Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(01): 5
DOI: 10.1055/s-0034-1398310
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Geburtshilfe
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Elektive Sectio – „Kaiserschnitt-Kinder“ haben ein erhöhtes Asthma-Risiko

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Publication Date:
11 February 2016 (online)

Hintergrund: Ein zunehmender Anteil der Schwangeren entscheidet sich – aus unterschiedlicher Motivation – für einen „Wunschkaiserschnitt“, d.h. für eine elektive Kaiserschnittentbindung vor Einsetzen der Wehentätigkeit ohne Vorliegen einer medizinischen Sectio-Indikation. Eine britische Arbeitsgruppe hat untersucht, inwiefern dieser Geburtsmodus das Risiko der Kinder für chronische Erkrankungen sowie das Mortalitätsrisiko beeinflusst.

Methoden: Im Rahmen der retrospektiven Kohortenstudie wurden die Daten aller Erstgebärenden (n = 321 287), die zwischen 1993 und 2007 in Schottland ein reifes Kind (≥ 37 SSW) geboren hatten, ausgewertet. Mit Hilfe verschiedener Datenbanken wurden Informationen zu chronischen Erkrankungen der Kinder gewonnen und analysiert. Ferner wurden die Inzidenz maligner Erkrankungen sowie die Mortalitätsrate evaluiert. Per elektiver bzw. ungeplanter Sectio bzw. per Spontangeburt geborene Kinder wurden hinsichtlich ihres Risikos für eine chronische Erkrankung bzw. für ein Versterben im Kindesalter unter Berücksichtigung potentieller Einflussvariablen (z.B. maternales Alter, Body-Mass-Index während der Schwangerschaft, sozioökonomischer Status, Komorbiditäten, Stillverhalten, Gestationsalter bei der Geburt, Geschlecht, Geburtsgewicht) miteinander verglichen.

Ergebnisse: 12 355 Kinder (3,8 %) kamen per elektiver Sectio, 56 015 (17,4 %) per ungeplanter Sectio und 252 917 (78,7 %) per Vaginalgeburt zur Welt. Die Rate geplanter Kaiserschnittentbindungen stieg im Studienzeitraum von 3,3 auf 4,1 %. Nach einem durchschnittlichen Follow-up von 14,8 Jahren (SD 4,4) hatten die per elektiver Sectio geborenen Kinder im Vergleich zu den ungeplant per Sectio geborenen Kindern ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 1 (0,66  vs. 0,44 %; adjustierte HR 1,35; 95 %-CI 1,05–1,75). Bezüglich der Rate stationär behandlungsbedürftiger Asthma-Erkrankungen, der Rate von Salbutamol-Verschreibungen im Alter von 5 Jahren, der Adipositas mit 5 Jahren, der Rate entzündlicher Darmerkrankungen, des Krebserkrankungsrisikos sowie der Mortalität zeigten sich hingegen keine signifikanten Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen. Im Vergleich zu den vaginal geborenen Kindern hatten die per geplanter Sectio geborenen Kinder ein erhöhtes Asthma-Risiko (3,41  vs. 3,73 %; aHR 1,22; 95 %-CI 1,11–1,34), erhielten häufiger Salbutamol-Verschreibungen (9,62 vs. 10,34 %; aHR 1,13; 95 %-CI 1,01–1,26) und wiesen eine höhere Mortalität bis zum Alter von 21 Jahren auf (0,32 vs. 0,40 %; aHR 1,41; 95 %-CI 1,05–1,90). Das Risiko für entzündliche Darmerkrankungen, für Tumorerkrankungen, für einen Diabetes mellitus Typ 1 sowie für eine Adipositas war hingegen in diesen beiden Gruppen vergleichbar.

Fazit

Kinder, die per elektiver Sectio geboren werden, scheinen im Vergleich zu vaginal geborenen Kindern – nicht jedoch im Vergleich zu per ungeplanter Sectio geborenen Kindern – ein leicht erhöhtes Risiko für eine Asthma-Erkrankung zu haben. Dies führen Black et al. auf die fehlende Exposition der Sectio-Kinder gegenüber der maternalen Darmflora und die in Folge dessen fehlerhafte immunologische Ausreifung zurück. Diese Studienergebnisse, so die Autoren, sollten in die Beratung von Schwangeren mit Sectio-Wunsch bei fehlender medizinischer Indikation einfließen. Weitere Untersuchungen seien jedoch notwendig, um die kausalen Zusammenhänge besser zu verstehen.

Dr. Judith Lorenz, Künzell