ergopraxis 2014; 7(10): 14-16
DOI: 10.1055/s-0034-1395188
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


Subject Editor:
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 October 2014 (online)

 

Rollstuhltraining WSTP – Das Beste auf dem Markt

Rollstuhlfahrer können ihre Fahrfertigkeiten mithilfe des Wheelchair Skills Training Program (WSTP) signifikant verbessern. Dies fanden die zwei Studentinnen Griet van Kerschaver und Griet Dequeker in ihrer Abschlussarbeit zum Master of Science der Ergotherapiewissenschaften heraus. Sie erstellten eine zusammenfassende Literaturstudie an zwei belgischen Universitäten in Leuven und in Gent.

Das manualisierte Rollstuhltraining wurde in Kanada entwickelt und ermöglicht ein standardisiertes Vorgehen. Es berücksichtigt manuelle und elektrische Rollstühle und eignet sich für Kinder und Erwachsene. Der Trainer wählt die Inhalte aus dem Manual aus, die den Bedürfnissen und Wünschen seines Klienten entsprechen. Er kann es im Einzeloder Gruppentraining anbieten – wahlweise über mehrere Wochen oder in komprimierter Form. Die Ergotherapiestudentinnen aus Gent wollten herausfinden, ob das Rollstuhlprogramm WSTP zu besseren Fahrfertigkeiten führt als eine Standard-Ergo- oder -Physiotherapie. Zudem interessierte sie, ob es zu einer gesteigerten Lebensqualität beiträgt. Dazu analysierten sie insgesamt drei methodologisch hochwertige Forschungsartikel aus Kanada, den USA und der Türkei. Es stellte sich heraus, dass alle Studienteilnehmer vom WSTP profitierten. Ihre Fertigkeiten, die anhand des Wheelchair Skills Test (WST) und mit Scores von 0 bis 64 ermittelt wurden, waren nach dem Training signifikant besser als die der Kontrollgruppen. Verbessert hatten sich die Teilnehmer vor allem in den schwierigeren Fertigkeiten wie Fahren auf Kieswegen, Überbrücken von hohen Schwellen, Neigungen oder Gefälle sowie Balancieren.

Für die Studentinnen zählt das Rollstuhltraining WSTP zur sogenannten Best Evidence, die derzeit zum Einüben von Rollstuhlfertigkeiten auf dem Markt ist. Es eignet sich für Klienten in unterschiedlichen Settings und mit unterschiedlichen Rollstuhlerfahrungen.

Saja

WTvE 2014; 1: 47–53


#

Ablauf – Trainingseinheit im WSTP

  • 1. Einstieg (2 Minuten)

    > Überblick über Ziele und geplante Aktionen der Einheit geben, Raum für Fragen bieten

  • 2. Fertigkeiten trainieren (10 Minuten)

    > mit einfachen Übungen beginnen, Settings variieren, auf Sicherheit achten, minimales Feedback geben, Spiele einbauen

  • 3. Fertigkeiten aufbauen (10 Minuten)

    > Struktur vermitteln, Übungen anleiten und demonstrieren, Feedback geben

  • 4. Abschluss (2 Minuten)

    > Raum für Fragen bieten, Inhalte der nächsten Einheit planen, Hausaufgaben vereinbaren, nächsten Termin festlegen

  • 5. Dokumentation (1 Minute)

fk

ergopraxis 2013; 2: 25–27


#

Goniometer – Reliabel bei korrektem Einsatz

Das Goniometer kommt in der Ergotherapie häufig zum Einsatz. Allerdings weichen die Anlagetechniken voneinander ab und die Ergebnisse werden oft mangelhaft interpretiert. Darum führte Ergotherapeutin Hanna Zänger gemeinsam mit Valentin Rischl an der österreichischen Fachhochschule für Management und Kommunikation FHWien eine Literaturrecherche durch und untersuchte die Reliabilität und die Anwendung von Goniometern.

Die Forscher analysierten sieben Studien, an denen insgesamt 343 Ergo- und Physiotherapeuten teilnahmen. Sechs Arbeiten beschäftigten sich mit der Reliabilität der Universalgoniometer und eine Studie mit bevorzugten Anlagetechniken von Goniometern. Für die Erhebung der Messwerte wurden die Handund Fingergelenke von insgesamt 83 Personen gemessen und ausgewertet. 21 von ihnen waren gesund, 48 hatten eine Handverletzung, 13 befanden sich in unterschiedlichen Stadien der Dupuytren‘schen Erkrankung und bei einer Testperson wurde der Gesundheitszustand nicht angegeben. Vorgehensweise und Anlagetechniken unterschieden sich. Drei Studien ermittelten für die Reliabilität des Goniometers bei Messungen des aktiven Bewegungsumfangs der Fingergelenke hohe Werte. Eine Studie ergab bei lateraler Anlagetechnik mittlere Werte. Bei der Messung von passiver Beweglichkeit bzw. von fixierten Gelenken ermittelten drei Studien mittlere und niedrige Reliabilitätswerte. Eine Studie belegte die Reliabilität bei Messungen der Handgelenke mit einem hohen Wert.

Basierend auf ihren Ergebnissen empfehlen die Forscher für den Einsatz des Goniometers eine standardisierte Vorgehensweise im Behandlungsteam, um reliable Werte zu erhalten. Diese umfasst sowohl dieselbe Ausgangsstellung, Anlagetechnik, dasselbe Goniometer sowie eine einheitliche Dokumentation. Des Weiteren gilt es, Standardmessfehler wie schlechte Lichtverhältnisse, mangelnde Erfahrung der Therapeuten oder fehlende Konzentration bei Klienten zu vermeiden. Idealerweise wird ein Klient von einer Therapeutin vermessen. Für die Fingergelenke sollte die Therapeutin die dorsale Anlegetechnik mit einem Fingergoniometer verwenden und für das Handgelenk die laterale Anlegetechnik mit einem Universalgoniometer. Verlässlichere Werte erhält sie mit einer aktiven Messung. Standardisiert eingesetzt stellt das Goniometer somit ein reliables Messinstrument zur Befunderhebung, Zielsetzung, Therapieplanung und Evaluation dar.

Kave

ergoscience 2014; 1: 12–23


#

Gleichgewichtsstörungen – Sicherer gehen durch Gaming

Sind Patienten mit neurologischen Erkrankungen in ihrem Gleichgewicht und ihrem Gang eingeschränkt, geht das häufig mit einer erhöhten Sturzgefahr einher. Studien belegen, dass sich diese Einschränkungen durch gezieltes Gleichgewichtstraining verbessern lassen. Forscher aus den USA testeten nun, ob sich auch ein Computerspiel – in diesem Fall „Dance Dance Revolution“ – für ein solches Training eignet. Als Probanden wählten sie 18 Patienten mit der Basalganglienerkrankung Chorea Huntington aus, da diese die typischen Gleichgewichtsstörungen bei neurologischen Erkrankungen repräsentieren.

Zu Beginn der Studie ermittelten die Autoren unter anderem die Gleichgewichtsfähigkeit und die Lebensqualität der Patienten sowie verschiedene Gangparameter, etwa die Gehgeschwindigkeit. Außerdem befragten Von den Neuropathien, die durch Kompression ausgelöst werden, ist das Karpaltunnelsyndrom mit 90 Prozent die am häufigsten auftretende. Passive Maßnahmen in der konservativen Behandlung sind umstritten, da sie oft nicht den gewünschten Effekt bringen. Dr. Tomasz Wolny und seine Kollegen untersuchten daher, welchen Effekt die Neuromobilisation des Nervus medianus bei Patienten mit Karpaltunnelsyndrom hat. Sie randomisierten 40 Probanden in zwei Gruppen. Die eine erhielt zweimal pro Woche neurodynamische Behandlungstechniken des N. medianus, die Kontrollgruppe wurde in dieser Zeit mit Laser und Ultraschall behandelt. Vor der Intervention und nach zehn Wochen untersuchten die Forscher bei allen die Forscher die Teilnehmer, wie hoch ihre Motivation für Computerspiele ist. Anschließend trainierte die eine Hälfte der Probanden über sechs Wochen zweimal wöchentlich für 45 Minuten mit dem Spiel „Dance Dance Revolution“. Dabei mussten sie sich im Rhythmus der Musik auf einer Tanzmatte nach vorne, hinten, links und rechts bewegen, wobei die Matte die Bewegungsrichtung vorgab. Der Rest der Probanden spielte ein Computerspiel ohne Gleichgewichts- und Rhythmusanforderungen, zum Beispiel Solitaire oder Bingo. Nach den sechs Wochen wechselten die Gruppen.

Zoom Image
Abb.: Konami

Das Ergebnis: 17 der 18 Patienten verbesserten sich nach dem Training mit „Dance Dance Revolution“ signifikant in ihrer Gleichgewichtsfähigkeit beim Gehen. Zudem empfanden alle Probanden das Training als sehr motivierend. Alle anderen Parameter unterschieden sich nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen. Die Forscher zogen den Schluss, dass Computerspiele mit Rhythmusanforderungen als sichere und motivierende Therapievariante bei Gleichgewichtsstörungen eingesetzt werden können.

hoth

Clin Rehabil 2014; 27: 972–982


#

Karpaltunnelsyndrom – Neuromobilisation macht das Rennen

Zoom Image
Quelle Illustration: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie.
Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von K. Wesker. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2007

Von den Neuropathien, die durch Kompression ausgelöst werden, ist das Karpaltunnelsyndrom mit 90 Prozent die am häufigsten auftretende. Passive Maßnahmen in der konservativen Behandlung sind umstritten, da sie oft nicht den gewünschten Effekt bringen.

Dr. Tomasz Wolny und seine Kollegen untersuchten daher, welchen Effekt die Neuromobilisation des Nervus medianus bei Patienten mit Karpaltunnelsyndrom hat. Sie randomisierten 40 Probanden in zwei Gruppen. Die eine erhielt zweimal pro Woche neurodynamische Behandlungstechniken des N. medianus, die Kontrollgruppe wurde in dieser Zeit mit Laser und Ultraschall behandelt. Vor der Intervention und nach zehn Wochen untersuchten die Forscher bei allen Probanden die Schmerzstärke, die Symptomatik und die Funktion der betroffenen Hand anhand des Boston Carpal Tunnel Questionnaire. Zusätzlich untersuchten sie die Nervenleitfähigkeit des N. medianus.

Die Ergebnisse zeigten eine deutliche Verbesserung aller Outcome-Parameter in beiden Gruppen – die Wirkungen waren jedoch in der Interventionsgruppe signifikant höher. Vor allem in Bezug auf die Schmerzstärke hatten sich die Werte der Neuromobilisationsgruppe deutlicher verbessert. Die Forscher betonen deshalb, wie wichtig es ist, neurale Mobilisationen in der konservativen Behandlung des Karpaltunnelsyndroms einzusetzen.

rrn

Phys Rehab Kur Med 2014; 24: 141–148


#
#
Zoom Image
Abb.: Konami
Zoom Image
Quelle Illustration: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie.
Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von K. Wesker. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2007