Journal Club AINS 2014; 3(3): 117
DOI: 10.1055/s-0034-1394246
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Liebe Leserin, lieber Leser,

Gernot Marx
,
Hinnerk Wulf
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Publication History

Publication Date:
30 September 2014 (online)

kennen Sie diese Situation: Ein Patient auf der Intensivstation ist schwer krank. Seine Organe versagen, alle Ärzte erwarten seinen baldigen Tod – aber die Angehörigen geben die Hoffnung nicht auf, dass er wieder aufwacht? Einen solchen Fall beschreibt die Internistin Dr. Susan Glod aus ihrer Klinik in Pennsylvania (JAMA 2014; 311: 1499): Einer ihrer Patienten ist nach einem Herzinfarkt und Sepsis auf Beatmung, Dialyse und ECMO angewiesen. Seine Hände sind kalt und steif, er scheint mehr tot als lebendig. Ärzte dozieren an seinem Beispiel über medizinische Vergeblichkeit. Krankenschwestern tauschen Dienste, um möglichst wenig mit dem sterbenden Körper zu tun zu haben. Trotzdem sitzen seine Frau und die schwangere Tochter am Bett, erzählen von James' bisherigem Leben, dekorieren das Zimmer mit Karten und Fotos. Ärzte und Pfleger vermeiden Augenkontakt mit ihnen, es gibt Beschwerden und Diskussionen über verschwendete Ressourcen.

Und dann passiert, was keiner für möglich hält: James geht es langsam besser. Ein fester Blick hier, eine Besserung der Laborwerte da. Nach ein paar Wochen sprechen die Ärzte von ihm wieder mit Namen statt mit Zimmernummer, schließlich können sie ihn entlassen. Ein halbes Jahr später besucht James die Intensivstation, um sich zu bedanken. Frau und Tochter sind dabei, auf dem Arm hat er die Enkeltochter. Dr. Glod hat ein schlechtes Gewissen und nimmt sich vor, zukünftig mit Erfolgen wie Misserfolgen gelassener umzugehen: „We will cause suffering, we will waste resources, and we will fail in every sense of the word. Every so often, however, a waste of resources will return to the hospital to say thank you.“

Wir wünschen Ihnen hin und wieder ähnlich erfreuliche Fälle – und die Fähigkeit, auch den vielen anderen ohne Zynismus und Hoffnungslosigkeit zu begegnen.

Herausgeber

G. Marx, Aachen

H. Wulf, Marburg

Expertenpanel

K. Becke, Nürnberg

J. Bickenbach, Aachen

J-P. Braun, Hildesheim

D. Bremerich, Limburg / Lahn

M. Coburn, Aachen

R. Dembinski, Bremen

K. Engelhard, Mainz

M. Fries, Aachen

K. Kerwat, Marburg

P. Kessler, Frankfurt / Main

C. Kill, Marburg

T. Kratz, Marburg

A. Leffler, Hannover

P. Meybohm, Frankfurt / Main

F. Radtke, Berlin

S. Rehberg, Münster

T. Standl, Solingen

T. Steinfeldt, Marburg

P. Tonner, Bremen

C. Wunder, Würzburg

M. Zoremba, Marburg

Gernot Marx & Hinnerk Wulf