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DOI: 10.1055/s-0034-1398001
Intrapartale Überwachung – Fetale ST-Segment-Analyse ohne Einfluss auf das perinatale Outcome
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
10. November 2015 (online)

Hintergrund: Der Nutzen der kontinuierlichen Ableitung der kindlichen Herzfrequenz während der Geburt wird kontrovers diskutiert, da bisher nicht zweifelsfrei belegt werden konnte, dass mit Hilfe der Kardiotokografie (CTG) die Rate hypoxisch-ischämischer neonataler Enzephalopathien signifikant gesenkt werden kann. Belfort und Mitarbeiter haben im Rahmen einer randomisierten Studie untersucht, ob sich durch eine Analyse des fetalen EKG zusätzlich zum konventionellen Herzfrequenz-Monitoring Verbesserungen des intrapartalen und neonatalen Outcome erreichen lassen. Hierbei wurde das von der Firma Neoventa Medical entwickelte EKG-Analyse-System STAN S31 eingesetzt, das die bei einer azidotischen Stoffwechselsituationen des Kindes nachweisbaren Veränderungen der fetalen ST-Strecke analysiert.
Methoden: In die US-amerikanische Studie wurden zwischen 2010 und 2014 an 26 geburtshilflichen Zentren 11 108 Schwangere mit geplanter Vaginalgeburt eines reifen Einlings und einer Zervixeröffnung von 2–7 cm eingeschlossen. Bei allen Feten wurde eine EKG-Skalpelektrode angelegt, aber nur bei 5532 Geburten waren die Ergebnisse der intrapartalen ST-Analyse für die Geburtshelfer verfügbar. In den übrigen 5576 Fällen erhielten die Geburtshelfer lediglich Informationen über die mittels CTG erfasste fetale Herzfrequenz. Der kombinierte primäre Endpunkt umfasste das intrapartale bzw. neonatale Versterben des Kindes, einen 5-Minuten-Apgar-Score ≤ 3, einen Nabelschnurarterien-pH ≤ 7,05 mit einem Baseexcess ≥ 12 mmol / l, Krampfanfälle, Intubations- oder Beatmungspflichtigkeit sowie eine Enzephalopathie des Neugeborenen. Auch maternale Outcome-Parameter wurden evaluiert.
Ergebnisse: Der primäre Studienendpunkt trat in der Gruppe mit Offenlegung der EKG-Analyseergebnisse bei 52 (0,9 %) und in der Kontrollgruppe bei 40 (0,7 %) Kindern ein (RR 1,31; 95 %-CI 0,87–1,98; p = 0,20). Hinsichtlich der einzelnen Outcome-Parameter unterschieden sich die beiden Gruppen lediglich in der Häufigkeit eines 5-Minuten-Apgar-Score ≤ 3 (0,3 vs. 0,1 %; p = 0,02). Die Sectiorate war in beiden Gruppen vergleichbar (16,9 vs. 16,2 %; p = 0,30). Auch bezüglich der Rate vaginal-operativer Entbindungen gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Mit der EKG-Analyse assoziierte Nebenwirkungen waren selten und traten in beiden Gruppen mit vergleichbarer Häufigkeit auf.
Die Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass durch eine intrapartale Analyse des fetalen EKG zusätzlich zum kontinuierlichen kardiotokografischen Monitoring weder das perinatale Outcome verbessert noch die Rate operativer Entbindungen gesenkt werden können. Ob sich diese in der US-amerikanischen geburtshilflichen Praxis gewonnenen Ergebnisse auf die europäische Geburtshilfe übertragen lassen, sei laut den Autoren jedoch unklar.
Dr. Judith Lorenz, Künzell