Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0034-1398055
Mütterliche Krebserkrankung – Detektion okkulter maternaler Malignome durch nicht-invasive Pränataltests
Publication History
Publication Date:
07 January 2016 (online)

Hintergrund: Insbesondere Schwangeren mit einem hohen Risiko für eine fetale autosomale Aneuploidie wird die Durchführung eines nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) empfohlen. Hierbei wird zellfreie fetale DNA (cfDNA) aus dem maternalen Plasma mittels massiver pa-ralleler Sequenzierung analysiert. Bianchi und Kollegen haben untersucht, wie häufig eine unerkannte Krebserkrankung der Mutter die Ursache für ein abnormes Testergebnis darstellt.
Methoden: Die US-amerikanische Arbeitsgruppe hat retrospektiv die Daten von 125 426 asymptomatischen Schwangeren ausgewertet, bei welchen zwischen 2012 und 2014 ein fetales Aneuploidie-sreening mittels NIPT durchgeführt worden war. Bei 3757 (3 %) Schwangeren wurde mindestens eine Aneuploidie der Chromosomen 13, 18, 21, X oder Y detektiert. In 10 Fällen war das Analyselabor über eine Krebserkrankung der betreffenden Patientin informiert worden, und 8 Frauen (mittleres Alter 35 Jahre) stimmten der Durchführung weiterer DNA-Sequenzierungsanalysen zu.
Ergebnisse: Bei 39 Schwangerschaften wurde mittels NIPT mehr als eine Aneuploidie detektiert. In 7 Fällen lag hierbei ein okkulter Tumor der Mutter vor (18 %; 95 %-CI 7,5–33,5). Bei 7 der 8 Tumorpatientinnen wurde später ein unauffälliger fetaler Karyotyp diagnostiziert. Die durchschnittliche Zeit zwischen dem NIPT und der Krebsdiagnose betrug 16 Wochen (Spanne 3–39). Mit Hilfe einer genomweiten bioinformatischen Analyse des ursprünglichen NIPT-Materials sowie von seriellen Proben der 8 Tumorpatientinnen ließen sich ausgeprägte individuelle, aber unspezifische Muster von Variationen der Kopienzahl (Copy Number Variants; CNV) auf verschiedenen Chromosomen nachweisen. Häufig konnten diese Muster auch noch nach mehreren Monaten detektiert werden.
Bei einer geringen Anzahl von Schwangeren mit einem abnormen NIPT-Ergebnis wurde im weiteren Verlauf ein maligner Tumor diagnostiziert. Diskrepanzen zum fetalen Karyotyp erklären sich hierbei durch die Freisetzung zirkulierender DNA-Fragmente durch apoptotische Tumorzellen. Insbesondere bei Schwangeren mit einer singulären autosomalen Monosomie oder multiplen Aneuploidien, so die Empfehlung der Autoren, sollte ein okkulter Tumor der Mutter ausgeschlossen werden. Sie schätzen die Wahrscheinlichkeit für eine maternale Tumorerkrankung bei multiplen Aneuploidien im NIPT auf 20–44 % und betonen die Notwendigkeit einer bestätigenden Analyse des fetalen Karyotyps bei auffälligem NIPT-Ergebnis.
Aufgrund ihrer hohen Sensitivität und Spezifität gewinnen nicht-invasive Pränataltests (NIPT) zunehmend an Bedeutung bei der Detektion fetaler Aneuploidien. Auffällige Testergebnisse machen jedoch immer einen invasiven Bestätigungstest (Amniozentese, Chorionzottenbiopsie) erforderlich.
2013 und 2015 deuteten erstmals 2 Fallberichte darauf hin, dass in einigen Fällen ein falsch-positives Testergebnis, das heißt eine Diskrepanz zwischen dem NIPT-Ergebnis und dem invasiv bestimmten fetalen Karyotyp, auf eine unerkannte Tumorerkrankung der Schwangeren hinweisen kann. Die von Bianchi et al. beschriebene Fallserie untermauert diese These. Da nahezu alle Malignome genetische Alterationen aufweisen, die nicht selten die NIPT-Zielchromosomen 13, 18 und 21 betreffen, erscheint die Detektion im Blut zirkulierender zellfreier DNA mittels NIPT plausibel. Die Forschung diese Thematik betreffend, so Romero und Mahoney, steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Zur Klärung der vielen offenen Fragen seien weitere prospektive Untersuchungen notwendig.
In der Fallserie von Bianchi et al. waren 3 % der Schwangerschaften von einem abnormen und 0,05–0,1 % von einem falsch-positiven NIPT-Ergebnis betroffen. Multiple Aneuploidien lagen bei 0,03 % der Schwangeren vor, und bei 10 von 125 426 getesteten Frauen (0,008 %) wurde eine Tumorerkrankung diagnostiziert. Im klinischen Alltag, so die Autoren, muss daher nur bei einem sehr geringen Anteil der Schwangeren mit einem okkulten Malignom gerechnet werden. Dennoch stelle die Beratung und Aufklärung der Frauen über die Möglichkeit der Detektion eines maternalen Tumors mittels NIPT zukünftig eine große Herausforderung dar.
Romero R, Mahoney MJ
JAMA 2015; 314: 131–133
Dr. Judith Lorenz, Künzell