Aktuelle Neurologie 2015; 42(03): 167-169
DOI: 10.1055/s-0034-1387627
Debatte: Pro & Kontra
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kryptogener Schlaganfall: alle Patienten antikoagulieren? – Pro

Cryptogenic Stroke – Should all Patients be Treated with Anticoagulation? – Pro
U. Ziemann
Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen, und Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, Eberhard-Karls Universität Tübingen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. April 2015 (online)

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Pro

Was ist kryptogener Schlaganfall? Es ist klar, dass die initiale Definition nach der TOAST-Klassifikation [1] aufgrund erheblicher Mängel, etwa der Inklusion von Schlaganfällen unbekannter Ursache bei nur oberflächlicher Abklärung oder von Schlaganfällen mit mehr als einer möglichen Ursache verlassen werden muss. Nachfolgende Klassifikationen, z. B. die ASCO-Klassifikation [2], haben allerdings nichts an folgenden Tatsachen geändert: (1) 25 – 30 % aller Schlaganfälle sind kryptogen; (2) somit sind mindestens 300 000 Schlaganfälle pro Jahr in Europa und USA kryptogen; (3) die Re-Schlaganfallrate von Patienten mit kryptogenem Erstereignis beträgt im Mittel (mit ausgeprägter Varianz über mehrere Studien) 3 – 6 %/Jahr; (4) trotz dieser immensen Patientenzahlen und eines relevanten Risikos für einen erneuten Schlaganfall fehlt Klasse-I-Evidenz zur sekundärprophylaktischen Behandlung der Patienten mit kryptogenem Schlaganfall: es gibt bislang keine randomisierten klinischen Studien (RCTs), insbesondere nicht zu der Frage, ob Patienten mit kryptogenem Schlaganfall von einer oralen Antikoagulation (OAK) versus Thrombozytenaggregationshemmung (TAH) profitieren.

Die „Cryptogenic Stroke/ESUS International Working Group“ hat rezent zu diesem Problem ein Hypothesenpapier publiziert [3].