ergopraxis 2014; 7(09): 12-13
DOI: 10.1055/s-0034-1390270
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Sandra Grimm, Svenja Hemme, Sylvia Kluge – Drei Einsatzhelfer

Florence Kranz

Subject Editor:
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Publication History

Publication Date:
04 September 2014 (online)

 

Hilfsmittel wie Rollatoren oder Gehstöcke können die Partizipation von Klienten mit eingeschränktem Gehvermögen entscheidend unterstützen. Häufig landen sie jedoch nach der Verordnung unbeachtet in der Ecke. Was steckt hinter diesem Non-Use und wie lässt sich dieses Phänomen vermeiden? Drei Ergotherapeutinnen haben in ihrer Bachelorarbeit Antworten gefunden.


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Abb.: privat
Sandra Grimm, Svenja Hemme und Sylvia Kluge …

… haben von 2011 bis 2014 ihr berufsbegleitendes Bachelorstudium an der Zuyd Hogeschool in Heerlen absolviert. Schon vor ihrem Studium entdeckten sie den neurologischen bzw. geriatrischen Fachbereich für sich, dem sie bis heute treu geblieben sind. Svenja Hemme (oben rechts) arbeitet seit 2010 in der neurologischen Rehabilitation des MediClin Klinikums Soltau. Sylvia Kluge (unten links) ist seit 2005 in der Helios Rehaklinik Damp angestellt und hier zuständig für neurologische Klienten der Phase C. Und Sandra Grimm (oben links) hat 2013 gemeinsam mit einer Kollegin die Leitung der Ergotherapie-Abteilung im Geriatriezentrum Neuburg übernommen, in dem sie bereits seit 2004 arbeitet. Außerdem unterrichtet sie nebenberuflich an verschiedenen Berufsfachschulen und hat an einem Fortbildungskonzept für tiergestützte Therapie mitgearbeitet. Die drei Ergotherapeutinnen würden das Thema ihrer Bachelorarbeit gerne weiter verfolgen, zum Beispiel in Kooperation mit den Krankenkassen.

Abb.: privat

Non-Use von Mobilitätshilfsmitteln

Die Bachelorarbeit

Der Begriff „Non-Use” bezeichnet den Umstand, dass ein Klient sein verordnetes Hilfsmittel nicht nutzt oder sogar ablehnt. Die internationale Forschung hat sich bereits intensiv mit diesem Phänomen beschäftigt, in Deutschland existieren hierzu aber nur wenige Studien. Sandra Grimm, Svenja Hemme und Sylvia Kluge haben in ihrer praktischen Arbeit immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Klienten ihre verordneten Hilfsmittel gar nicht oder nur selten nutzen. Sie wollten näher untersuchen, wie es dazu kommt. Daher entwickelten sie auf der Grundlage von Hilfsmittel-Assessments und internationalen Forschungsergebnissen einen Fragebogen. Mit diesem ermittelten sie Informationen darüber, welche Mobilitätshilfsmittel Klienten besitzen, wie häufig sie diese nutzen und wie zufrieden sie damit sind. Insgesamt füllten 89 Senioren mit einem Mindestalter von 65 Jahren den Fragebogen aus. Die Teilnehmer wohnten zum Zeitpunkt der Befragung entweder in einer Wohnung, einem Haus oder einer betreuten Wohnform. Sie hatten ihr Mobilitätshilfsmittel mindestens drei Monate zuvor verordnet bekommen.


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Ergebnisse

Viele Senioren haben mehrere Hilfsmittel. Die meisten (69,7 Prozent) besitzen einen Rollator und nutzen dieses Mobilitätshilfsmittel auch am häufigsten. Rollstühle und Gehstöcke sind ebenfalls weit verbreitet, werden aber nur von jedem fünften bis zehnten Teilnehmer bevorzugt eingesetzt.

Ein Großteil der Befragten (74,2 Prozent) kann sein Mobilitätshilfsmittel wunsch gemäß nutzen. Bei etwa einem Viertel der Teilnehmer besteht hingegen ein „Non-Use”. Oftmals können die Senioren ihr Mobilitätshilfsmittel nur eingeschränkt für diejenigen Aktivitäten verwenden, für die sie es eigentlich angeschafft haben. Als Gründe dafür geben sie meistens Barrieren an, gefolgt von unzureichender Sicherheit und fehlender Eignung für Aktivitäten. Ebenso führt ein verschlechterter Gesundheitszustand zum Phänomen des Non-Use.

Um das Mobilitätshilfsmittel wie gewünscht einsetzen zu können, empfehlen die meisten Senioren, die Umweltbedingungen zu adaptieren. Viele Teilnehmer sehen auch die Notwendigkeit, das Hilfsmittel stärker an ihre Fähigkeiten oder an die Umwelt anzupassen. Darüber hinaus erscheint es einigen Senioren ratsam, die Qualität des Hilfsmittels zu optimieren und besser eingewiesen zu werden.

Mehr als drei Viertel der Befragten sind mit den Eigenschaften ihres Mobilitätshilfsmittels zufrieden. Dabei schätzen sie Sicherheit und Nützlichkeit als besonders wichtig ein. Ebenso bewerten die meisten die Dienst leistungen rund um die Hilfsmittelversorgung sowie ihre Partizipationsmöglichkeiten als positiv. Allerdings scheint ihre Zufriedenheit davon abzuhängen, wie selbstständig sie ihre Aktivitäten ausführen können.

Damit bestätigen die Erkenntnisse der Bachelorarbeit weitestgehend die Ergebnisse internationaler Forschungen.


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Fazit

Um den Erfolg der Hilfsmittelversorgung s icherzustellen und einen Non-Use zu vermeiden, sollten Ergotherapeuten den Umgang mit Hilfsmitteln alltagsnah erproben und trainieren – idealerweise in der gewohnten Lebensumgebung des Klienten. Eine stärkere Vernetzung mit den beteiligten Berufsgruppen oder eine Weiterbildung zum Case Manager würde zudem zu einer erfolgreichen Koordination der Hilfsmittelversorgung beitragen. Ergotherapeuten könnten darüber hinaus mögliche Barrieren erforschen und sich für deren Überwindung einsetzen.

→ Grimm S, Hemme S, Kluge S. Non-Use von Mobilitätshilfsmitteln. Bachelorarbeit an der Zuyd Hogeschool; 2013


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Abb.: privat