durch dynamisches Kreisen, Reiben oder Streichen über dem betroffenen Gelenk angezeigt (s. Abb. 6). Die Behandlung besteht aus einer Manipulation, welche die Traktions- oder Kompressionsrichtung des Traumas wiederholt.

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Abb. 6 Schmerzbeschreibung bei Faltdistorsion. © Patrick Pfeifer

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5. Zylinderdistorsion (ZD): Taubheit und Kribbeln als Hinweise

Eine Zylinderdistorsion bezeichnet Irritationen der zylindrisch organisierten Oberflächenfaszien. Diese entstehen durch Kompression von außen, z. B. zu enge Verbände oder schlecht angepasste Gipsversorgung. Hierbei werden die in diesen Faszienschichten verlaufenden Nerven und Gefäße ebenfalls irritiert. Typische Symptome sind z. B. Taubheit, Kribbeln und andere Missempfindungen im betroffenen Bereich, für die oft weiter proximal eine Kompression vermutet wird. Die Gestik zeigt sich ebenfalls streichend oder reibend, jedoch in gelenkfernen Abschnitten (s. Abb. 7). Die Behandlung erfolgt als kräftiges Ausstreichen nach distal mit der Hand oder Hilfsmitteln.

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Abb. 7 Gelenkferne, streichende oder reibende Gestik bei Zylinderdistorsion. © Patrick Pfeifer

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6. Tektonische Fixierung (TF): Schmerzfreier Bewegungsverlust

Die Tektonische Fixierung äußert sich in einem schmerzfreien Bewegungsverlust in Gelenken und / oder Faszien. Sie entsteht z. B. infolge von Verletzungen oder Entzündungen von Gelenken oder Geweben, v. a. bei Einblutung. Der Patient beschreibt die Beschwerden durch einfaches Auflegen der Hand auf den betroffenen Bereich (s. Abb. 8). Die Behandlung dauert deutlich länger als bei den bisher vorgestellten Distorsionen und besteht in der engagierten Mobilisation des jeweiligen Körperabschnitts.

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Abb. 8 Gestik bei Tektonischer Fixierung. © Patrick Pfeifer

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Weiterführende Behandlung

Ein Patient kann von einer oder allen 6 Distorsionen betroffen sein. Nach erfolgter Behandlung muss die wiederhergestellte Funktion des Behandlungsareals auch abgerufen werden. Normale Bewegungsmuster werden in diesem Rahmen wieder geschult und die Mobilität durch gezielte Übungsaufträge erhalten. Mit Typaldos Prinzipien, die in der Ausbildung der IFDMO unterrichtet werden, lassen sich auf diese Weise besonders für Beschwerden am Bewegungsapparat in kurzer Zeit hervorragende Ergebnisse erzielen.

Dieser Artikel ist online zu finden: http://dx.doi.org/10.1055/s-0035-1570477


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Patrick Pfeifer

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23909 Ratzeburg
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Internet: osteopathie-ratzeburg.de


Patrick Pfeifer, Osteopath in eigener Praxis, belegte ein Grundstudium in Anglistik und Sport sowie Ausbildungen in Physiotherapie, Fascial Balancing, Schmerzphysiotherapie und Osteopathie. Besonderer Schwerpunkt seiner Ausbildung ist die biodynamische Osteopathie. Seit 2001 ist er als Referent an der Grone Schule für Gesundheitsberufe, Lübeck, tätig, u. a. in den Bereichen Schmerzphysiotherapie, Massage, Manuelle Lymphdrainage, Gynäkologie und Atemtherapie. 2006 gründete er das Fortbildungszentrum physiOs in Salem (Schleswig- Holstein) und Heidelberg und 2014 das osteopathische Fortbildungszentrum DIG ON. Seit 2010 ist er Dozent der IFDMO und seit 2011 Honorardozent für Osteopathische Methoden in der Physiotherapie.

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Foto: © Fotolia / Michael Schütze
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Abb. 1 + 2 Gestische Hinweise auf fasziale Störungen bei Epicondylitis. © Patrick Pfeifer
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Abb. 3 Behandlung einer Continuum Distorsion. © Patrick Pfeifer
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Abb. 4 Palpation des Schmerzverlaufs zum Auffinden des Triggerbandes. © Patrick Pfeifer
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Abb. 5 Hinweis auf Hernierte Triggerpunkte. © Patrick Pfeifer
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Abb. 6 Schmerzbeschreibung bei Faltdistorsion. © Patrick Pfeifer
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Abb. 7 Gelenkferne, streichende oder reibende Gestik bei Zylinderdistorsion. © Patrick Pfeifer
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Abb. 8 Gestik bei Tektonischer Fixierung. © Patrick Pfeifer