ergopraxis 2015; 8(03): 14-16
DOI: 10.1055/s-0035-1548567
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


Verantwortlicher Herausgeber dieser Rubrik:
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. März 2015 (online)

 

Zufriedenheit mit der Rehabilitation – Selbstversorgung entscheidend

Können Klienten während einer Rehabilitation ihre Selbstständigkeit verbessern, steigt ihre Zufriedenheit mit der Versorgungsqualität. Dies fand ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin Melba Custer an der Eastern Kentucky University in den USA heraus.

Die Forscher entwickelten das Assessment „Satisfaction with Continuum of Care Revised“ und befragten damit 769 Klienten einer großen Reha-Klinik, wie zufrieden sie mit der Qualität ihrer Versorgung sind. Anschließend setzten sie die gewonnenen Daten mit demografischen Informationen und den Ergebnissen verschiedener Messinstrumente in Beziehung, zum Beispiel mit dem Funktionalen Selbstständigkeitsindex (FIM). Die Klienten waren im Schnitt 67,8 Jahre alt und ihr Altersspektrum bewegte sich zwischen 18 und 100 Jahren. Alle durchliefen eine ergo- und physiotherapeutische Behandlung, einige erhielten zusätzlich Logopädie. Im Durchschnitt nahmen sie 45,9 Therapiestunden in Anspruch.

Mithilfe der gewonnenen Daten identifizierten die Forscher sogenannte Prediktoren der Klientenzufriedenheit. Sie ermittelten also Faktoren, mit denen sich die Zufriedenheit der Klienten vorhersagen lässt. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Werte auf der FIMSelbstversorgungsskala. Denn je höher die Werte, desto häufiger sind die Klienten mit dem Reha-Angebot zufrieden. Ähnlich verhält es sich mit dem Gesamtscore des FIM. Außerdem beeinflusst die Art der Erkrankung, wie Menschen die Qualität der Reha-Maßnahme erleben. Klienten mit neurologischen Erkrankungen sind zum Beispiel am zufriedensten. Ebenso wirkt sich eine höhere Anzahl an Therapiestunden positiv auf die Zufriedenheit aus. Genauso wie die Möglichkeit, die Rehabilitationsmaßnahme innerhalb von 15 Tagen nach dem Krankheitsereignis zu beginnen.

Eine verbesserte Selbstständigkeit beeinflusst insbesondere im Bereich der Selbstversorgung die Zufriedenheit der Klienten – eine Bestätigung für die typischen Wirkungsfelder der Ergotherapie.

fk

AJOT 2015; doi: 10.5014/ajot.2015.013094


Autismus – Gehirne zu gut verschaltet

Autisten fällt es schwer, Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufzubauen. Zudem sind sie in ihrer Kommunikation, ihrer Wahrnehmung und ihrem Verhalten oft stark beeinträchtigt. Forscher fanden jetzt den Grund dafür: Autisten haben mehr Schnittstellen im Gehirn als gesunde Menschen.

Im Säuglings- und Kindesalter bildet das Gehirn im Lernprozess besonders viele Synapsen aus. In den ersten Monaten verbinden sich die Hirnregionen beinahe wahllos. Je älter das Kind wird und je mehr es lernt, desto mehr überflüssige Verknüpfungen werden vom Gehirn erkannt und abgebaut. Dieser Schritt bleibt bei Menschen mit Autismus häufig aus, stellten Dr. David Sulzer und sein Team aus Columbia, USA, fest.

Die Forscher untersuchten 26 Gehirne verstorbener Kinder mit Autismus, die zwischen zwei und 20 Jahre alt waren, und verglichen sie mit denen verstorbener gleichaltriger Kinder ohne Autismus. Sie entdeckten, dass bei der Hälfte der gesunden Kinder die Zahl der Synapsen stark abgenommen hatte, bei den autistischen Kindern war das nur bei 16 Prozent der Fall. Das ist der Grund, warum diese Kinder vermehrt an kindlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen festhalten.

rrn

Neuron 2014; 83: 1131–1143


Professionelle Identität – Praktikum zur Rollenentwicklung hilfreich

Durchlaufen Ergotherapiestudenten im letzten Studienjahr ein Praktikum zur Rollenentwicklung, starten sie inspiriert und gestärkt ins Berufsleben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin Dr. Channine Clarke an der University of Brighton.

Die Forscher interviewten fünf Ergotherapeutinnen, die sechs Monate zuvor ihr Masterstudium abgeschlossen hatten. Während ihres letzten Studienjahres konnten sie ein sogenanntes „Role-Emerging Placement“ durchführen. Sie absolvierten also ein zusätzliches Praktikum, in dem sie keine fachliche Anleitung erhielten, da keine Ergotherapeuten vor Ort waren.

Den Ergebnissen zufolge profitieren Studienabsolventen von dieser speziellen Form des Praktikums. Da sie keine Ergotherapeutin zur Seite haben, müssen sie sich auf ihre eigenen professionsbezogenen Visionen berufen. In diesem Lernexperiment können sie ihre professionelle Identität finden und festigen. Dadurch fühlen sie sich gestärkt für den Start ins Berufsleben: ausgerüstet mit einer klaren Vorstellung darüber, welches Ziel und welche Richtung sie verfolgen. Das Praktikum verbessert ihr Selbstbewusstsein und hilft ihnen dabei, nach dem Studium eine Stelle zu finden. Der tatsächliche übergang in den Job stellt für einige von ihnen dennoch eine Herausforderung dar. Denn in den klassischen Settings können sie ihr zeitgemäßes Verständnis von Ergotherapie nur eingeschränkt umsetzen. Die tägliche Routine wirkt mitunter ernüchternd oder wirft sie zurück auf die Rolle des Berufsanfängers. Trotzdem ziehen alle Studienteilnehmer eine positive Bilanz. Das Praktikum hat ihren Blick erweitert, sodass sie neue berufliche Perspektiven wahrnehmen. Sie haben eine professionelle Richtung gefunden, die ihnen sinnvoll erscheint.

Ein Praktikum zur Rollenentwicklung hilft Ergotherapiestudenten also dabei, ihre berufliche Identität zu festigen. Nicht immer können sie ihr aktuelles Verständnis von Ergo therapie im späteren Berufsleben umsetzen. Sie werden aber zu einem Motor für Veränderungen, wenn sie ihre zeitgemäßen Vorstellungen in die traditionellen Settings hineintragen.

fk

BJOT 2015; 78: 42–50