Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2016; 21(03): 137-144
DOI: 10.1055/s-0035-1553403
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Was braucht der neue Landarzt? – Ein Analytic Hierarchy Process (AHP)

What does the new country doctor need? – An Analytic Hierarchy Process (AHP)
B. Kittel
,
A. Kaczynski
,
S. Bethge
,
A. C. Mühlbacher
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. August 2015 (online)

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Zusammenfassung

Zielsetzung: Angesichts des zunehmenden Ärztemangels in ländlichen Regionen war die Identifizierung und Bewertung ausgewählter Angebote, mit denen attraktivere Rahmenbedingungen für die Niederlassung von Vertragsärzten in ländlichen Regionen geschaffen werden könnten, Ziel der Untersuchung.

Methodik: In einer systematischen Literaturrecherche wurden potenzielle Angebote identifiziert. Dabei wurden Maßnahmen aus dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VSTG) sowie bereits bestehende Angebote der Kassenärztlichen Vereinigungen explizit einbezogen. Die anschließende Priorisierung der ausgewählten Anreize erfolgte durch eine Online-Befragung mit Studierenden der Humanmedizin im Jahr 2014 mithilfe der Eigenvalue-Methode des Analytic Hierarchy Process (AHP).

Ergebnisse: Insgesamt ließen sich 54 Fragebögen mit einer akzeptablen Konsistenz für die Auswertung ermitteln. Sieben Kriterien wurden basierend auf dem AHP bewertet und konnten in einer Rangfolge nach dem Maß ihrer Beliebtheit abgebildet und interpretiert werden. Das Kriterium „Umfang des wirtschaftlichen Risikos“ mit einem Gewicht (w) von 0,251 wird von den Befragten für eine Niederlassung im ländlichen Raum am stärksten priorisiert. Ebenfalls von hoher Relevanz sind Angebote wie die „Entlastung durch delegierbare Tätigkeiten“ (w = 0,145), „Finanzieller Zuschuss bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen“ (w = 0,136), die „Regelung der Teilnahme am Bereitschafts-/Notdienst“ (w = 0,136) sowie die „Unterstützung durch die Kommune zur Integration in die Region“ (w = 0,136). Das Kriterium „Mindestdauer der Niederlassung“, nach der ein anschließender Wechsel in ein Wunschgebiet oder einen -sektor garantiert wird, ist von geringerer Bedeutung (w = 0,107). Den letzten Rang belegt das Kriterium „Förderung von Ärztenetzen durch die KV“ (w = 0,088).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, was zukünftige Landärzte brauchen. Insbesondere gemeinschaftlich ausgerichtete Praxiskonzepte, in denen Ärzte ein geringes wirtschaftliches Risiko tragen, sowie Angebote, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern, sind unter den Befragten beliebt. Zudem bekräftigen die Ergebnisse, dass die in den letzten Jahren zu verzeichnenden Aktivitäten im Zuge des GKV-VSTG sowie die Initiativen einiger Kassenärztlicher Vereinigungen bereits Schritte in die richtige Richtung sind.

Abstract

Aim: In the view of the fact that the lack of physicians in rural areas is increasing, the objective of the study was the identification and valuation of selected incentives that can lead to better general conditions in rural areas for ambulatory care physicians.

Method: A systematic literature search was conducted to identify potential incentives. Current arrangements of the Act to Strengthen the Care Structures of Statutory Health Insurance (GKV-VSTG) and offers of the Associations of Statutory Health Insurance Physicians were included in the research. The valuation of the selected incentives was conducted with an online-based survey. Participants were students of human medicine in 2014. The eigenvalue method of the Analytic Hierarchy Process (AHP) was used for estimation.

Results: 54 completely answered questionnaires with an acceptable consistency ratio were analyzed. Seven criteria were valuated with the AHP. The criteria were presented in a rank order and interpreted in relation to their general preference. The criteria „amount of economic risc“ with a weight (w) of 0.251 is the most important incentive for the responders to set up a practice in a rural area. Moreover incentives like „relief trough delegation“ (w = 0.145), „financial incentives under compliance of certain requirements“ (w = 0.136), „regulation for the emergency service“ (w = 0.136) and „support through the community for the integration in the region“ (w = 0.136) were also very important. The criterion „minimum period of time for practice set up“, as a premise to receive a guaranteed to move to a desired sector or region at a later date (w = 0.107), is less important. On last rank was the criterion „support for physician networks by the Association of Statutory Health Insurance Physicians“ (w = 0.088).

Conclusion: The results show what future country doctors need. Particularly collective medical practice concepts, with a low economic risk for the physicians and the support of balance between work and familiy life are favored. The results also confirm that the past activities of the Act to Strengthen the Care Structures of Statutory Health Insurance (GKV-VSTG) and the initiatives of some regional Associations of Statutory Health Insurance Physicians were steps in the right direction.