Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219(4): 158
DOI: 10.1055/s-0034-1397897
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Geburtshilfe
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Hepatitis B – Perinatale Hepatits-B-Infektion

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Publication Date:
26 August 2015 (online)

Hintergrund: Schätzungen zufolge werden in den USA jährlich 25 000 Kinder von HBsAg-positiven Müttern geboren. Zur Prävention einer chronischen HBV-Infektion empfiehlt die US-amerikanische Impfkommission bei diesen Neugeborenen eine aktive und passive Immunisierung innerhalb von 12 Stunden nach der Geburt, die Vervollständigung der Impfserie im Verlauf der folgenden Monate (Geburtsgewicht ≥ 2000 g: ≥ 3 Impfdosen / <  2000 g: ≥ 4 Impfdosen) sowie die serologische Kontrolle des Impferfolgs. Seit Beginn der 1990-er Jahre werden in den USA perinatale HBV-Infektionen mit Hilfe von 64 nationalen „Perinatal Hepatitis B Prevention Programs“ (PHBPP) bekämpft. Diese Präventionsprogramme umfassen die Identifizierung HBsAg-positiver Schwangerer, die rechtzeitige postpartale Immunisierung der Neugeborenen sowie die Organisation der serologischen Kontrollen. Schillie et al. untersuchen Einflussfaktoren, die mit einer perinatalen HBV-Infektion assoziiert sind.

Methoden: Anhand der prospektiv gewonnenen Daten von 5 großen PHBPP wurde der perinatale HBV-Infektionsstatus von Kindern HBsAg-positiver Mütter im Zeitraum zwischen 2008 und 2013 analysiert. Hierbei wurden demographische Charakteristika und laborchemische Ergebnisse der Mütter, Daten zum Management der Immunprophylaxe, das Gestationsalter, das Geburtsgewicht sowie die serologischen Outcome-Parameter der Kinder ausgewertet.

Ergebnisse: Es wurden 17 951 Mutter-Kind-Paare identifiziert. Das mediane maternale Alter betrug 30,0 ± 5,5 Jahre (range 14,5-51,6). Bei 11 335 Kindern waren sowohl der Zeitpunkt der aktiven als auch der passiven Immunisierung bekannt. Bei 94,9 % dieser Kinder (n = 10 760) erfolgte die Immunisierung innerhalb von 12 Stunden nach der Geburt. Bei 100 (1,1 %) von 9252 Kindern mit bekanntem HBsAg-Test wurde eine perinatal erworbene HBV-Infektion diagnostiziert. Das Infektionsrisiko korrelierte hierbei mit der Anzahl der Impfdosen (≥ 3 : 1,1 % vs. < 3: 6,7 %; p = 0,01) und war signifikant höher bei jüngerem Alter der Mutter (< 25 Jahre: 1,8 % vs. ≥ 35 Jahre: 0,9 %; p = 0,01), bei Müttern mit asiatischer Abstammung (1,4 % vs. 0,1 % bei weißen Müttern; p < 0,01) sowie bei Frauen, deren Muttersprache nicht Englisch war (1,3 % vs. 0,8 %; p = 0,02). Auch HBeAg-positive (3,2 % vs. 0,0 %; p < 0,01), anti-HBe-negative Mütter (3,2 % vs. 0,2 %; p < 0,01) sowie Mütter mit einer Viruslast ≥ 2000 IU / ml (2,1 % vs. 0,0 %; p = 0,04) hatten signifikant häufiger infizierte Kinder. Weder das Gestationsalter noch das Geburtsgewicht noch der Zeitpunkt der Immunisierung (innerhalb von vs. nach 12 Stunden) waren hingegen signifikant mit dem Infektionsrisiko assoziiert.

Fazit

Die Studienergebnisse belegen, so das Fazit der Autoren, dass mit Hilfe einer frühzeitig durchgeführten Postexpositionsprophylaxe die meisten perinatalen HBV-Transmissionen verhindert und die Hepatitis-B-bedingte Morbidität und Mortalität minimiert werden können. Hierbei sei entscheidend, dass die Kinder mindestens 3 Impfdosen erhalten. Insbesondere bei Kindern mit einem Geburtsgewicht < 2000 g sei die Gabe von 4 Dosen erforderlich. Weiterhin müsse untersucht werden, ob mit Hilfe einer maternalen antiviralen Therapie in Schwangerschaften mit besonders hohem Risiko für eine intrauterine bzw. peripartale Virustransmission die Rate perinataler HBV-Infektionen gesenkt werden kann.

Dr. Judith Lorenz, Künzell