Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219(06): 248
DOI: 10.1055/s-0034-1398053
Journal Club
Geburtshilfe
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frühgeburtsrisiko – Dauerhaft erhöhtes Risiko nach zervikaler Exzisionsbiopsie

Further Information

Publication History

Publication Date:
07 January 2016 (online)

Hintergrund: Frauen, die aufgrund einer zervikalen Veränderung mittels Kolpo-skopie untersucht werden, haben unabhängig davon, ob eine Exzision der Läsion erfolgt oder nicht, ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt in der nächsten Schwangerschaft. Dieses Risiko nimmt weiter zu, wenn eine Gewebeprobe entnommen wird, und ist am höchsten bei einer Exzisionstiefe von ≥ 15 mm. Castañon und Kollegen haben untersucht, ob das erhöhte Frühgeburtsrisiko nach zervikaler Exzision auf die erste Schwangerschaft nach dem Eingriff begrenzt ist, oder ob auch nachfolgende Schwangerschaften durch diese Komplikation belastet sind.

Methoden: Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie wurden die Daten von 2168 Frauen ausgewertet, die zwischen 1988 und 2011 an 12 verschiedenen National-Health-Service-Kliniken in England aufgrund einer Zervixpathologie kolposkopisch behandelt worden waren und 3251 Einlingsschwangerschaften ausgetragen hatten. Hierbei wurden Frauen mit einer Frühgeburt (Gestationsalter 20–36 SSW) und Frauen mit einer Geburt am Termin (38–42 SSW) ohne weitere Frühgeburt einander zugeordnet. Die Analyse umfasste kolposkopische, histopathologische sowie geburtshilfliche Daten. Das Risiko für eine Frühgeburt in der ersten, zweiten oder einer weiteren Schwangerschaft nach kolposkopischer Zervixintervention wurde in Abhängigkeit von der Exzisionstiefe evaluiert.

Ergebnisse: 2001 Frauen und 2798 Geburten, darunter 1021 Frühgeburten, mit einem durchschnittlichen Follow-up von 11,2 Jahren gingen in die Analyse ein. 574 Geburten (196 Früh-, 378 Termingeburten) hatten vor der Kolposkopie stattgefunden. Bei 1503 Fällen (596 Früh-, 907 Termingeburten) handelte es sich um die erste und bei 721 Fällen (229 Früh-, 492 Termingeburten) um die zweite oder eine weitere Geburt nach dem Zervixeingriff. Nach der Zervixintervention war mit zunehmender Tiefe der Exzisionsbiopsie (von < 10 mm über 10–14 mm bis 15–19 mm oder ≥ 20 mm) ein steigendes Frühgeburtsrisiko bei der ersten (Trend: Odds Ratio [OR] 1,23; 95 %-CI 1,12–1,36; p < 0,001) sowie bei der zweiten und weiteren Schwangerschaften (Trend: Odds Ratio OR 1,34; 95 %-CI 1,15–1,56; p < 0,001) nachweisbar. Für die vor der Kolposkopie beendeten Schwangerschaften zeigte sich hingegen mit zunehmender Exzisionstiefe kein erhöhtes Frühgeburtsrisiko (Trend: OR 0,98; 95 %-CI 0,83–1,16; p = 0,855). Das absolute Risiko für eine Frühgeburt nach einer zervikalen Exzision (Tiefe ≥ 15 mm) betrug 6,5 % für eine Geburt vor der Kolposkopie, 18,9 % für die erste und 17,2 % für eine weitere Schwangerschaft nach dem Eingriff. Nach Adjustierung bezüglich der Exzisionstiefe fand sich bei der ersten Geburt nach dem Eingriff und allen weiteren Schwangerschaften ein ähnliches Frühgeburtsrisiko (adjustierte OR 1,15; 95 %-CI 0,89–1,49).

Fazit

Nach einer zervikalen Exzisionsbiopsie, so das Fazit der Autoren, besteht nicht nur in der ersten, sondern auch in allen Folgeschwangerschaften ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko. Dieses für die klinische Betreuung der Frauen relevante Risiko persistiert während des gesamten reproduktiven Lebens der Patientinnen und sinkt auch nach der Geburt eines reifen Kindes nicht wieder ab. Aufgrund des steigenden Alters der Erstgebärenden, so Castañon et al., müsse zukünftig mit einer zunehmenden Zahl von Frauen mit noch nicht abgeschlossenem Kinderwunsch zum Zeitpunkt einer Zervixbiopsie gerechnet werden.

Dr. Judith Lorenz, Künzell