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DOI: 10.1055/s-0034-1396410
Megapräputium – Vorschlag zum operativen Vorgehen
Publication History
Publication Date:
16 December 2014 (online)
Als kongenitales Megapräputium (congenital megaprepuce; CMP) bezeichnet man eine Variante des „buried penis“, bei der es durch den engen und proximal gelegenen phimotischen Schnürring zur Entstehung eines oft großen Urinreservoirs unter der Vorhaut und zu konsekutiver und nicht selten massiver Größenzunahme des inneren Vorhautblattes kommt. Callewaert et al. beschreiben eine neu entwickelte Operationstechnik.
Urology 2014; 83: 1149–1154
mit Kommentar
Sechs Patienten wurden zwischen 2006 und 2011 operiert, das mittlere Alter war 13,3 Monate (7–25 Monate). Bei allen war das CMP seit den ersten Lebensmonaten sichtbar gewesen und hatte seit der Geburt deutlich zugenommen. Bei allen Kindern bestand die typische Ansammlung großer Urinmengen unter der Vorhaut, die letztlich nur durch manuelle Kompression entleert werden konnten.
Der erste operative Schritt besteht in 2 longitudinalen Inzisionen in der Mittellinie, jeweils beginnend am phimotischen Schnürring (dem Übergang von innerem und äußerem Vorhautblatt). Die erste Inzision erfolgt ventral und reicht bis zum Skrotum herunter. Die zweite Inzision erfolgt dorsal, wo das innere Vorhautblatt bis in den subkoronaren Bereich inzidiert wird. Anschließend wird das Megapräputium in 4 Schritten durch schräge Inzisionen reseziert. Ventral wird der Schaft mit dem durch die schräge Schnittführung erhaltenen inneren Vorhautblatt bedeckt. Die Tunica dartos wird dorsal inzidert, wodurch das verbliebene innere Vorhautblatt leichter ventral am penoskrotalen Übergang fixiert werden kann. Der Hautverschluss erfolgt mit Polyglactin-Nähten und für 3 Tage verbleibt ein transurethraler Katheter. Insgesamt dauerte die Operation etwa 1,5 h.
Über eine Mindest-Nachbeobachtungszeit von 3 Monaten wurde ein vorübergehendes Ödem des Präputiums beobachtet, vor allem ventral, das sich aber 3–4 Wochen nach dem Eingriff in allen Fällen spontan zurückbildete. Penistorsionen oder –verkrümmungen traten nicht auf und das endgültige kosmetische Ergebnis wurde bei allen Jungen als zufriedenstellend eingestuft, sowohl von den Eltern als auch von den Urologen. Revisionen waren nicht erforderlich.
Die DOLOMITE Technik stellt nach Ansicht der Autoren einen einfachen und reproduzierbaren chirurgischen Ansatz zur Korrektur eines angeborenen CMP dar, allerdings stehen die Langzeitergebnisse noch aus. Der direkte Vergleich mit den Ergebnissen anderer Verfahren ist dabei schwierig, da zahlreiche alternierende Begriffe verwendet werden („Buried Penis“, „Trapped Penis“ „Concealed Penis“, etc.), die nicht immer das Vollbild des CMP bedeuten. Eine klare Definition des CMP wäre essenziell, um zukünftig verschiedene operative Techniken tatsächlich vergleichen zu können.
DOLOMITE – ist es wert, diesen Berg zu besteigen?
Das kongenitale Megapräputium ist eine seltene Variante innerhalb des „Buried-Penis-Komplexes“. Diese Form wird durch eine chronische, partielle Harnretention unter die Haut sehr früh symptomatisch. Zahlreiche publizierte Operationstechniken zur Korrektur dieser Fehlbildung belegen, dass es bis dato keine überzeugende, perfekte operative Korrektur gibt.
Eine neue Operationstechnik, die bisher an 6 Säuglingen angewandt wurde, wird vorgestellt und anhand anschaulicher Skizzen und Fotos dokumentiert.
Die primären Längsinzisionen in der Mittellinie, die alleinige Inzision des phimotischen Rings und Verzicht auf Resektion desselben sowie mehrere quere Inzisionen an der Penishaut und Präputium ermöglichen eine sehr großzügige Deckung des Penisschafts mit Haut und einen Erhalt des Frenulums. Der ventrolaterale Aspekt des Penis wird mit innerem Präputialblatt gedeckt, überschüssige innere Vorhaut wird reseziert.
Ob diese komplexe Penisschaftdeckung in der Tat notwendig ist, sei dahingestellt. Am Ergebnis 3 Monate postoperativ sieht man letztlich relativ viel überschüssige Haut. Es ist Geschmacksache, ob nicht eine straffere Deckung des Penis optisch ansprechender wäre. Andere Autoren verwenden zur Schaftdeckung ausschließlich Penisschafthaut und äußeres Präputium.
Die Fixation der Penishaut von innen an der Buck‘schen Faszie bzw. Schwellkörperfaszie dorsal an der Penisbasis und ventral am penoskrotalen Winkel ist essentiell, fasoniert den Penis und verlängert ihn optisch im Vergleich zum Ausgangsbefund.
Die Deckung des Penisschafts dorsal mit normaler Penishaut und ventral mit andersfarbigem inneren Präputialblatt ergibt einen auffallenden Farbunterschied, der wohl im Säuglingsalter irrelevant, spätestens in der Pubertät den Betroffenen möglicherweise stören und beeinträchtigen kann.
Die alleinige Zirkumzision – wie in der Arbeit richtig erwähnt – würde die Fehlbildung weder kausal noch dauerhaft korrigieren. Die Beseitigung der chronischen Harnretention wird mit dieser Operationstechnik verlässlich behoben. Das kosmetische Endresultat wird – wie bei jeder Penischirurgie hinsichtlich Penishaut, Kompletterhalt oder Teilerhalt der Vorhaut oder radikale Zirkumzision – individuell und geografisch (Südamerika, Nordamerika, USA) sehr unterschiedlich beurteilt und empfunden.
Präoperativ wurde die lokale Anwendung von Steroiden erfolglos versucht. Wie bei absoluten primären oder sekundären Phimosen ist die topische Therapie ohne dauerhaften Effekt, erspart nahezu nie einen operativen Eingriff und ist somit in dieser Indikation sinnlos und kann den Kindern erspart werden.
Fazit
Die doppelte longitudinale Inzision des Megapräputiums (DOLOMITE) scheint eine elegante operative Alternative in der operativen Therapie des „Buried Penis“ mit Megapräputium zu sein und somit ein gangbarer Weg. Die operativen Details sind anschaulich dargestellt, die Fallzahl jedoch klein. Die vorläufigen subjektiven Ergebnisse sind auch im Vergleich mit den Ergebnissen anderer Autoren gut. Langzeitergebnisse hinsichtlich Funktion und vor allem Kosmetik sind noch abzuwarten.
PD Dr. Marcus Riccabona, München
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