ergopraxis 2015; 8(02): 12-14
DOI: 10.1055/s-0035-1546314
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
03 February 2015 (online)

 

Handschrift – Schreibtraining erhöht Lesbarkeit

Ein ergotherapeutisches Schreibtraining kann Kinder mit schlecht lesbarer Schreibweise darin unterstützen, die Qualität ihrer Handschrift zu verbessern. Zu diesem Ergebnis kam die Ergotherapeutin Christina Krohn an der Hochschule Fresenius in Idstein.

Sie suchte in elektronischen Datenbanken nach Interventionsstudien, an denen 6- bis 12-jährige Kinder teilnahmen, die Probleme mit der Handschrift hatten. Fünf Artikel erschienen ihr relevant, darunter zwei randomisierte kontrollierte Studien und drei quasi-experimentelle Studien. Alle Arbeiten untersuchten die Wirksamkeit eines betätigungsorientierten Schreibtrainings und bezogen jeweils zwischen 14 und 72 Kinder ein. Das Spektrum der Interventionen reichte vom „Log Handwriting Program“ über das kinästhetische Schreibtraining „Loops and Other Croups“ bis hin zu studienspezifischen Behandlungsprotokollen. Der Therapieumfang variierte stark und umfasste zwischen 5 und 13,5 Stunden. In allen Studien untersuchten die Forscher, wie sich die Intervention auf die Qualität der Handschrift auswirkte. In drei Studien ermittelten sie zusätzlich das Schreibtempo.

Der Auswertung zufolge liefern die Studien erste Belege dafür, dass ein betätigungsorientiertes Schreibtraining die Qualität der Handschrift verbessern kann. Dabei lernen die Kinder vor allem, lesbarer zu schreiben. Allerdings widersprechen sich die Studien in der Frage, ob ein betätigungsorientiertes Schreibtraining auch das Schreibtempo der Kinder erhöht. Die Forscherin relativiert die Ergebnisse, indem sie auf die mäßige Qualität der Studien hinweist. Außerdem gibt sie zu bedenken, dass die Studien unterschiedliche Programme des Schreibtrainings bewerten. Sie fordert weitere hochwertige Forschungen mit ausreichend Teilnehmern, um die Wirksamkeit des ergotherapeutischen Schreibtrainings nachhaltig zu belegen.

fk
ergoscience 2014; 9: 100–107


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Schlaganfall – Ergo- und physiotherapeutische Behandlungen senken Sterberisiko

Ergo- und physiotherapeutische Behandlungen wirken sich positiv auf die Überlebenschancen von Menschen aus, die einen Schlaganfall erlitten haben. Zu diesem Schluss kam der Physiotherapeut Dirk Peschke gemeinsam mit seinen Kollegen an der Charité-Univer sitätsmedizin in Berlin.

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Varianten der therapeutischen Versorgungsverläufe: In manchen Fällen werden Klienten lediglich akut versorgt. Möglich ist aber auch eine anschließende Rehabilitation und/oder ambulante Ergo- und Physiotherapie bzw. eine zusätzliche Frührehabilitation.
A = akutstationäre Standardbehandlung
F = frührehabilitative Komplexbehandlung
R = Rehabilitation
aT= ambulante Ergo-oder Physiotherapie
Abb: Rehabilitation 2014; 53: 224–229

Die Forscher werteten die Daten von 1.791 versicherten Mitgliedern der Deutschen BKK aus. Diese hatten im Jahr 2007 einen Schlaganfall erlitten und nach ihrer Akutversorgung motorische Einschränkungen wie Hemiparesen oder Gang- und Bewegungsstörungen. Die Wissenschaftler analysierten, welche therapeutischen Angebote die Betroffenen erhielten und wie viele von ihnen das erste Jahr nach dem Schlaganfall überlebten. Dabei unterschieden sie zwischen drei Versorgungsverläufen: Bei „Nur-Akut“ erhielten die Klienten lediglich eine Akutversorgung, aber keine Therapieangebote. Bei „Standard-Plus“ waren sie nach dem Akutaufenthalt in therapeutischer Behandlung. Und bei „Frühreha-Plus“ durchliefen sie zusätzlich eine Frührehabilitation.

Das höchste Sterberisiko besteht demnach für Klienten, die nur akut versorgt werden und keine therapeutischen Angebote erhalten. Nehmen die Betroffenen nach ihrer Akutversorgung hingegen an einer ergo- und/oder einer physiotherapeutischen Behandlung teil, überleben sie das erste Jahr nach dem Schlaganfall deutlich häufiger. Die höchste Überlebenschance besteht für diejenigen, die zusätzlich eine Frührehabilitation durchlaufen.

Daher fordern die Forscher, die therapeutische Schlaganfall-Versorgung leitliniengerecht zu gestalten. Betroffene sollten demnach frühzeitig ergo- und physiotherapeutische Behandlungen erhalten und diese nach ihrer Akutversorgung weiterführen. Dabei können sie ihre Therapie ergänzend oder alternativ zur Anschlussrehabilitation auch in einer ambulanten Praxis fortsetzen.

fk
Rehabilitation 2014; 53: 224–229


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Berufseinstieg – Frischgebackene Ergos brauchen Unterstützung!

Frisch examinierte Ergotherapeuten erleben den Übergang ins Berufsleben als große Herausforderung. Der Berufseinstieg fällt ihnen leichter, wenn sie sich in Ruhe einarbeiten können und einen Mentor zur Seite haben. Außerdem hilft es ihnen, sich mit Kollegen auszutauschen und in einem guten Team zu arbeiten. Dies fanden die Ergotherapeutinnen Gabriele Woick, Livia Larsen-Vefring, Tina Litwa und Cornelie Zillhardt an der Hogeschool Zuyd im niederländischen Heerlen heraus.

Sie interviewten sieben Absolventinnen deutscher Berufsfachschulen mit WFOT-Anerkennung. Die frisch examinierten Ergotherapeutinnen waren zwischen 24 und 46 Jahre alt. Sie arbeiteten entweder in einer Praxis, einem Therapiezentrum oder einer Klinik. Vier von ihnen hatten zuvor bereits einen anderen Beruf erlernt.

Die Ergebnisse zeigen, dass Ergotherapeuten den Berufseinstieg als Praxisschock erfahren. Sie müssen auf einmal viel Verantwortung tragen und haben kein „Sicherungsseil“ mehr zur Verfügung. Schnell stellen sie fest, dass ihre theoretischen Ideale nicht ausreichend in der Praxis angekommen sind. Hierunter fällt zum Beispiel ihr Anspruch, klientenzentriert zu arbeiten. Die Kluft zwischen Theorie und Praxis erschwert es den Berufsanfängern, ihre neue Rolle einzunehmen und eine professionelle Identität zu entwickeln. Als Ressource erleben sie praktische Erfahrungen, die sie in Fachpraktika oder ihrem Erstberuf gesammelt haben. Außerdem helfen ihnen verschiedene Förderfaktoren dabei, in die neue Rolle hineinzufinden. Hierzu zählen eine gute Selbstreflexion, angemessene Rahmenbedingungen und Therapieerfolge. Um die beruflichen Anforderungen bewältigen zu lernen, wünschen sich die Berufsanfänger eine Einarbeitungsphase ohne Zeit- oder Arbeitsdruck. Es hilft ihnen, sich mit Kollegen über ihre Arbeit auszutauschen und Feedback zu erhalten. Außerdem möchten sie sich fortbilden und mit anderen Berufsgruppen zusammenarbeiten. Darin sehen sie eine wichtige Voraussetzung, um ihre professionellen Kompetenzen zu erweitern und qualitativ hochwertig arbeiten zu können.

Die Forscher schlussfolgern, dass deutsche Berufsfachschulen und Hochschulen der praktischen Ausbildung einen hohen Stellenwert einräumen sollten. Einarbeitungsprogramme und die Begleitung durch einen Mentor können Berufseinsteiger darin unterstützen, in ihrer neuen Rolle anzukommen und sich darin wohl und sicher zu fühlen.

fk
ergoscience 2014; 9: 108–117


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Varianten der therapeutischen Versorgungsverläufe: In manchen Fällen werden Klienten lediglich akut versorgt. Möglich ist aber auch eine anschließende Rehabilitation und/oder ambulante Ergo- und Physiotherapie bzw. eine zusätzliche Frührehabilitation.
A = akutstationäre Standardbehandlung
F = frührehabilitative Komplexbehandlung
R = Rehabilitation
aT= ambulante Ergo-oder Physiotherapie
Abb: Rehabilitation 2014; 53: 224–229