Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2015; 47(03): 122-124
DOI: 10.1055/s-0035-1547571
Praxis
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Selbstverantwortung leben – Erfahrungsbericht einer Betroffenen

Sabine Hötzel
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Publication Date:
30 September 2015 (online)

Selbstverantwortung oder Eigenverantwortung stellt im Laufe meines Lebens mit verschiedenen Krebsdiagnosen inzwischen ein zentrales Thema dar.

Als ich vor nun 20 Jahren an einem Zervixkarzinom erkrankte, was sehr umfangreich operiert und anschließend bestrahlt werden musste, war „Selbstverantwortung“ für mich kein gängiger Begriff. Alles ging zu schnell und Entscheidungen seitens der Ärzte nahm ich dankbar an, da ich nicht wusste, dass ich die Zeit hätte, mir selbst ein Bild der Lage zu machen, um ggf. Dinge selber oder mit zu entscheiden.

Bei meiner zweiten Krebserkrankung 4 Jahre später (1999), die Metastasen in der Lunge aufzeigte, sah es bereits ein wenig anders aus. Obgleich die Lunge ein äußerst bedeutendes Organ in meinem Organismus darstellt, nahm ich mir jetzt die Zeit, um mich in meinem Rahmen größtmöglich zu informieren. Zunächst ging ich bei meinem behandelnden Arzt direkt auf Konfrontation, als er nicht versuchen wollte, den besten Operateur zu organisieren. Und es war mir inzwischen klar, dass es zur Schulmedizin noch alternative Möglichkeiten geben muss, die mich unterstützen können. So sagte ich dem operierenden Arzt im Vorabgespräch, dass ich mich noch gerne zusätzlich beraten lassen wollte. Er zeigte größtes Verständnis, ließ mich mit guten Worten ziehen und ich suchte damals die GfBK (Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr) in Heidelberg auf. Dort erfuhr ich sehr umfangreich, was ich selbst alles unterstützend tun kann.

Ich hatte damit eine gewisse Macht über den sehr beängstigenden Zustand erreicht, was mir Kraft verlieh und mich animierte, genau so weiter zu machen.

Mir begegnete zu diesem Zeitpunkt ein für mich sehr wichtiges Gefühl: Es war das Gefühl des Nicht-Ausgeliefertseins. Trotz der sehr ungünstigen Diagnose konnte Ich noch etwas Weiteres tun, Ich schöpfte alle mir zu dem Zeitpunkt bekannten und machbaren Möglichkeiten aus und Ich konnte entscheiden, wann operiert wird und stieß Gott sei Dank auf Verständnis.

Ich fing an gut darauf zu achten, was mir gut tat und was nicht und begann zu üben, wie es sich anfühlt, dass es einfach egal ist, was andere denken.

Es war wie eine Art Tunnel-Blick und am Ende war das kleine Punkt-Licht: meine Gesundung.

Es war keine aufgesetzte, aus Enttäuschung und Verzweiflung gespeiste Revoluzzerstimmung. Es war ein klarer Weg, der einfach keine Umschweife und Umwege zuließ. Nicht in dieser Situation!

Ganz im Gegenteil, ich war im sehr guten Austausch mit dem operierenden Arzt, was auf Augenhöhe geschah. Keinesfalls in Bezug auf das medizinische Wissen, da erhielt ich umfassende Erklärungen, was geschieht und womit ich zu rechnen hatte. Aber im Austausch auf das, was ich wollte und wie ich es mir vorstellte, nahm ich mir das Recht, die Dinge anzusprechen, denn im Endeffekt ging alles, was nun geschah, doch um mich und sonst um niemand anderen.