Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2014; 49(10): 576-586
DOI: 10.1055/s-0034-1395169
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Invasive Notfalltechniken – Der intraossäre Zugang

Invasive emergency techniques – intraosseous devices
Thorsten Hess
,
Roman Böhmer
,
Markus Stuhr
,
Thoralf Kerner
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Publication Date:
28 October 2014 (online)

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Zusammenfassung

Der Einsatz invasiver Techniken am Notfallort – z.B. die Koniotomie, die Thoraxdrainage, die intraossäre Punktion oder in seltenen Fällen die Notamputation – ist bei bestehender Indikation alternativlos und für jeden Notarzt gleichermaßen eine große Herausforderung. Personelle, zeitliche und örtliche Rahmenbedingungen sind häufig ungünstig. Selbst bei regelmäßiger Teilnahme am Notarztdienst bleiben Ultima-Ratio-Maßnahmen am Notfallort, insbesondere im Rahmen pädiatrischer Notfällen, eine Seltenheit. Neben der theoretischen Ausbildung sind praxisorientierte Kurskonzepte erforderlich, um eine hohe Qualität dieser Maßnahmen zu erreichen. Dieser Artikel stellt den intraossären Zugang hinsichtlich Indikation, Durchführung, Problemen und Risiken bei der Anwendung an Erwachsenen und Kindern vor. Er ist Teil einer Serie von insgesamt 4 Artikeln zum Thema "Invasive Notfalltechniken".

Abstract

On-site invasive emergency procedures, such as cricothyroidotomy, chest drainages, intraosseous puncture or the even rarer on-site amputations, are often unavoidable when indicated, and present a major challenge for the emergency physician. Personal, temporal or local conditions are often unsuitable. Even with regular participation in the emergency medical services, "last resort" measures occur very infrequently, particularly in paediatric emergencies. As well as theoretical training, practice-oriented course concepts are essential in order to achieve high quality in these procedures. In this article we describe the use of intraosseous devices on adults and children, with reference to the indication, implementation, problems and risks. It is the third part of a series of four articles on the subject of invasive emergency techniques.

Kernaussagen

  • Der i.v. Zugang ist weiterhin der Goldstandard, um v. a. in Notfallsituationen einen schnellen Zugang zum Gefäßsystem zur Applikation von Medikamenten zu erreichen. Bestimmte Situationen können allerdings die Anlage eines peripher-venösen Zugangs unmöglich machen. Ein zentraler Venenkatheter sollte als notfallmäßiger Primärzugang nicht angelegt werden.

  • Die intraossäre (i. o.) Punktion ist der primäre Zugangsweg bei vitaler Indikation sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern, sofern nicht bereits ein geeigneter venöser Zugang vorhanden ist oder voraussichtlich nicht schnell genug (< 1–2 min) zu etablieren ist.

  • Der intraossäre Zugang (IOZ) dient der notfallmäßigen Verabreichung von Medikamenten. Ein vital stabiler Patient profitiert in der Regel nicht von einer i. o. Punktion. Die rein prophylaktische Anlage eines IOZ ist nicht indiziert.

  • Es stehen manuelle, halb- und vollautomatische Techniken zur Verfügung. Der notfallmedizinisch Tätige muss das ihm jeweils zur Verfügung stehende Verfahren genau kennen und darin geübt sein.

  • Die Komplikationsraten bei prä- und innerklinisch etablierten IOZ sind gering, sowohl im Vergleich zwischen den einzelnen Techniken als auch im Vergleich zu peripher-oder zentral-venösen Zugängen.

  • Invasive Notfalltechniken sind selten notwendig, können im klinischen Alltag nur unzureichend geübt werden und können für Mitarbeiter aller Ausbildungsgrade unbekannt, angstbesetzt und emotional belastend sein.

  • Praxisorientierte Kurskonzepte können Unsicherheiten in der Handhabung mindern und einen hohen Ausbildungs- und Trainingsgrad der Anwender generieren.

Ergänzendes Material