Handchir Mikrochir Plast Chir 2015; 47(06): 396-399
DOI: 10.1055/s-0035-1565099
Technische Neuerung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

M. latissimus dorsi-Rettungs-Monitoringinsel Perforator Propeller-Lappenplastik zur konsekutiven Defektdeckung. Technische Innovation und Literaturübersicht

Latissimus Dorsi Monitoring Island Perforator Propeller Flap as a Lifeboat in Consecutive Defect Coverage: Technical Innovation and Review of the Literature
T. O. Engelhardt
,
P. Liebmann
,
U. M. Rieger
,
C. D. Schubert
,
R. E. Giunta
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Publikationsverlauf

eingereicht 11. Oktober 2015

akzeptiert 12. Oktober 2015

Publikationsdatum:
16. Dezember 2015 (online)

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Einleitung

Die frühzeitige, mikrovaskuläre Defektdeckung gilt heutzutage bei ausgedehnten, komplexen Haut-Weichteil-Defekten an der unteren Extremität als das empfohlene Verfahren [1] Die mikrochirurgische Defektdeckung an der distalen unteren Extremität ist jedoch aufgrund ihrer besonderen anatomischen Gegebenheiten und ihrer anfälligeren Durchblutung gerade bei Hochgeschwindigkeits-Verletzungen eine Herausforderung. Die Verlustraten werden in Übersichtsarbeiten vereinzelt mit über 10% [2] nach mikrovaskulärem Gewebetransfer bei posttraumatischer Indikationsstellung angegeben und die Rate an schweren Komplikationen wird an der distalen unteren Extremitäten im Gegensatz zum Oberschenkel wesentlich höher beschrieben [3].

Trotzdem können auch nach technisch erfolgreicher mikrochirurgischer Gewebe-Transplantation mit stabiler Anastomosen-Perfusion erneut deckungspflichtige Defekte der angrenzenden Weichteile auftreten. Besonders bei Hochgeschwindigkeits-Verletzungen ist an der distalen unteren Extremität, neben anatomisch ungünstigen Voraussetzungen [3] der wesentliche Grund hierfür die meist weit über die makroskopisch sichtbare Verletzung hinausreichende Weichteilschädigung.

Neben mechanischem Weichteiltrauma müssen auch vaskuläre Faktoren, eine zu hohe Ischämie-Zeit der Lappenplastik, technische Ursachen wie z. B. traumatische Präparationstechnik oder ungünstiges Einpassen der Lappenplastik, Selektion unsicherer Lappenplastiken oder postoperative Wundinfektionen als mögliche Ursachen für einen progredienten, persistierenden oder rezidivierenden Defekt nach mikrovaskulärer Defektdeckung genannt werden. Trotz geglückter mikrochirurgischer Transplantation kann in diesen Fällen die Defektdeckung letztlich insuffizient sein ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Links: Intraoperative Aufnahme eines 30×20 cm messenden kombinierten Haut-Weichteildefekt des gesamten Fußrückens und Beteiligung der Fußsohle mit multiplen tarsometatarsalen Luxations-Trümmerfrakturen und Strecksehnenbeteiligung infolge Hochgeschwindigkeits-Verletzung durch Motorradunfall. Rechts: Intraaoperative Aufnahme von plantar nach offener Reposition, Stabilisierung und radikalem chirurgischem Debridement.

Problemstellung

Das Dilemma nach unzureichender mikrochirurgischen Defektdeckung ist die Tatsache, dass das Rekonstruktionsziel meistens nur noch durch einen ungünstigen Kompromiss erreicht werden kann. Das bestmögliche Verfahren wurde schließlich für die erste Defektdeckung bereits ausgewählt und steht meist nicht mehr zur Verfügung.

Beim komplexen Weichteil-Trauma der unteren Extremität sollte bei der Konzeption der Defektdeckung eine sichere und gut vaskularisierte freie Lappenplastik ausgewählt werden-idealerweise mit einem variablem Rotationsradius. Zum gleichen Zeitpunkt sollten mögliche Gefahren und Komplikationen wie angrenzende, rezidivierende Haut-Weichteil-Defekte antizipiert und ihrer Prophylaxe sowie in Frage kommender Lösungsmöglichkeiten Rechnung getragen werden.


Ziel der Arbeit

In der vorliegenden Arbeit stellen wir unser Konzept der Rettungs-Monitoringinsel Perforator Propeller-Lappenplastik zur optionalen sekundären Defektdeckung nach Defektdeckung mit freier mikrovaskulärer muskulokutaner M. latissimus dorsi Lappenplastik vor. Hierdurch soll eine aufeinanderfolgende Deckung von bis zu mittelgroßen, rezidivierenden Defekten ohne zusätzliche Hebedefekt-Morbidität erzielt werden.