NOTARZT 2014; 30(06): 267-276
DOI: 10.1055/s-0034-1387476
CME-Fortbildung
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Der urologische Notfall – die Harnleiterkolik

Emergencies in Urology – Ureter Colic
A. Martinschek
Klinik für Urologie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
,
C. Sparwasser
Klinik für Urologie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
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Publication Date:
10 December 2014 (online)

Zusammenfassung

Die Urolithiasis ist eine Erkrankung mit einer aktuellen Prävalenz in Deutschland von 4,7 % und steigender Inzidenz (von 0,54 auf 1,47 % in den letzten 10 Jahren). Das Lebenszeitrisiko, einen Harnstein zu bilden, beträgt etwa 12 % für Männer und 6 % für Frauen. Zunehmend sind auch jüngere Patienten von einer Harnleiterkolik betroffen. Die Häufigkeit variiert entsprechend geografischen und saisonalen Faktoren, mit einer höheren Inzidenz in warmen Klimazonen und während der Sommermonate. Verschiedene Faktoren prädisponieren zur Harnsteinbildung. Präklinisch ist die Diagnosestellung unter Beachtung der Differenzialdiagnosen aufgrund der typischen Klinik einfach, im Rahmen der Erstversorgung ist jedoch auf Infekt- und Sepsiszeichen zu achten und ggf. ist ein Transport in eine Klinik mit urologischer Fachabteilung anzustreben, da eine Intervention notwendig ist. Eine für den Transport ausreichende Analgesie ist durch die wiederholte Gabe von NSAID (nicht steroidale Entzündungshemmer; i. d. R. Metamizol, wiederholte oder kontinuierliche Gabe) und den additiven Einsatz von Opioiden (i. d. R. Piritramid) zu erreichen, Butylscopolamin sollte aufgrund fehlender Wirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen nicht mehr verabreicht werden. Innerklinisch sollte die Diagnostik mittels Bestimmung der Entzündungs- und Retentionsparameter sowie einer Urinuntersuchung erfolgen. Zur Diagnostik wird zum einen die Sonografie, zum anderen die Nativ-CT (CT: Computertomografie) eingesetzt, um Steingröße und -lokalisation, ggf. Zusammensetzung, zu bestimmen und Differenzialdiagnosen abzugrenzen. Die Entscheidung über die weitere Versorgung des Patienten sollte durch einen Facharzt für Urologie erfolgen, da die Möglichkeiten oftmals vielfältig sind und von der Ausstattung der Klinik und der persönlichen Situation des Patienten abhängen.

Abstract

Prevalence (in Germany 4.7 %) and incidence (0.54 % to 1.47 % in the last 10 years) of urolithiasis are rising. The life-time-risk for building an urinary tract stone is 12 % for male and 6 % for female patients. Stone patients become younger in age. Propability varies due to geographic and seasonal factors, with higher incidence in hot climates and during summer months. Several factors predispose for urinary tract stone building. Preclinical diagnosis, taking into considerations the differential diagnosis, is often easy because of typical clinical symptoms, but one should be aware of fever and signs of sepsis, a transport to a clinic with urological department should is warranted because of possibly necessary intervention. Pain relief can be achieved by repeated administration of NSAID (mostly Metamizol, repeated or continuous administration) and additional administration of opioids (mostly Piritramid), Butylscopolammonium should not be given due to lack of efficacy and possible side effects. In the clinic diagnostics should be performed, including parameters of infection and retention in blood and urine. Further diagnostic consists of ultrasound and non-contrast CT-scan, to evaluate stone-size and -position, as well as composition, and to exclude differential diagnoses. Decision about further treatment should be made by an urologist, because often options are manifold and depend on the facilities of the clinic and individual situation of the patient.

Kernaussagen
  • Die Urolithiasis ist eine Erkrankung mit relevanter Prävalenz und steigender Inzidenz, die Wahrscheinlichkeit, einen Patienten mit Harnleiterkolik als Notarzt zu behandeln, ist sehr hoch.

  • Schmerzfreiheit kann durch die Gabe von NSAID (in der Regel Metamizol, wiederholte und kontinuierliche Gabe) und Opioiden (in der Regel Piritramid) erreicht werden.

  • Butylscopolamin sollte aufgrund fehlender Wirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen nicht mehr appliziert werden.

  • Bei gleichzeitigen Hinweisen auf eine Infektion ist der Transport in eine Klinik mit urologischer Fachabteilung wesentlich, da nur dort eine interventionelle Therapie durchgeführt werden kann.