ergopraxis 2014; 7(11/12): 12-13
DOI: 10.1055/s-0034-1396053
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Michaela Oldenbüttel – Eine Mama hält Senioren mobil

Nora Sieweke

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Publication Date:
13 November 2014 (online)

 

Autofahren bedeutet für viele ältere Menschen Selbstständigkeit im Alltag. Das weiß Ergotherapeutin Michaela Oldenbüttel von ihren Patienten aus der Rehaklinik. In ihrer Bachelorarbeit entwickelte sie ein Konzept, mit dem man die Fahreignung älterer Menschen möglichst lange erhalten kann.


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Abb.: M. Oldenbüttel
Michaela Oldenbüttel, geb. Koch

Die gebürtige Lippstädterin ist 29 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und der einjährigen Tochter in ihrer Heimatstadt. Dort absolvierte sie auch nach dem Abitur ihre Ausbildung zur Ergotherapeutin an der Westfalen-Akademie. Seit 2009 arbeitet sie in der orthopädischen Rehaklinik Panorama in Lippstadt Bad Waldliesborn. 2011 schloss sie ihr berufsbegleitendes Studium zum Bachelor of Science an der Akademiestiftung Hellweg erfolgreich ab, einer Kooperation mit der Fachhochschule Osnabrück. Dass sie Vollzeitjob und Studium so gut unter einen Hut bekam, verdankt sie neben dem eigenen Engagement all ihren Lieben, die ihr in dieser Zeit tatkräftig unter die Arme gegriffen haben. 2013 kam ihre Tochter zur Welt. Die Elternzeit teilt sich Michaela Oldenbüttel mit ihrem Mann, ist deshalb inzwischen wieder voll im Job und genießt die Feierabende im Familienglück.

Ergotherapiekonzept zur Verbesserung der Fahreignung älterer Menschen

Die Bachelorarbeit

Das Autofahren ermöglicht vielen älteren Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, mehr Selbstständigkeit und ein erhöhtes Maß an Autonomie. Das ist vor allem auf dem Land wichtig, wo das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln schwach ist. Als Ergotherapeutin in einer orthopädischen Rehaklinik erlebte Michaela Oldenbüttel, was der Verlust des Autofahrens durch eine chronische Erkrankung für Menschen bedeutet und dass das im Widerspruch zu den Zielen der Ergotherapie steht. Das veranlasste sie, ein ergotherapeutisches Konzept zum Erhalt und zur Verbesserung der Fahreignung älterer Menschen zu entwickeln.

Vorbereitend stellte sie sich die Frage, wie ältere Menschen ihre Fahreignung selbst einschätzen und ob sie bereit sind, auf das Autofahren zu verzichten. Anhand eines Fragebogens interviewte sie 43 Patienten einer orthopädischen Rehaklinik. Die 17 Männer und 26 Frauen waren zwischen 60 und 95 Jahre alt und im Besitz eines Führerscheins. Zudem befragte sie sieben Fahrschulen im Umkreis telefonisch zum Angebot spezieller Fahrtrainings für ältere Menschen.


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Ergebnis

Die Ergotherapeutin fand heraus, dass sich von den befragten Personen Frauen eher als eine Gefahr im Straßenverkehr betrachten als Männer. Die interviewten Männer hingegen zeigten eine höhere Bereitschaft, den Führerschein abzugeben. Nur eine der befragten Fahrschulen bot ein Fahrsicherheitstraining an, welches für die Bedürfnisse der Autofahrer 65+ konzipiert ist.

Basierend auf den Interviews und einer Literaturrecherche entwarf Michaela Oldenbüttel ein Übungsprogramm zur Verbesserung der Fahreignung. Das erstellte ergotherapeutische Konzept besteht aus einem Prä-Test, fünf Modulen zur Verbesserung der zum Autofahren notwendigen Fähigkeiten und einem Post-Test. Der Prä-Test gibt Aufschluss über aktuelle Fähigkeiten und Defizite. Anschließend erfolgt das mindestens vierwöchige Trainingsprogramm, welches sowohl im Rahmen der Therapie als auch nach Anleitung selbstständig durchgeführt werden kann. Die fünf Module beinhalten gezielte Übungen und decken folgende Faktoren ab:

  1. verlangsamte Reizaufnahme und Verarbeitungsgeschwindigkeit: Reaktionsspiele

  2. nachlassende Reaktionsgeschwindigkeit: Ballspiele

  3. Verlangsamung von Bewegungen und motorische Reaktionen: Koordinationstraining mit Überkreuzen der Körpermittellinie

  4. eingeschränkte Beweglichkeit: Übungen für die Beweglichkeit der Arme und der HWS

  5. erhöhte Störempfindlichkeit bei Reizüberflutung, Ablenkungen und Irritationen: Konzentrations- und Gedächtnistraining

Im Anschluss an das Programm erfolgt ein Post- Test, um die Fahreignung erneut festzustellen.


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Fazit

Zusammenfassend hält Michaela Oldenbüttel fest, dass …

  • > ihr Konzept neben dem Einsatz im therapeutischen Setting durchaus auch als Präventionsmaßnahme in Kooperation mit Krankenkassen, Versicherungen sowie Fahrschulen dienen kann. Das heißt, die Maßnahme hat das Potenzial, um Unfallzahlen zu reduzieren und Kosten einzusparen.

  • > eine Folgestudie zur Überprüfung der Effektivität ihres Trainingsprogrammes sinnvoll ist – auch, um es auf andere Patientengruppen, beispielsweise mit neurologischen Einschränkungen, anzupassen.

  • > solange keine gesetzlichen Regelungen im Bezug auf das Autofahren im Alter getroffen werden, jeder Verkehrsteilnehmer rücksichtsvoll und selbstreflektiert agieren sollte, um Unfälle zu verhindern.

→ Koch M. Autofahren bei älteren Personen und die Möglichkeit der positiven Einflussnahme in diesem Zusammenhang im Bereich der Ergotherapie. Bachelorarbeit der AS Akademiestiftung Hellweg; 2011


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Abb.: M. Oldenbüttel